Quirin Wiedemann hätte eigentlich gar nicht da sein dürfen. Denn der 21-Jährige arbeitet bei der Bereitschaftspolizei, die war für einen Einsatz im Hochwassergebiet in Rottal-Inn vorgesehen. "Erst um halb sechs Uhr habe ich erfahren, dass eine andere Hundertschaft dorthin fährt", erzählte der 21-Jährige. So konnte er am Mittwochabend dann doch seinem Hobby nachgehen, Wiedemann spielt Fußball beim Bezirksligisten Gilching. Und er war zur rechten Zeit am richtigen Fleck: In der 91. Spielminute fiel Wiedemann der Ball vor die Füße und er beförderte ihn aus fünf Metern zum 1:0 ins leere Tor.
Es war der Siegtreffer im Relegationshinspiel zur Landesliga für die Gilchinger gegen den Landesligisten Kirchheimer SC. In der Nachspielzeit hatte Kirchheims Torwart Michael Franz eine Flanke von Sebastian Bootz fallen lassen - und die Bereitschaftspolizei war zur Stelle. Die Beschwerde von SC-Keeper Franz, dass er von einem Gegner behindert worden sei, fand beim Schiedsrichter keine Berücksichtigung. Kirchheim muss am kommenden Sonntag (16 Uhr) zu Hause ein 0:1 aufholen, um den Verbleib in der Landesliga zu sichern.
Vor 600 Zuschauern stellte der knappe Sieg den Spielverlauf allerdings auf den Kopf. Als "absolut ärgerlich", bezeichnete Kirchheims Spielertrainer Steven Toy das Ergebnis, "wir waren die bessere Mannschaft". Selbst konnte er nicht allzu viel beitragen, da er in der 37. Minute mit Rot vom Platz geflogen war, nachdem er Gilchings Stürmer Nick Schnöller völlig unnötig an der Mittellinie umgegrätscht hatte. Er wird seiner Mannschaft im Rückspiel ebenso fehlen wie der bereits rotgesperrte Benedikt Weinzierl. Kirchheim hielt Gilching aber auch in Unterzahl deutlich in Schach, Torchancen erspielten sich die Gastgeber in der regulären Spielzeit jedenfalls keine.
Kirchheim dagegen hätte zweimal in Führung gehen müssen. In der ersten Halbzeit vergab Maximilian Leimeister allein vor Gilchings Torwart Markus Hartmannsgruber, und nach einer halben Stunde traf Bernhard Riedl den Pfosten. "Da haben wir zweimal Riesenglück gehabt", gab Gilchings Trainer Wolfgang Krebs zu. Er zeigte sich beeindruckt von der Qualität des Gegners: "Das ist eine sehr erfahrene Landesligamannschaft, die taktisch sehr viel drauf hat." Krebs ist seit neun Jahren Trainer in Gilching und hatte bereits im vergangenen Jahr mit Kirchheim als Relegationsgegner zu tun. Eine unschöne Erinnerung, denn damals scheiterte seine Elf in der ersten Runde: "Da haben wir versucht, zu Hause mitzuspielen, und lagen nach 20 Minuten 0:3 hinten." Das sollte nicht wieder passieren, erklärte Krebs die vorsichtige und defensive Spielweise im zweiten Versuch.
"60 bis 70 Prozent Ballbesitz" wollte Krebs für sein Team gesehen haben, was übertrieben schien, die Stürmer Ramon Adofo und Schnöller konnten sich jedenfalls gegen die Kirchheimer Abwehr nie durchsetzen. Auch weil aus dem Gilchinger Mittelfeld um Sebastian Bootz kaum ideenreiche Impulse kamen. Nach der roten Karte für Toy spielten die Gäste defensiver, Ziel war ein torloses Remis, wie Toy hinterher meinte. "Zu Hause spielen wir wieder mit elf Mann", erinnerte Fabian Löns kämpferisch, der 26-jährige Stürmer ist so etwas wie das Relegationsmaskottchen des Kirchheimer SC. Er hat bereits vier erfolgreiche Relegationsrunden für sein Team seit der Bezirksliga mitgemacht, auch Nummer fünf am Sonntag soll erfolgreich enden. Fehlen könnte dabei aber auch Ricardo Jacobi, der in Gilching in der zweiten Halbzeit mit einer Knieverletzung vom Feld humpelte.
Gilchings Trainerfuchs Wolfgang Krebs dagegen will mit aller Macht ein Déjà-vu-Erlebnis vermeiden, der zweite Anlauf zur Landesliga soll glücken. Dafür wird Krebs sein Team wohl noch defensiver ausrichten: "Egal wie, wir wollen nur eine Liga höher."