Fußball-Regionalliga:Ayurveda in Kerala

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Raus aus dem nasskalten Giesing, rein ins warme Kozhikode: Daniel Bierofka und sein Team begreifen das Trainingslager als bereichernde Erfahrung. (Foto: Lukas Barth)

Die U21 des TSV 1860 bereitet sich in Indien auf den Rest der Saison vor. "Ein Abenteuer", sagt Trainer Bierofka

Von Christoph Leischwitz, München

Eigentlich eignet sich die ayurvedische Küche ganz gut für die U21-Spieler des TSV 1860 München. Selbst ihr Trainer sagt ja, es gehe auf dieser Reise auch darum, für den Kader eine neue Balance zu finden. Also: Gesunde Küche für Körper und Geist, je nach Gemüt in den Varianten Vata, Pitta und Kapha? Ein bisschen skeptisch ist Daniel Bierofka schon: "Wir haben einen hingeschickt, der mit den Köchen redet", sagte der Coach kurz vor der Abreise am vergangenen Samstag. So ein bisschen westliche Küche, Nudeln zum Beispiel, das wäre schon nicht schlecht. Nicht dass seine Spieler am Ende noch abnehmen!

Das sind Sorgen. Während die Profimannschaft der Sechziger am vergangenen Wochenende witterungsbedingt das Training absagen musste und gegen den Regionalligisten Wacker Burghausen ein Testspiel bestritt (Endstand 5:1), flog die Regionalliga-Mannschaft am Sonntag für gut drei Wochen ins indische Kozhikode, das ehemalige Calicut im Norden des Bundesstaates Kerala. Dabei handelt es sich natürlich um kein normales Trainingslager: Fünf-Sterne-Hotel mit Fußballplatz, auf dem eigens für die Sechziger (und den ebenfalls anreisenden FC Watford) ein frischer Rollrasen verlegt wurde. Anlass ist ein Einladungsturnier namens "Sait Nagjee Trophy", bei dem die jungen Löwen am kommenden Samstag um 18.30 Uhr Ortszeit (14 Uhr MEZ) zunächst auf die U23 Argentiniens treffen. Die weiteren Gegner in der Gruppenphase sind dann die Shamrock Rovers (Irland) sowie Dnipro Dnipropetrowsk (Ukraine).

Das Turnier ist eine Art Generalprobe für die U17-WM in Indien im kommenden Jahr. Den Teams werden Flüge und Aufenthalt bezahlt, dem Sieger winken 30 000 US-Dollar Preisgeld. Schirmherr der Veranstaltung ist der ehemalige Weltfußballer Ronaldinho, der Veranstalter rechnet mit bis zu 30 000 Zuschauern pro Spiel. "Das ist kein normales Trainingslager, das ist ein Abenteuer", sagt Bierofka. Man habe sich erkundigt: Selbst im Luxushotel sollte man das Leitungswasser nicht trinken, außerhalb des Hotels nicht essen gehen. Für alle Mitreisenden ist es der erste Indien-Besuch, vieles erschien aus der Ferne fremd.

Laut ersten im Internet geposteten Fotos nach der Ankunft am Montagmorgen ist bislang alles gut verlaufen. "Das ist natürlich eine super Erfahrung", sagt Kapitän Michael Kokocinski. Er findet sogar, dass die Reise das größere Highlight sei als die Restsaison: "Nach oben wird da nicht mehr viel gehen, und wenn es weiter so läuft, haben wir auch mit dem Abstieg nichts mehr zu tun." Bierofka ist froh, dass im Herbst das Angebot eintraf. Denn die Winterpause in der Regionalliga ist mit fast drei Monaten ausgesprochen lang, es gilt, bei ausreichendem Training Lagerkoller zu vermeiden. Der Trip nach Kozhikode ist eine willkommene Abwechslung.

Sportlich ist das Turnier eine große Herausforderung. Nicht nur, weil für die kommenden zwei Wochen gleichbleibend 33 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit vorhergesagt sind und Bierofka hoffen muss, dass er die täglichen Trainingseinheiten auf die Morgen- und Abendstunden aufteilen kann. Die Mannschaft ist gerade einmal mit 16 Feldspielern und einem Torwart angereist, mehr ließ sich nicht auftreiben. Das hat mehrere Gründe: Kurzfristig verletzten sich der 18-jährige Torwart Marco Hiller und Mittelfeldspieler Ludwig Steinhart. Stürmer Matthias Leitner ist krank, Rechtsverteidiger Liris Kelmendi bekam kein Visum. Die Spieler der U19 sind darüber hinaus tabu, weil die Mannschaft auf Platz eins der Bundesligastaffel überwintert hat und sich auf die mögliche deutsche Meisterschaft konzentrieren soll. Außerdem fehlen Spieler wie Emanuel Taffertshofer (Kickers Würzburg) und Nico Karger (aufgerückt in den Profikader), die noch vor Kurzem das "Herzstück der Mannschaft" gewesen seien: "Wir müssen diese Ausfälle jetzt auffangen", sagt Bierofka. Er hofft darauf, dass der Zusammenhalt in der Mannschaft noch größer wird. Fleißig seien die Spieler sowieso. "Die Jungs hatten nach der Winterpause überragende Laktatwerte, und sie haben seitdem gut trainiert." Selbst wenn die argentinische U23 am Samstag als Favorit gilt, so wolle man dem Gegner auf jeden Fall zeigen, "wie wir laufen können", so Bierofka.

Allzu anstrengendes Training will Bierofka gleichwohl vermeiden, die Mannschaft werde auch Zeit zum Ausspannen und Genießen haben. Das hört sich dann fast schon ein bisschen ayurvedisch an.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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