Fußball-Regionalliga:In den Traum geschrien

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Selbst wenn der Gegner ganze Spickzettel auf dem Arm hat: Auf die Freistoßstärke von Daniel Suck (hier beim Kopfball) war er nicht vorbereitet. (Foto: Claus Schunk)

VfR Garching leistet sich gegen Mitaufsteiger Seligenporten eine zerfahrene erste Halbzeit, zeigt danach aber, warum das Team zu Recht so weit oben in der Tabelle steht

Von Christoph Leischwitz, Garching

Nach ein paar Minuten Gemeckere mischte sich der Kapitän ein und versuchte, seinen Trainer zu beruhigen. "Er hat gesagt, ich soll doch mal ruhig bleiben. Aber ich sehe da eben was", sagte Daniel Weber später über Dennis Niebauer. Und wenn der Trainer des VfR Garching etwas sieht, dann bekommen seine Spieler etwas zu hören. Den zwischenzeitlichen Ausgleich konnte er am Samstagmittag im Regionalliga-Spiel gegen den SV Seligenporten zwar nicht verhindern, trotzdem hatten Webers lautstarke Ansagen ihre Wirkung nicht verfehlt - dem Vernehmen nach sollen sie zur Halbzeit in der Kabine nicht viel leiser gewesen sein. Am Ende durfte Weber trotz eines zeitweilig holprigen Spiels wieder die Fäuste ballen, vor Freude wohlgemerkt: Garching gewann 3:1 (1:1), steht weiter auf dem dritten Platz und hat den Vorsprung auf Seligenporten, die Mannschaft auf dem oberen Abstiegs-Relegationsplatz, auf 13 Punkte ausgebaut. Weber wiederholt sich gerne, wenn er sagt: "Die Tabelle ist ein Traum."

Gleich zu Beginn hatte es so ausgesehen, als ob Garching nun auch dem Tabellenplatz entsprechend dominieren würde. Nicht unbedingt wegen der spielerischen Qualitäten, sondern dank Cleverness. Daniel Suck drosch in der vierten Minute einen Freistoß aus mehr als 20 Metern flach ins Eck. "Das hat schon beim Aufwärmen gut geklappt, und dann hat der Capo gleich gesagt, ich soll den schießen", erzählte der Rechtsverteidiger später - Capo, das ist Kapitän Dennis Niebauer. Und dann stellte der Seligenportener Keeper Christopher Pfeiffer auch nur eine dünne Zwei-Mann-Mauer, ein Garchinger Mitspieler verdeckte ihm obendrein geschickt die Sicht, der Ball schlug daher im Torwarteck ein. Vier Minuten später wollte aus ähnlicher Position dann der Capo selbst ran, er hob den Ball über die Mauer, Pfeiffer hielt.

Dann ereignete sich allerdings Überraschendes: Mitaufsteiger Seligenporten fand plötzlich richtig gut ins Spiel, und Weber an der Seitenlinie wurde zunehmend lauter. Suck nannte es später zu viel "Selbstsicherheit", meinte damit aber wohl so etwas wie Schlendrian. "Sechs, sieben, acht haarsträubende Fehlpässe" hatte der Trainer jedenfalls gesehen. Weil solche Fehlpässe oft das ganze Kollektiv verunsichern, stand der VfR schon bald unbewusst immer tiefer in der eigenen Hälfte. Dann widerfuhr Georg Ball im Spielaufbau ohne Bedrängnis ein grober Schnitzer. Der Konter führte zu einem Handspiel von Silas Göpfert im Strafraum, Bastian Herzner verwandelte den Strafstoß (27.).

Auch danach kam der VfR mit dem Umschaltspiel der Klosterer nicht zurecht. Manchmal endeten Konter in haarigen Eins-gegen-eins-Situationen, so zum Beispiel nach einer erneut guten Schusschance für Suck. Nur wenige Sekunden später musste Giovanni Goia am eigenen Strafraum mit einer Grätsche retten. Nach der Pause allerdings wurde es in jeder Beziehung ruhiger, die Gäste kamen nur noch zu zwei gefährlichen Torschüssen (59., 82.). Garching versäumte es, das Spiel früher zu entscheiden. Zwar traf Manuel Eisgruber schnell zur neuerlichen Führung (54.), sein trockener Schuss prallte vom Innenpfosten ins Netz. Doch nur eine Minute später setzte der Stürmer einen Ball an die Latte, vertändelte dann eine gute Kontergelegenheit und scheiterte mit einem Fallrückzieher. Die körperliche Erschöpfung war der Mannschaft anzumerken, Dennis Niebauer humpelte, Mike Niebauer musste mit Verdacht auf Zerrung vom Feld, Georg Ball wurde gelb-rot-gefährdet gegen Florian De Prato ausgetauscht, der so nach längerer Grippeerkrankung etwas Spielpraxis bekam. Auch Eisgruber hatte Schmerzen, im Fuß, doch es war ihm kaum anzumerken. Auf jeden Fall traf er in der 90. Minute mit einem Nachschuss, es war sein zehnter Saisontreffer. "Da fehlte ein bisschen die Ruhe", sagte er zu den vergebenen Chancen zuvor. Aber das habe auch sein Gutes: "Dann hat der Coach noch ein bisschen was, was er im Training ansprechen kann", scherzte der 27-Jährige. Sein Doppelpack stand stellvertretend für die Leistung fast aller Spieler, für ihre Steigerung in der Regionalliga. "Er hat noch nie so viele Tore in der Hinrunde geschossen", sagte Weber über Eisgruber, und das, obwohl dieser vorher nur in tieferen Klassen gespielt hatte.

Von anderen Zielen als dem Nichtabstieg will man aber nach wie vor nichts wissen. Jetzt will Weber in den verbleibenden fünf Spielen bis zur Winterpause die 30-Punkte-Marke knacken. Könnte klappen: Es fehlt nur noch einer.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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