SV Heimstetten gegen SV Pullach:Der Schrei des Dirigenten

Lesezeit: 3 min

"Emotional immer voll dabei": Heimstettens neuer Trainer Boris Vujanovic nach seinem wortreichen Debüt. (Foto: Claus Schunk)

"Ja, ja, ja, ja!": Der SV Heimstetten fügt unter seinem neuen Cheftrainer Boris Vujanovic dem SV Pullach die erste Saisonniederlage zu.

Von Fabian Swidrak, Pullach

Die Spieler des SV Heimstetten wussten immer, was zu tun war. Borislav Vujanovic sagte ihnen, wann es Zeit war zu laufen, zu passen, zu flanken, zu springen, zu köpfeln, zu schießen, zu grätschen, zuzumachen, mitzugehen, sich zu zeigen, geduldig zu bleiben, weiterzumachen, Risiko zu gehen, einen wichtigen Zweikampf zu gewinnen, drauf zu schieben, dabei zu sein, ins Zentrum zu spielen, den Ball abzulaufen oder die Ordnung zu bewahren. Heimstettens neuer Cheftrainer informierte seine Spieler auch, wenn sie eine gute Idee gehabt hatten oder sich Lücken auftaten, wenn sie sich dem gegnerischen Tor näherten (crescendo: "ja, Ja, JA! JA!!") und wenn sie dann doch nicht zum Abschluss kamen (piano: "Sch...").

Heimstetten hat nur noch drei Punkte Rückstand auf Platz drei, der zu Aufstiegsspielen berechtigt

Vujanovic dirigierte seine Spieler beim 1:0 (0:0)-Erfolg in Pullach beinahe so, als steuere er eine Mannschaft an der Playstation, als würden alle Beteiligten wie angewurzelt stehen bleiben, sollte er ihnen nicht durchgehend sagen, was zu tun ist. Auch dem Schiedsrichter meldete Vujanovic zuverlässig, wenn er einen Zweikampf anders bewertet hatte. "Emotional bin ich immer voll dabei. Schon als Spieler habe ich gerne dirigiert. Die Jungs auf dem Platz wissen zwar, was sie tun sollen, aber ich denke schon, dass es was hilft", sagte Vujanovic nach der Partie.

Für den Gegner, die Unparteiischen, möglicherweise sogar für die eigene Mannschaft mag Vujanovics Art der akustischen Spielbegleitung anstrengend sein, abrücken wird er von ihr angesichts des Resultats vom Samstag aber erst einmal kaum: erste Partie als Cheftrainer, erster Sieg. Und das ausgerechnet gegen den SV Pullach, der zuvor noch kein Saisonspiel verloren hatte. "Es war ein Duell zweier spielstarker Teams, ein Spiel auf Augenhöhe mit glücklichem Ende für uns", sagte Vujanovic. Vor drei Wochen war er zum Cheftrainer befördert worden, weil Vorgänger Heiko Baumgärtner durch seinen Hausbau die Zeit fehlt. "Dieser Sieg ist auch für Heiko, er hat genauso seinen Beitrag dazu geleistet", sagte Vujanovic.

Mit dem Erfolg zum Start in die 14 Spiele kurze Restrückrunde haben sich auch die Aufstiegschancen Heimstettens weiter verbessert. Tabellenführer Pullach, der gegen den SVH seine erste Saisonniederlage kassierte, kann nicht aufsteigen, weil ihm ein regionalligataugliches Stadion fehlt. Für die Teilnahme an der Relegation reicht in diesem Jahr deshalb Rang drei. Weil der dort platzierte FC Pipinsried 1:2 in Unterföhring verlor, beträgt der Rückstand des Tabellenfünften Heimstetten nur noch drei Punkte. "Es ist noch alles drin. Wenn die Gelegenheit da ist, wollen wir sie wahrnehmen. Aber wir werden uns von außen keinen Druck reinreden lassen", sagte Vujanovic.

Der Ausgang der Partie am Samstag war bis kurz vor Schluss nicht absehbar gewesen. Denn noch machen die Spieler auch beim SV Heimstetten nicht immer, was ihr Trainer an der Seitenlinie lautstark vorschlägt. Beide Teams kreierten auf dem kleinen Pullacher Kunstrasen-Feld kaum Torchancen. Wenn eine Mannschaft aus dem Spiel heraus zum Abschluss kam, dann Pullach. "Wir hatten die Partie unter Kontrolle, haben aber zu kompliziert und nicht konsequent genug gespielt", sagte Trainer Frank Schmöller, der die Niederlage mit Fassung trug. "Ich war in der Kabine nicht stinksauer und ich bin auch nicht schlecht drauf, weil ich die Leistung beurteile, nicht das Ergebnis."

An den wenigen guten Offensivaktionen war meist Lukas Dotzler beteiligt, der in der Winterpause vom Regionalligisten TSV Buchbach nach Pullach gewechselt war. Der Stürmer vergab aus spitzem Winkel (33.) und leitete einen Angriff per Hacke durch die Beine seines Gegenspielers ein (38.). "Er hat gute Ansätze gezeigt, war aber noch zu verspielt. Wir müssen ihm Zeit geben", sagte Schmöller nach der Partie über seinen Zugang. Unbeteiligt war Dotzler, als Pullachs Bernd Häfele im Heimstettener Strafraum gefoult wurde und anschließend zu Unrecht wegen einer vermeintlichen Schwalbe die Gelbe Karte sah (41.). Schmöller meinte anschließend: "Den Klatscher hat man bis zu mir gehört."

Der einzige Treffer des Spiels fiel in der 90. Minute, als die Pullacher einen hohen Ball im eigenen Sechzehner stoppen wollten, ihn jedoch Heimstettens Toptorschützen Orhan Akkurt auflegten, der von der Strafraumgrenze aus volley ins linke obere Eck traf. "Ich weiß nicht, warum wir den Ball da stoppen wollen und ihn nicht einfach wegschlagen", sagte Schmöller. Aus dem Mund von Trainerkollege Borislav Vujanovic kam in den Sekunden vor dem Tor übrigens kein Wort, keine Anweisung. Danach: ein völlig unkontrollierter, lang gezogener Schrei.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: