FC Pipinsried gegen FC Unterföhring:"Einfach zu dumm"

Lesezeit: 3 min

Pipinsried dominiert das Spitzenspiel in Unterföhring - und schwächt sich durch eine Unbeherrschtheit selbst. Für den FCU kommt der Sieg zur rechten Zeit.

Von Christoph Leischwitz, Unterföhring

Für alle, die womöglich die Szene verpasst hatten, wurde die Wende im Spiel noch einmal akustisch angezeigt. Emre Arik hatte sich zudem einen passenden Ort für seinen Wutausbruch ausgesucht. Nachdem der Mittelfeldspieler des FC Pipinsried die Rote Karte gesehen hatte, schlenderte er bedrohlich langsam Richtung Bank. Dann holte er aus und gab der Werbebande einen heftigen Tritt - genau dort, wo ein Föhringer Physiotherapiezentrum wirbt.

Die Partie Unterföhring gegen Pipinsried war ein Bayernliga-Spitzenspiel (auf echtem, tiefem Rasen), nach dem viele Akteure einen Physiotherapeuten gut gebrauchen konnten, wenngleich niemand ernsthaft verletzt wurde. Und bis zu jener 51. Minute, in der Arik nach dem Kampf um den Ball mit Unterföhrings Andreas Brandstetter des Feldes verwiesen wurde, war es zudem eine weitgehend einseitige Partie gewesen: Die Gäste aus Pipinsried, Tabellendritter, hatten Unterföhring, Tabellenzweiter, über weite Strecken dominiert. Doch sie hatten sich emotional nicht immer im Griff. "Heute hat uns der Gegner auf keinen Fall geschlagen, heute haben wir uns selber geschlagen. Wir waren einfach zu dumm", sagte Pipinsrieds Angreifer Serge Yohoua. Sein Team hatte geführt, sieben Minuten nach Ariks Platzverweis den Ausgleich kassiert und noch 1:2 verloren. Trotz Unterlegenheit bei Elf gegen Elf ist Unterföhring damit nun Aufstiegskandidat Nummer eins (Spitzenreiter Pullach wird bekanntlich verzichten). Am kommenden Freitag findet beim FC eine wichtige Jahreshauptversammlung statt: Die Mitglieder sollen darüber abstimmen, ob man den Gang in die Regionalliga wagen will, zumal ein eigenes Stadion dafür noch fehlt. Die Mannschaft hat mit dem Sieg ihren Wunsch bekräftigt: "Wir haben alle das Ziel Aufstieg", sagt Kapitän Brandstetter.

Duell auf Kopf- und Augenhöhe: Pipinsrieds neuer Verteidiger Daniel Barna (links) gegen Michael Kain, Schütze des Unterföhringer Ausgleichs zum 1:1. (Foto: Claus Schunk)

"Wir waren die bessere Mannschaft. In der ersten Halbzeit ist unser Plan voll aufgegangen", sagte Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler. Deshalb ist das Team auch noch lange nicht abzuschreiben (ohnehin steht der FCP aktuell auf dem Aufstiegs-Relegationsplatz). Außerdem habe er, Hürzeler, zurzeit die "Qual der Wahl". Weil vor der Winterpause viele Spieler ausgefallen seien, habe man sich zusätzlich verstärkt - am Samstag etwa spielte der bullige Daniel Barna als Linksverteidiger, den Manager Roman Plesche aus der zweiten rumänischen Liga holte. Doch jetzt seien alle fit. "In der Vorbereitung haben alle mitgezogen, wir hatten ständig 20, 22 Mann im Training", sagt Hürzeler. Mit Blick auf die anstehenden englischen Wochen konnte er sogar erfahrene Spieler wie Denny Herzig auf der Bank lassen.

Das größte Problem der Pipinsrieder ist ihre Übermotiviertheit. Nach der schön herausgespielten Führung durch Thomas Berger (32.) agierte Pipinsried weiter hart und in vielerlei Hinsicht an der Grenze des Erlaubten; Hürzeler selbst sah in der 47. Minute Gelb für eine Schwalbe. Der Spielertrainer war schon nach 14 Minuten vom Schiedsrichter ermahnt worden, keine "Schauspielerei" zu betreiben. Später, geduscht und ausgeruht, sagte Hürzeler, er habe der Mannschaft aufgetragen, "sie sollen den Schiedsrichter in Ruhe lassen und die Gegner. Das ist uns nicht gelungen." Im Falle der Roten Karte gegen Arik hätte er sich aber mehr "Fingerspitzengefühl" gewünscht. Arik hatte Brandstetter wohl mit dem Ellbogen im Gesicht getroffen, zuvor aber schon Gelb gesehen. Auf dem Weg in die Kabine sagte der Schiedsrichter in ruhigem Ton zum meckernden FCP-Präsidenten Konrad Höß: "Sie werden es auf dem Video sehen." Er meinte: die Absicht.

1 / 2
(Foto: Claus Schunk)

Gefoult worden? Ich auch, Junge, ich auch! - Die Stürmer Andreas Faber (li., Unterföhring) und Serge Yohoua (Pipinsried)...

2 / 2
(Foto: Claus Schunk)

...finden in einer hart geführten Begegnung mit viel Diskussionsstoff zu einer diplomatischen Annäherung.

Die Qual der Wahl hatte Unterföhrings Trainer Andreas Pummer nur in einem Fall: Überraschend stand Winterzugang Daniel Sturm im Tor, der bei einer Doppelchance der Gäste (30.) großartige Reaktionen zeigte. Sturm hat sich offenbar gegen Stammkeeper Sebastian Fritz durchgesetzt. Doch wichtige Feldspieler fehlten. Tayfun Arkadas wird mit einer Knochenhautentzündung wohl noch länger ausfallen, Bruder Attila weilt im Ausland. "Wer soll auch die Tore schießen?", fragte zur Halbzeit ein Zuschauer auf der Haupttribüne. Zwei erbarmten sich dann noch: Alexander Kain traf per Kopf nach Ecke von Yasin Yilmaz (58.), der eingewechselte Nimat Torah staubte auf Zuspiel von Martin Büchel zum Siegtreffer ab (82.) - Hürzeler monierte in dieser Situation übrigens eine Abseitsstellung.

Pummer fand auch, dass man "im Nachhinein auf jeden Fall" glücklich gewonnen habe, lobte aber die Geduld seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit. Und ließ sich angesichts der Tabellenkonstellation zu einer wahren Ruckrede hinreißen: "Wir schauen auf den nächsten Gegner." Das ist Landsberg. Pummer muss den nächsten Gegner des Verfolgers Pipinsried gemeint haben: Das ist Spitzenreiter Pullach.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: