Fußball-Regionalliga:Zwischen Ruhm und Rain

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Drittliga-Absteiger Unterhaching verliert 0:2 bei einem Aufsteiger aus der fünften Liga, dem gerade die Stürmer davongelaufen sind - und das trotz 70-minütiger Überzahl. Am Willen fehlt es nicht

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Nein, sagt Claus Schromm, er glaube nicht, dass Hachings Vergangenheit in dieser Saison eine Rolle spielen werde. Trotz allem. Wenn es um die alten Bundesligazeiten gehe, "dann müssen die Gegner ja auch in den Annalen nachlesen", argumentiert der Trainer. Seine aktuelle, überaus junge Mannschaft ist erst einmal damit beschäftigt, sich nach dem Abstieg in der Regionalliga zurechtzufinden. Der zweite Spieltag ließ allerdings sehr wohl die Befürchtung aufkommen, dass seine Mannschaft eine zusätzliche Bürde zu tragen haben wird, weil gegen einen ehemaligen Erstligisten die Motivation der Gegner einen Tick größer ist als sonst. Selbst Schromm sagte daher am Dienstagabend nach der Partie beim TSV Rain: "Da kommt ein ehemaliger Bundesligist, da hast du nichts zu verlieren." Und so unterlag der Drittliga-Absteiger SpVgg Unterhaching dem TSV Rain, dem Aufsteiger aus der fünften Liga, mit 0:2 (0:2) Toren.

Selbst unter normalen Umständen hätte Haching als Favorit gegolten. Doch die Situation in Rain machte die Ausgangslage noch klarer: Rains 51-Tore-Mann Sebastian Kinzel hatte kurz vor Saisonstart seinen Abschied verkündet und die Offensive seines Klubs in Ratlosigkeit versetzt. Zumal in Alexander Schneider der Hoffnungsträger im Angriff verletzt ist, und der dritte Stürmer Patric Lemmer kurz vor der Partie bekannt gab, künftig für den Landesligisten SC Oberweikertshofen zu spielen. Und dann unterlief auch noch dem ehemaligen Unterhachinger Profi, Rains Kapitän Sebastian Mitterhuber, ein riesiges Malheur: Er stand am Dienstagabend im Stau und schaffte es nicht rechtzeitig zum Anpfiff.

Ein Punkt aus zwei Partien: "Wir hätten in beiden Spielen in Führung gehen können", sagt Unterhachings Trainer Claus Schromm. (Foto: Claus Schunk)

Das schwäbische Chaos hätte zumindest die Ausfälle der beiden Hachinger Abwehrchefs Jonas Hummels (Zerrung) und Josef Welzmüller (Rotsperre) aufwiegen können, doch das tat es eindeutig nicht. Beide Tore für Rain erzielte Marco Witasek, jener Spieler, der anstelle von Mitterhuber in die Startelf rückte. "Und beide Tore haben wir ihnen aufgelegt", ärgerte sich Schromm. Das 1:0 nach sieben Minuten entstand nach einer riskanten Spieleröffnung durch Torwart Stefan Marinovic, Rain eroberte den Ball, Witasek hatte mit einem Abstauber leichtes Spiel. Das 2:0 fiel nach einem Konter, den Alexander Sieghart mit einem schwachen Abschluss in die Arme des Rainer Torhüters eingeleitet hatte (43.). Diese Überzahl-Situation für Rain kritisierte Schromm hernach vor seinen Spielern ganz besonders. Denn zu diesem Zeitpunkt spielte sein Team bereits in Überzahl: Rains Matthias Kühling hatte nach 22 Minuten die Ampelkarte gesehen. Hachings Anrennen in der zweiten Halbzeit brachte Rains Abwehr zwar ins Schwimmen, blieb aber ohne Erfolg.

Als wäre ein einziger Punkt aus zwei Spielen nicht schlimm genug, gab es auch noch die Verletzung eines wichtigen Spielers zu beklagen: Sebastian Wiesböck, gerade von den Münchner Löwen gekommen, war nach einem harten Foul an der Mittellinie vom Platz getragen worden, die Diagnose: Wadenbeinbruch und Riss des Syndesmosebands. "Der Ausfall tut uns sehr weh", sagte Schromm. Und gefoult hatte: Marco Witasek, der zehn Minuten später das 2:0 erzielte. Statt der gelben hätte Schromm durchaus auch die rote Karte als berechtigt angesehen. Der Trainer nahm seine Spieler danach ein wenig in Schutz: "Du liegst unglücklich hinten, und dann kommt der Sanka. Da sind die Gedanken auch mal woanders."

"Der Ausfall tut uns sehr weh": Sebastian Wiesböck, Zugang vom TSV 1860, erlitt in Rain einen Wadenbeinbruch. (Foto: Imago)

Einiges stimmte Schromm auch zuversichtlich: "Wir hätten in beiden Spielen in Führung gehen können, wir hatten eine Vielzahl an Chancen", sagt er auch mit Blick auf das 2:2 gegen Ingolstadt II, als in Unterzahl der Ausgleich glückte. Diesmal hatte Markus Einsiedler nach schönem Zuspiel von Sieghart das frühe 1:0 auf dem Fuß, schon vor dem Platzverweis für Rain war Haching überlegen. Auch bei Alexander Piller in der 55. Minute fehlte nicht viel. Außerdem sei da noch die Reaktion der Mannschaft: "In der Kabine, sowohl in der Halbzeit als auch nach dem Spiel, und am Tag danach: Sie zeigen Willen und Leidenschaft", versichert Schromm.

Die Personalnot in der Abwehr wird sich bald erledigen. Welzmüller kann an diesem Samstag nach einer kurzen Sperre wieder spielen, Hummels wird Anfang kommender Woche im Training zurückerwartet. Zudem ist nun Angreifer Nicolas Hinterseer fester Bestandteil des Teams, nachdem der Österreicher zum Saisonstart keine deutsche Spielberechtigung hatte.

Nun stehen schwere Spiele an. Am Samstag empfängt das Team den Tabellenführer und Mitabsteiger Jahn Regensburg, sechs Tage später ist es bei Wacker Burghausen zu Gast. Mannschaften, die in den Bundesliga-Annalen auch über sich selbst etwas finden. Da könnten die Hachinger ein bisschen so spielen wie Rain: als ob sie nichts zu verlieren hätten.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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