Fußball-Transfer:Influencer für Pipinsried

Lesezeit: 2 min

Der umworbene Torjäger Marian Knecht verlässt den Bayernligisten BCF Wolfratshausen und heuert beim Dorfklub in der Regionalliga an.

Von Christoph Leischwitz, München

Marian Knecht war nach eigenem Bekunden überrascht. Ein, zwei Anfragen anderer Klubs gebe es ja immer mal, aber diese Vielzahl, noch dazu aus einer höheren Liga, sei "Neuland" für ihn, sagt der 26-Jährige. Er hatte offensichtlich unterschätzt, wie sehr Stürmer gebraucht werden in den oberen Regionen des Amateurfußballs. Er entschied sich dann für jenen Verein, der aus seiner Sicht das beste "Gesamtpaket" schnürte: den FC Pipinsried.

"Abstiegskampf bin ich gewöhnt", sagt Knecht, das schreckte ihn also nicht ab, vom BCF Wolfratshausen zu dem kleinen Klub im Dachauer Hinterland zu wechseln. Er kenne das vom SV Seligenporten und vom SC Fürstenfeldbruck. Und vor allem natürlich von den Farchetern, für die er nach Möglichkeit noch ein paar Treffer erzielen will, denn der Bayernligist tritt bald in der Abstiegsrelegation an. Bislang waren es 25 Tore, in der Liga hat nur Heimstettens Sebastiano Nappo mehr geschossen (28). Dass sein Weggang schon vor den entscheidenden Spielen bekannt wird, sei kein Problem: "Mit Pipinsried habe ich im Winter schon Gespräche geführt. Und ich habe in Wolfratshausen früh signalisiert, dass ich weg will, damit sie Planungssicherheit haben", sagt Knecht.

Nicht zu fassen: Hier probiert Sechzigs Michael Tiefenbrunner Wolfratshausens Marian Knecht aufzuhalten, in der Tabelle lief es umgekehrt - weil der BCF die Löwen nicht einholte, muss er erneut in die Abstiegsrunde. Die Löwen können sich noch direkt retten. Und Knecht? Enteilt weiter. Er wechselt nach Pipinsried. (Foto: Robert Haas)

In Pipinsried freut man sich über den "Super-Transfer", in Wolfratshausen natürlich weniger. Gleich drei Angreifer hatten ihren Weggang aus Pipinsried bekannt gegeben, Atdhedon Lushi, Manuel Müller und Gilbert Diep - letzterer kam vom BCF Wolfratshausen, wechselt nun aber nicht etwa dorthin zurück, sondern zum benachbarten TuS Holzkirchen, wo schon einige ehemalige BCF-Spieler aktiv sind. "Marian ist extrem schnell und flexibel einsetzbar", lobt Pipinsrieds Manager Roman Plesche Knecht, "er spielt aggressiv, kann Pressing, und vor allem kann er natürlich viele Tore schießen". Zusammen mit Philipp Schmidt (FC Unterföhring) und dem Ex-Dachauer Oliver Wargalla ist Pipinrieds Angriff nun komplett ausgetauscht - beim FC hofft man zudem, den sehr begehrten Kasim Rabihic halten zu können.

In seinem Leben werde sich erst einmal nicht viel ändern, sagt Knecht. Er wohnt mitten in München, fahre nun also nur in eine andere Richtung aus der Stadt. Drei Mal pro Woche wird der FC Pipinsried künftig trainieren, das ist für den Dorfklub viel, aber nicht mehr als für einen Landesligisten üblich. Körperlich, klar, da müsse er sich jetzt ein wenig weiterentwickeln. Die Regionalliga sei für ihn immer ein Traum gewesen, "ein Spiel im Grünwalder Stadion ist unbezahlbar", sagt er. Zumindest in diesem Kontext würde er sich freuen, wenn 1860 München mit seinen vielen Zuschauern der Regionalliga erhalten bleibt.

Er könne sich auch vorstellen, noch einen Schritt weiter zu gehen, in den bezahlten Fußball also, falls es sich ergibt. Dabei arbeitet Knecht parallel schon lange an einer anderen Karriere: Der Instagram-Influencer mit Namen @modesynthese kooperiert mit zahlreichen Modelabels, irgendwann will er seine eigene Marke kreieren. Knecht studiert Mode- und Designmanagement, im Frühjahr muss er seine Bachelor-Arbeit abgeben. Da kommt es ihm entgegen, dass die Winterpause in der Regionalliga meist sehr lang ist - so bleibt mehr Zeit fürs Schreiben. In Pipinsried, wo sie den Verein in Sachen Marketing auf neue Beine stellen wollen, war Knechts mediale Präsenz kein Kriterium für die Verpflichtung, sagt Plesche. Für ihn gehe es eher darum, mit einem Angreifer wie Knecht eben nicht in den Abstiegskampf zu geraten.

Diesbezüglich gebe es noch viel Arbeit. Die größten Sorgen betreffen die Abwehr. Dennis Liebsch und Arbnor Segashi wurden bereits verabschiedet, auch Luis Grassow, mit seinen 19 Jahren zum Stammspieler gereift, wird den Klub verlassen. Bei Routinier Denny Herzig stehen die Zeichen ebenfalls auf Abschied - für ihn wird die zeitliche Belastung aufgrund beruflicher Verpflichtungen zum Problem. Außenverteidiger Fadhel Morou (Unterföhring) wird kommen, doch Plesche hat noch eine Weile viel zu tun. Zumindest kann er bei seiner Suche damit werben, schon einmal einen regionalliga-tauglichen Sturm beisammen zu haben.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: