Fußball-Regionalliga:Chorknaben auf der Almwiese

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Spaß im Regen: Sechzigs Felix Bachschmid wird von Max Dombrowka bedrängt und entzieht sich mit einem technischen Kabinettstückchen. (Foto: Johannes Simon)

Im Derby ist die SpVgg Unterhaching in der ersten Halbzeit besser und geht 1:0 in Führung. Nach dem Wechsel dominiert 1860 II, gleicht aus und nach dem Schlusspfiff sind alle mit dem Remis zufrieden

Von Matthias Schmid, Unterhaching

Bei Dominic Reisner, 19, liegen die Bubentage zwar noch nicht allzu lange zurück, doch der Stürmer des Fußball-Regionalligisten SpVgg Unterhaching ließ sich am Sonntagnachmittag bei strömendem Regen die Chance natürlich nicht entgehen, sich auf den Rasen zu werfen und mal so richtig auszutoben - Regenspiele sind bestens geeignet, um Männer in Kinder zu verwandeln.. Nach seinem Führungstor (30.) im Derby gegen die zweite Mannschaft vom TSV 1860 München nahm er noch ein paar Schritte extra Anlauf, um sich mit viel Tempo auf seine Knie zu schmeißen und ein paar Meter auf dem tiefen, nassen Gras weiterzuschlittern - jedes Kind auf der Tribüne hätte es ihm in diesem Moment wohl gerne nachgemacht. Doch zu weiteren Spaßeinlagen kam es nicht mehr. Am Ende mussten sich die Unterhachinger nach zwei Siegen in Serie mit einem 1:1 (1:0) begnügen.

Hachings Trainer Claus Schromm kam das Unentschieden gar nicht ungelegen, gab er zu, nachdem mancher im Umfeld nach nur einer Niederlage aus den vergangenen zehn Partien, schon wieder davon sprach, Regensburg und den FC Bayern II im Aufstiegsrennen vielleicht noch ärgern zu können. "Wir sind gut damit beraten, wenn wir ruhig bleiben und uns auf die nächste Saison vorbereiten."

Mit der Schnelllebigkeit im Fußballgeschäft kann Schromm wenig anfangen, er will seine junge Mannschaft behutsam aufbauen in dieser Spielzeit, um im nächsten Jahr ehrgeizigere Ziele verfolgen zu können. Es kommt nach Fußballspielen ja selten vor, dass zwischen den Übungsleitern Einigkeit besteht. Aber auch Münchens Trainer Daniel Bierofka konnte mit dem Ergebnis leben: "Ich bin mit dem 1:1 und auch mit unserer Leistung zufrieden."

Dabei hatte die erste Hälfte vor den 3600 Zuschauern im Sportpark anders begonnen, als sich das der ehemalige Profi nach dem 4:0 in Bayreuth vorgestellt hatte. "Aus einer kompakten Defensive wollten wir schnell umschalten", erklärte Bierofka hinterher. Das gelang zwar, aber nur in Ansätzen. "Wir haben viele Angriffe nicht sauber ausgespielt." Zudem ärgerte er sich über das Hachinger Führungstor, "weil wir zweimal falsch gestanden sind". In der Tat: Maximilian Bauer musste sich auf der rechten Seite wie ein einsamer Wanderer auf einer Almwiese vorgekommen sein, so unbedrängt konnte er flanken, Reisner köpfelte genauso ungehindert aufs Tor, 1860-Torwart Michael Netolitzky konnte den Ball aus nächster Nähe zwar noch abwehren, aber nur so, dass er wieder bei Hachings Angreifer landete, der den Ball schließlich über die Linie zum 1:0 bugsierte. Nur zwei Minuten später hatte Luca Marseiler sogar die Riesenchance zum zweiten Tor, doch Netolitzky parierte wie ein Handballtorwart mit der Fußspitze. "Das zweite Tor wäre zwar schön gewesen", sagte SpVgg-Präsident Manfred Schwabl: "Aber nach der zweiten Halbzeit geht das 1:1 vollkommen in Ordnung."

Während seine Spieler nach dem Seitenwechsel plötzlich wie brave Chorknaben auftraten, spielten die Münchner viel mutiger, sie verteidigten höher und ließen mit ihrem Pressing die Hachinger kaum noch aus der eigenen Hälfte kommen. "Wir haben richtig gut Fußball gespielt", fand Bierofka. Doch der Ausgleich resultierte nicht aus einer ihrer sehenswerten Kombinationen, sondern aus einem Sonntagsschuss. Am Sechzehner traf Nico Karger den Ball so formvollendet schön, dass sein Volleyschuss unhaltbar hinter Torwart Stefan Marinovic einschlug. "Den hat Nico optimal getroffen", lobte Bierofka und fügte mit einem Lächeln hinzu: "Den trifft er nicht jedes Mal so." Die Gäste waren jetzt dem zweiten Tor näher als Haching. Die Gastgeber taten sich schwer gegen die aggressiven und spielstarken Münchner, Torchancen hatten sie nach der Pause überhaupt nicht mehr, wenn man mal vom Schuss des eingewechselten Alexander Piller absieht, der knapp drüber ging (82).

"Uns ist in der zweiten Halbzeit ein wenig die Luft ausgegangen", gestand Schromm. Doch auch wenn die Sechziger überlegen waren, zu zwingenden Tormöglichkeiten kamen sie ebenfalls nicht mehr, "weil wir manche Spielzüge nicht gut zu Ende gespielt haben", wie Bierofka hervorhob. Nach ziemlich ernüchternden Wochen schaute er allerdings nach Spielende wieder sehr viel glücklicher drein als zuletzt. "Das Erfolgserlebnis in Bayreuth hat da geholfen", sagte Bierofka. Dem Regen war er mit einer Wollmütze begegnet, ob er sich auch noch mal gerne in den Dreck geworfen hätte, behielt er für sich: "Aber Regenspiele haben mir als Spieler immer Spaß gemacht."

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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