Brucks Handballer:Fünf Prozent Hoffnung

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Die junge Fürstenfeldbrucker Mannschaft muss zurück in die Bayernliga, auch die fünf Treffer von Korbinian Lex konnten das nicht verhindern. (Foto: Günther Reger)

Handballer des TuS Fürstenfeldbruck besiegen Großsachsen im letzten Spiel und steigen dennoch aus der dritten Liga ab. In drei Wochen spielen die Drittletzten der vier Gruppen eine Nachrücker-Rangliste aus, sollte eine Mannschaft zurückziehen. Doch damit rechnet kaum jemand.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Zeiten, als die Menschen sich in Sportstätten ein kleines Transistorradio ans Ohr hielten, um auch über die Geschehnisse andernorts informiert zu sein, sind ja längst vorbei. Heute ist dank des Smartphones jedermann jederzeit und an jedem Ort in der Lage, sich in Echtzeit Kunde von fremden Schauplätzen zu verschaffen. Und so guckten die meisten Zuschauer am Samstagabend in der voll besetzten Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck mindestens so oft auf ihre Handys wie auf das Spielfeld. Fürstenfeldbrucks Handballer hatten den Verbleib in der dritten Liga nicht mehr selbst in der Hand, sie mussten auf fremde Hilfe hoffen. Doch die zerstob alsbald.

Denn die Handballer aus Friedberg, die als abgeschlagenes Schlusslicht längst als Absteiger feststanden, gerieten bei ihrem finalen Auftritt allzu schnell allzu deutlich in Rückstand. Dass parallel dazu die Handballer aus Fürstenfeldbruck komfortabel voran lagen, wurde dadurch bald unwichtig. Trotz eines 32:30-Sieges über den TV Germania Großsachsen konnten die Brucker den Abstieg aus der dritten Liga nicht mehr verhindern. Rödelsee, das in Friedberg 33:23 gewann, darf drin bleiben.

So war es nicht verwunderlich, dass die Brucker Protagonisten, als sie und die Zuschauer sich nach Spielschluss gegenseitig Applaus spendeten, mit traurigen Gesichtern in der Halle standen und ins Leere starrten. Sie müssen die dritte Liga Süd wieder verlassen - trotz sportlich herausragender Auftritte im Verlauf der 30 Spieltage, die sie seit Anfang September absolvierten. Trotz der 24 Punkte, die sie dabei sammelten, die das Saisonziel waren und die in jeder der drei Parallelgruppen der dritten Liga zum Klassenerhalt gereicht hätten. Wie schon in den Jahren 2007 und 2011 steigt der TuS Fürstenfeldbruck nach nur einem Jahr wieder aus Liga drei ab.

Dass sich nun noch eine Option über eine Relegation auftut, hatte TuS-Trainer Martin Wild bereits im Vorfeld eine eher "vage Möglichkeit" genannt. "Man hätte auch den punktbesten 14. nehmen können", sagte er, wohlwissend, dass es sich dabei um seine Mannschaft handelte. So aber müssen die Brucker am letzten Maiwochenende gegen die Tabellen-14. der dritten Ligen Nord, West und Ost - Beckdorf, Gladbeck und Köthen - antreten und eine Rangliste ausspielen. Die bestimmt dann die Nachrücker, falls bereits für die neue Saison qualifizierte Teams zurückziehen. Auf gerade mal fünf Prozent schätzt Christoph Kolodziej, Trainer der zweiten Brucker Mannschaft und hauptamtlicher Landestrainer beim Bayerischen Handballverband, die Möglichkeit, dass dieses Szenario eintritt. Auch seine Mannschaft wird unter dem Abstieg der Ersten leiden, denn die Aufstiegsspiele zur Bayernliga, die es derzeit als Landesliga-Zweiter bestreitet, sind damit lediglich ein Fall für die Statistik: Zwei Teams eines Vereins in der gleichen Liga, das ist nicht möglich. Für die erste Mannschaft indes verlängert sich die Saison um weitere drei Wochen, "mitten in die Regenerationszeit", klagt Martin Wild.

Dabei bräuchten die Seinen dringend Erholung. Die 30 Spiele zehrten gehörig an den Kräften seiner blutjungen Mannschaft, die schon bald nach Saisonbeginn mehrere wichtige Mitspieler wegen Verletzungen verloren hatte. Die restlichen Youngsters freilich schwangen sich immer wieder zu Höchstleistungen auf, bestachen mit Hochgeschwindigkeitshandball und mussten nicht wenige Partien nur ganz knapp verloren geben. "Ich ziehe den Hut vor der Mannschaft", sagte deshalb beinahe ehrfürchtig Martin Wild.

Die Gastgeber waren das letzte Saisonspiel, das sie als "Finale dahoam" beworben hatten, zunächst mit Verve angegangen. Offensiv wie nie starteten sie in die Partie und führten nach einer Viertelstunde mit 10:4 Toren. Gleichzeitig nahm in Friedberg das Unheil seinen Lauf. 10:4 stand es auch dort nach 16 Minuten, allerdings für die Gäste vom TSV Rödelsee. Die TuS-Handballer wissen das zu diesem Zeitpunkt noch nicht und geben alles: Shootingstar Johannes Stumpf arbeitet sich bis an den Kreis vor, wird heftig bedrängt und schafft es trotzdem, seinem Wurf aufs Tor die nötige Wucht mitzugeben. Oder Michael Luderschmid, der ehemalige Friedberger im Brucker Tor, der weitere Versuche der Gäste fern hält. Zwischenzeitlich fällt der Ausgleich (13:13), doch bis zur Pause zieht der TuS wieder auf 17:13 davon.

In Friedberg führt Rödelsee bereits 20:8. Spätestens in der Pause hätten das alle seiner Spieler mitbekommen, wird Martin Wild später erklären: "Für die Köpfe war das nicht einfach, da war die Konzentration weg." An ihren Gesichtern ist nunmehr abzulesen, was der Körper fühlt: Der Kampf um den Klassenerhalt ist aussichtslos geworden. Zehn Minuten lang treffen die Brucker das Tor nicht mehr, stattdessen geht Großsachsen mit 19:17 in Führung. Trainer Wild nimmt eine Auszeit, fuchtelt wild mit den Händen in der Luft, redet und redet. Dass sich seine Handballer da "noch mal gefangen und alles gegeben" hätten, sei symptomatisch gewesen für diese Saison. Das Team steckt nicht auf und macht aus einem 22:25-Rückstand eine 28:25-Führung. Auch weil der eingewechselte Linksaußen Andreas Knorr zu einer Sternstunde findet mit vier seiner insgesamt sieben Treffer und einer Vorlage für den Abwehrspezialisten Andreas Krauß. Der hatte zuvor seine Mannschaftskameraden auf dem Spielfeld immer wieder angefeuert. "Ich habe nicht gewusst, wie es in Friedberg steht", bekennt er hinterher. Da war er wohl der einzige.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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