Fußball-Regionalliga:Grün, aber nicht unreif

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Perfektes Timing: Mario Staudigl erzielte zwei Minuten vor dem Abpfiff den Siegtreffer für den VfR. (Foto: imago)

Aus dem 2:1-Auftaktsieg in Augsburg schöpft Regionalligist VfR Garching viel Zuversicht für die restlichen 35 Spiele. Die mentale Stärke ist geblieben.

Von Christoph Leischwitz, Garching

Willkommen in der Regionalliga, sagte Daniel Weber hernach in der Kabine und fügte hinzu: Herzlichen Glückwunsch, so geht das jetzt noch 35 Mal. Noch 35 Mal die Konzentration hochhalten, 35 Mal die allerletzten Kräfte in den Schlussminuten mobilisieren, 35 Mal völlige Erschöpfung spüren. Die Ruckrede an die Körper seiner Spieler am Dienstagabend in den Katakomben des Augsburger Rosenaustadions dürfte aber keinen Frust ausgelöst haben. Denn dieses erste von 36 Punktspielen war ein echter Mutmacher, der Beweis, dass sich die Mühe lohnt.

Wäre es nach den gängigen Fußballweisheiten gegangen, der VfR Garching hätte gegen Ende der Partie bestraft werden müssen, weil er vorher zu viele Chancen hatte liegen lassen. Der Gegner, der FC Augsburg II, hatte zudem erwartungsgemäß mehr Luft und drängte auf das Siegtor - allerdings vernachlässigten die Schwaben dabei die Abwehr. "Ich glaube, da hat man uns nicht mehr ganz so ernst genommen", sagte Weber.

Im Sturm hat Trainer Weber die "Qual der Wahl" - im Tor sucht er noch nach Alternativen

Aus Ernst wurde Spaß. 88. Spielminute: Ein Angriff über die linke Seite, eine flache Hereingabe, der eingewechselte Manuel Eisgruber bekommt den Ball, leitet ihn mit der Hacke weiter und lässt so zwei Gegenspieler ins Leere laufen. Mario Staudigl steht bereit und schiebt die Kugel ins kurze Eck - 2:1, der Siegtreffer für den krassen Außenseiter. Allein diese Szene zeigt, dass die mentale Stärke der vergangenen Saison immer noch dem VfR-Kader innewohnt, auch wenn dieser sich stark verändert hat. "Das Tor gehört zu 80 Prozent dem Eisi", sagte Weber. Der in der vergangenen Saison so erfolgreiche Angreifer hatte zum Auftakt auf der Bank gesessen und war erst wenige Minuten vorher eingewechselt worden. Immerhin: Im Angriff hat der Coach "die Qual der Wahl".

Viele wichtige Spieler haben den Verein verlassen, und wegen der lange ungewissen finanziellen Zukunft hatte Weber im dritten VfR-Jahr in der Regionalliga eine seiner großen Stärken nicht ausspielen können: die frühzeitige Kaderplanung. So sind die Garchinger immer noch auf der Suche nach einem zweiten Torwart, ein Umstand, der den ehemaligen Keeper Weber am Dienstag in Augsburg tatsächlich kurz nervös werden ließ. In der 69. Minute eilte sein neuer Torwart Kai Fritz aus dem Strafraum und foulte Augsburgs Marco Richter. Über Rot hätte sich niemand beschweren können, doch der Assistent teilte dem Schiedsrichter mit, dass sich zwei weitere Garchinger Spieler hinter Fritz befanden, um eine Notbremse handelte es sich also nicht. Wäre Fritz gesperrt worden, Weber hätte sich selbst in den kommenden Partien als Ersatztorwart auf den Spielberichtsbogen setzen müssen - und das will der 44-Jährige unbedingt vermeiden.

Die erste Schrecksekunde hatte es schon nach sieben Minuten gegeben, als Augsburg in Führung ging. Markus Feulner, 35 mittlerweile und als Leitfigur zur U23 abkommandiert, drückte den Ball nach einer Ecke irgendwie über die Linie, Staudigl sah mit seiner missglückten Abwehraktion in dieser Szene ein wenig unglücklich aus. Doch das galt in vielen anderen Szenen auch für die noch nicht eingespielten Augsburger. Garching übernahm im Rosenaustadion das Kommando und spielte sich zahlreiche gute Chancen heraus, Weber zeigte sich hernach sehr zufrieden mit dem aggressiven Pressing und der läuferischen Leistung seines Teams. Eine schnelle Balleroberung führte auch zum Ausgleich. Stefan De Prato zog direkt aus 22 Metern flach ab, der Schuss war platziert, aber nicht allzu hart, Augsburgs Keeper Flemming Niemann ließ ihn jedenfalls passieren (10.). "Ich habe gesehen, dass meine Jungs fit sind", sagte Weber. Sie seien zwar immer wieder in "konditionelle Löcher" gefallen, die Augsburger hatten auch deutlich mehr Ballbesitz und ließen den Gegner laufen. Ihr Plan ging aber nicht auf. Garching stemmte sich erfolgreich gegen die Erschöpfung.

Abgesehen von einer nicht näher bezeichneten Verletzung von Nikolaos Salassidis macht der erste Sieg gegen Augsburg Hoffnung: "Jetzt haben wir zwei Wochen Pause, aber wenn es weitergeht, stehen wir trotzdem gut da", sagte Weber. Er sei zuversichtlich, das Niveau der Vorsaison halten zu können, als der VfR Zwölfter wurde. "Das ist ja mit dem vielen grünen Gemüse nicht so einfach", sagt er über seine jungen Spieler. Zumindest scheint dieses Gemüse recht schnell zu wachsen.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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