Fußball 3. Liga:Vorne voll drauf und hinten kompakt

Lesezeit: 3 min

Torschützen unter sich: Felix Schröter (rechts) brachte Unterhaching in der Hinrunde 1:0 in Führung, Chris Richards unterlief das entscheidende Eigentor zum 1:2 für die SpVgg. (Foto: Markus Fischer/imago)

Die SpVgg Unterhaching erwartet den FC Bayern II zum Derby. Es geht um die Tabellenführung.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Doch, doch, sagt Sebastian Hoeneß ganz offen, so ein bisschen Wut im Bauch habe er immer noch wegen der Ereignisse am vergangenen Montag. Die nicht nur aus seiner Sicht unberechtigte rote Karte gegen Angreifer Kwasi Wriedt beim Chemnitzer FC (0:1) habe zu einer klaren Benachteiligung des FC Bayern München II geführt, und diese Benachteiligung hält in gewisser Weise ja noch an: Auch wenn das DFB-Sportgericht Wriedts vermeintliche Tätlichkeit zu einem unsportlichen Verhalten degradierte, so ist der Top-Stürmer der dritten Liga trotzdem für ein Spiel gesperrt: für das Derby gegen den Tabellenzweiten SpVgg Unterhaching an diesem Freitag (19 Uhr, Sportpark).

Es ist das Duell des besten Angriffs (München, 49 Tore) gegen die zweitbeste Abwehr der Liga (Haching, 29 Gegentore), und wenn man beide Trainer fragt, wie sehr sich das Fehlen von Wriedt auswirken wird, dann wird vor allem eins deutlich: Wie groß die Wertschätzung für den jeweils anderen ist.

Unterhachings Trainer Claus Schromm sagt zwar, dass Wriedt ein "Ankerspieler" für die jungen Bayern sei (im Übrigen sagt er über dessen rote Karte: "Die sucht ihresgleichen."). Andererseits brächten alle Mannschaftsteile so viel Wucht, Tempo und individuelle Qualität mit, dass die Bayern das wahrscheinlich gut kompensieren könnten. "Sie haben unglaublich viel Potenzial, sie rocken gerade die Liga", sagt Schromm fast schwärmerisch. Wie man denn das Tempo der Bayern drosseln könne? "Entweder voll vorne drauf" oder eben auch mal "kompakter stehen", meint Schromm. Beides wird man wohl von der Heimmannschaft zu sehen bekommen.

Die hochgelobte Hachinger Abwehr hat am vergangenen Sonntag drei Gegentore hinnehmen müssen beim verrückten 5:3-Erfolg in Halle, und nun fallen auch noch zwei wichtige Defensivspieler aus: Außenverteidiger Max Dombrowka hat sich die Schulter gebrochen, was ihm selbst erst in der Nacht nach dem Halle-Spiel aufgefallen sei. Und der erkrankte Mittelfeldspieler Dominik Stahl werde höchstwahrscheinlich auch nicht rechtzeitig fit fürs Derby, befürchtet Schromm. Trotzdem hört er sich sehr selbstbewusst an. Haching ist aktuell punktgleich mit Spitzenreiter Duisburg, und Ziel sei natürlich, "zumindest am Freitagabend alleiniger Tabellenführer zu sein". Man sei jetzt dort, worüber man im Sommer oft gesprochen habe: "Wenn wir im März noch oben dran sind, dann wollen wir auch angreifen." Es geht jetzt für die SpVgg also auch offiziell um den Aufstieg.

Und wer ersetzt Wriedt? Eine knifflige Frage, zumal bei den Bayern ja auch Robert Lewandowski verletzt ausfällt. Nicht, dass er eine Wriedt-Alternative gewesen wäre. Aber eine mögliche Wriedt-Alternative wird eben am Freitag mit den Profis nach Hoffenheim reisen, auch wenn derjenige dort dann wohl nur auf der Bank sitzt. Ein mögliches Szenario: Joshua Zirkzee wird für den Profikader abgestellt, und der lange verletzte Jann-Fiete Arp darf im Derby auch mal von Beginn an Spielpraxis sammeln.

Bayern-Trainer Hoeneß hofft darauf, dass auch seine Mannschaft noch Bauchgrummeln vom Montagsspiel für das Freitagsspiel übrighat. Ein bisschen Zusatzmotivation kann nicht schaden. Denn auch er lobt den Gegner in höchsten Tönen. Hoeneß hält Haching für eine "sehr spezielle" Mannschaft, die "unheimlich ausgeglichen" und taktisch versiert sei und nur sehr wenige Ausreißer habe. Es handele sich um eines der konstantesten Teams in einer ausgeglichenen Liga. Aber: "Wir rechnen uns natürlich auch ein bisschen was aus", sagt Hoeneß. Und auch, wenn in solch einem Spiel die Erfahrung eines Abwehrroutiniers wie Nicolas Feldhahn dem Team sicher guttun würde, so scheint es doch, als wolle Hoeneß, 37, selbst gerade einmal drei Jahre älter als Unterhachings Angreifer Dominik Stroh-Engel, so viel wie möglich auf seine Jüngsten bauen: Die Innenverteidiger Lars Lukas Mai und Chris Richards hätten selbst in Unterzahl in Chemnitz stark gespielt, sagt er. Die Viererkette scheint aktuell gesetzt zu sein.

Es gibt überdies noch ein beachtenswertes soziales Engagement, für das sich die Derbygegner zusammengetan haben. Kürzlich besuchten Hachings Markus Schwabl und Bayerns Feldhahn den neun Monate alten Leo im Krankenhaus. Leo kann nicht nach Hause, weil er nach einem bereits korrigierten Herzfehler 24 Stunden am Tag überwacht werden muss. Seine Eltern, ein Paar aus Unterhaching, müssen erst eine Intensiv-Krankenpflege organisieren. Zur Unterstützung geht von jeder verkauften Eintrittskarte am Freitag ein Euro an sie.

© SZ vom 28.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: