Fußball-Regionalliga I:Signal an die Liga

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Tor zur Hoffnung: Kapitän Dennis Niebauer erzielt am 23. Juli 2019 das 1:0 gegen Türkgücü, Endstand 2:0 für Garching. Es war der 3. Spieltag der immer noch aktuellen Saison. Die Punkte könnte der VfR dringend brauchen. (Foto: Claus Schunk)

Beim 0:2 in Garching wirkt Meisterschaftsfavorit Türkgücü erstmals verwundbar, allerdings sind die Münchner derzeit stark ersatzgeschwächt.

Von Christoph Leischwitz, Garching

Maximilian Engl blieb lange auf der Linie seines Tores sitzen in diesem Moment, aber sicherlich nicht aus nostalgischen Gründen. Fast genau auf den Tag ist es ein Jahr her, dass er hier sehr häufig herumlag, weil der Keeper einen Ball nach dem anderen parierte, damals hatte er mit seinen Paraden dem VfR Garching ein 1:1-Unentschieden gegen den klaren Favoriten FC Schweinfurt gerettet. Diesmal aber saß er als Keeper des Favoriten auf dem Hosenboden, als einer, der nach 21 Minuten schon zweimal übertölpelt worden war. Beim ersten Mal von seinem ehemaligen Mitspieler Dennis Niebauer, der es irgendwie schaffte, den 21-Jährigen auch aus spitzem Winkel zu überlisten, Engl hatte die Hand noch am Ball. 62 Sekunden waren gerade mal gespielt. Und beim zweiten Mal dann vom eigenen Mitspieler. Alexander Sorge wollte den Ball zum Torwart zurück köpfeln, Engl war zur Seite gelaufen, und so rollte der Ball direkt aufs Tor. Engl sprintete hinterher, grätschte, es sah so aus, als ob er noch zur Ecke klären könnte, er berührte den Ball noch, und trotzdem hieß es 0:2.

Also saß Engl da, während Sorge im Tor stand, es entstand eine angeregte Unterhaltung. "Schon eher" dem Feldspieler müsse man dieses Tor anlasten, fand Türkgücü-Trainer Reiner Maurer später. Engl hatte nämlich ein Signal gegeben, Sorge hatte wohl nicht hingesehen. Weil sich umgekehrt der Garchinger Keeper Dominic Dachs vor allem in der Schlussphase mehrfach auszeichnen konnte wie ein Jahr zuvor Engl, war das Eigentor des Favoriten letztlich auch die entscheidende Szene: Der Topfavorit war am Dienstagabend, schon am dritten Spieltag, zum ersten Mal gestrauchelt. "Zwei kapitale Fehler" hätten letztlich zu diesem Ergebnis geführt, sagte Maurer. Obendrein die Tatsache, dass einige Spieler verletzt fehlten. Jetzt übrigens auch Sorge, der in der zweiten Halbzeit bei einem Zweikampf unglücklich fiel und sich eine Schultereckgelenksprengung zuzog. Er habe zuletzt schon nicht viel Spielpraxis gehabt, sagt Maurer.

Kein Grund für Nervosität: Türkgücü-Trainer Reiner Maurer erinnert an fehlende Spielpraxis

Das Bemühen aber wollte er seiner Mannschaft nicht absprechen, vor allem Sorge nicht. Der spielte trotz Verletzung noch eine Viertelstunde weiter, "andere wären vom Feld gekrochen, sagte der Trainer. In jedem Fall geht von diesem Spiel auch ein Signal aus: Türkgücü ist mit ein wenig Glück zu bezwingen, die kostenintensiv zusammengestellte Mannschaft wirkte nicht komplett eingespielt. Gerade mit Blick auf die vielen Verletzten stellt sich auch die Frage, wie viele Ausfälle sich der eigentlich sehr breit besetzt Kader noch leisten kann. Gegen den Favoriten gibt eben jeder alles, das war auch in Garching in Sachen Zweikampfführung gut zu beobachten. "Wenn ich vorher lese, Garching hat sowieso keine Chance, dann motiviert das noch extra", sagte VfR-Rückkehrer Georg Ball.

"Die haben im ersten Spiel auf uns rumgehackt, das war brutal", erinnerte Maurer an das Auftaktspiel bei Schalding-Heining (2:0). Wo man sich, wie der 59-Jährige noch anfügte, angesichts einiger Beleidigungen von Zuschauern "ob seiner Staatsbürgerschaft schämen musste". Auffällig war in Garching, wie wenig Torabschlüsse der Favorit letztlich verbuchen konnte, trotz klarer Feldüberlegenheit.

Was den Rückschluss zuließ, das Garching sehr gut eingestellt war. "Sie haben verdient gewonnen", gab auch Türkgücüs Marco Holz zu. Garchings neuer Trainer Philipp Bönig war entsprechend zufrieden: "Das war in Sachen Einsatz und Leidenschaft schon hervorragend. Wurde einer ausgespielt, war der andere schon da." Die Garchinger grätschten und rannten erfolgreich die gefährlichen Passwege zu, weshalb der Favorit oft ratlos am Strafraumrand nur die Möglichkeit zu Fernschüssen sah - und die waren viel zu oft unpräzise. "Für uns sind das zuerst drei Punkte gegen den Abstieg", sagte Ball, auch wenn der VfR aktuell mit Türkgücü gleichauf steht.

Sonderlich besorgt scheint man bei Türkgücü aber nicht zu sein. Maurer wiederholte, dass der FC Schweinfurt Titelfavorit sei. Die Niederlage sei auch kein Grund für Zweifel an der Qualität der Spieler, vieles sei auf mangelnde Spielpraxis zurückzuführen. Wofür insbesondere das zweite Gegentor ein guter Beleg war.

© SZ vom 25.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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