München-Derby:Kleiner Kader

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Nach dem 2:2-Unentschieden beim VfR Garching zeigt sich FC-Bayern-II-Trainer Tim Walter unzufrieden.

Von Christoph Leischwitz, Garching

Auf der Gegengerade des Stadions am See stand ein schmaler, gut fünf Meter hoher Turm mit einer kleinen Kamera auf der Spitze, am Fuß der provisorischen Einrichtung ein junger Mann mit einem FC-Bayern-Polohemd, der die Kamera über eine Fernbedienung steuerte. "Trainieren können wir ja nicht viel", erläuterte Bayerns U-23-Trainer Tim Walter nach dem Spiel, deshalb sei man verstärkt auf diese Videoanalysen angewiesen. Seine Mannschaft ist zwar noch ungeschlagen, sie blieb es auch nach dem 2:2 am Diensagnachmittag beim VfR Garching, allerdings hat er trotzdem Bedarf an zusätzlichen Fehleranalysen aus der Vogelperspektive. Blieb noch die Frage: Warum kann die Regionalliga-Mannschaft des FC Bayern zurzeit nicht viel trainieren?

Zu kleiner Kader: Immerhin gibt der 17-jährige Christian Früchtl sein Debüt im Bayern-Tor

Walter wirkte nach dem Remis enorm unzufrieden, aber nicht mit seiner Mannschaft. "Alles super", sagte er zum Beispiel über die erste Halbzeit, in der die jungen Bayern tatsächlich dominiert hatten. Über die Zahl der guten Chancen jedoch gab es dann eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Kollegen. "Wir hätten zur Pause schon sehr hoch führen müssen", sagte der 41-Jährige nach dem Spiel auf der Tartanbahn mit einem Mikrofon in der Hand, sein Garchinger Pendant Daniel Weber meint indes, er habe "nicht so viele Chancen gesehen" - und bekam dafür einen kurzen Applaus. Klar, man habe defensiver gespielt als sonst, Garching agierte zu Beginn konsequent mit einer Fünfer-Abwehrreihe vor der Viererkette, aber das müsse Spielern "die ein rotes Trikot tragen, klar sein". Fest stand aber, das Bayerns Stürmer-Zugang Kwasi Okyere Wriedt nach drei Minuten beinahe seinen vierten Treffer im dritten Spiel erzielt hätte, als er einen Schuss mit der Fußspitze fast noch ins Tor gelenkt hätte; dass Milos Pantovic aus acht Metern freistehend den Ball nicht richtig traf (24.); dass Niklas Dorsch einen Schlenzer aus kurzer Distanz knapp neben den rechten Pfosten setzte.

"Stattdessen pfeift er aus dem Nichts einen Elfer rein", ärgerte sich Walter. "Das hat Dennis clever gemacht", sagte hingegen Weber über seinen Kapitän Dennis Niebauer. Bei einer der ersten Aktionen im gegnerischen Strafraum überhaupt führte dieser den Ball so lange wie möglich am Fuß, bis die ungestüme Grätsche von Derrick Köhn kam - Daniel Suck verwandelte den Elfmeter sicher (43.). Nicht einmal eine Minute war in der zweiten Halbzeit gespielt, da machte Köhn seinen Fehler wieder wett und traf mit einem platzierten Schuss aus rund 25 Metern zum Ausgleich. Danach sei man aber plötzlich unnötig ängstlich gewesen, kritisierte Walter, und die zu analysierenden individuellen Fehler stellten sich auch diesmal ein: Beim 2:1 stand kein Spieler nah genug an Mario Staudigl, der aus fünf Metern ungestört volley einschießen konnte. Und beinahe wäre auch nach einem Fehler im Spielaufbau noch das 3:1 gefallen, doch Manuel Eisgruber traf nur die Latte (76.).

Die erste Saisonniederlage verhinderte dann Fabian Benko, der einen Foulelfmeter herausholte, Pantovic zimmerte den Ball halbhoch in die Mitte des Tores (79.). Eigentlich waren alle vier Tore ein wenig aus dem Nichts gefallen, immer dann, wenn gerade das andere Team am Drücker war. "Auf jeden Fall", sagte Weber dann noch auf die Frage, ob es sich um einen gewonnen Punkt handelte. Er ärgerte sich lediglich über die gelb-rote Karte für Mike Niebauer kurz vor Schluss wegen angeblichem Zeitspiels - Bayerns Dorsch hatte danach noch zwei gute Chancen zum Siegtor.

"Ich bin ja schon froh, dass ich Friedl bekommen habe", sagte Werner angesäuert über seinen viel zu kleinen Kader, der ein intensives Arbeiten mit den Spielern so schwer mache; der 19-jährige Außenverteidiger musste diesmal in der Innenverteidigung ran. Und immerhin gab auch der dritte Torwart der Profis, der 17-jährige Christian Früchtl, sein Ligadebüt. Doch warum ist der Kader bei den Trainingseinheiten so klein? "Das müssen Sie die Verantwortlichen im Nachwuchs-Leistungszentrum fragen", sagte Walter, er selbst wolle dazu nichts mehr sagen. Er deutete allerdings noch an, dass man gegen Schweinfurt - das Spitzenspiel, das die Bayern vor knapp zwei Wochen 2:1 gewannen - ja habe sehen können, dass einige Jüngere schon jetzt das Zeug hätten, um in der U23 zu spielen. Doch Walter bekommt sie nicht, oder nur zu wenige von ihnen. Angreifer Manuel Wintzheimer zum Beispiel, der schon drei Regionalliga-Tore geschossen hat, am vergangenen Wochenende aber bei der U19 zum Einsatz kam (und dort in einem Spiel drei Mal traf). Einige der von Walter angesprochenen Verantwortlichen, Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Nachwuchs-Leiter Hermann Gerland, saßen in Garching auf der Tribüne. Gerland wollte auf SZ-Anfrage keine Fragen zum Kader beantworten und sagte, mögliche Probleme wolle man erst einmal intern besprechen.

Am Samstag empfängt der FC Bayern München den FC Pipinsried. Bis dahin wird im Verein noch vieles analysiert werden.

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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