Fechten:Erfolgreiche Ausnahme

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Justus Olbrich vom MTV München wird beim internationalen Jugend-Fechtturnier in eigener Halle Dritter und sammelt fleißig Punkte für die deutsche Rangliste

Von Michael Fischer, München

Justus Olbrich, fast gänzlich in weiß gekleidet, klappt seine schwarze Edelstahl-Maske nach unten und nimmt das Florett in die linke Hand. Spannung liegt in der Luft, die Zuschauer in seinem Rücken warten gespannt auf das Duell des 16-Jährigen gegen den Franzosen Clement Brendle. Mit jedem Treffer brandet Applaus auf, immer wieder ballt Olbrich die Fäuste. Der Jubel wird mit jedem Treffer intensiver, das Geschrei größer. Es läuft gut für den jungen Fechter des MTV München, der mit 15:6 Punkten klar gewinnt und beim internationalen Ranglistenturnier des Deutschen Fechter-Bundes in die Runde der besten 32 einzieht.

Als er anschließend die Schutzmaske abnimmt, perlt ihm der Schweiß von der Stirn. Olbrich sieht erleichtert aus, zu kritisieren hat er diesmal nichts. "Ich bin ein Einzelsportler und kritisiere mich gerne. Beim Mannschaftssport würden das sonst die anderen abbekommen", erklärt er seine Beweggründe für das Fechten, zu dem er mit sieben Jahren gekommen ist. Besonders sei daran die "Mischung aus Koordination, Athletik und Gedächtnissport". Während der Großteil der knapp 320 Mitglieder der Fechtabteilung des MTV die Disziplin als reinen Breitensport betreibt, trainiert er sieben Mal pro Woche, teils mehrmals am Tag.

Das ist möglich, weil Olbrich ein Sportgymnasium besucht, bei dem für ihn Fechten auf dem Stundenplan steht. "Mir gefällt das Schulsystem, das ich schon von meinem jüngeren Bruder her kenne", sagt er, während wieder etwas Schweiß auf den Boden tropft. Sein Bruder ist der Leistungsturner Jonas Olbrich, dessen Ziel es ist, "bester Turner aller Zeiten" zu werden. Erfolg scheint also in der Familie zu liegen. Große Ziele zu formulieren, ist aber nicht die Sache von Justus: "Ich versuche einfach, alles zu geben und bei jedem Turnier weit zu kommen." Justus Olbrich wurde 1998 geboren und gehört damit zu den Ältesten der A-Jugend, die die Jahrgänge 1998 bis 2000 umfasst. Diese Streuung in einem Alter, in dem viele Jugendliche schnell wachsen, führt zu manch ungleichem Duell auf den neun Bahnen der MTV-Halle. Seinen Größenvorteil, sagt Justus, will auch er nutzen und fleißig Punkte sammeln für die Qualifikation zur deutschen Meisterschaft im Sommer nächsten Jahres. Insgesamt 172 Fechter, darunter die Spitze der deutschen Rangliste, duellieren sich am Samstag und Sonntag. Je besser am Turnierende die Platzierung, desto mehr Punkte gibt es für das jeweilige Klassement. In Bayern steht Justus Olbrich jetzt schon ganz oben in der Rangliste. Im Laufe des Turnier kann er seinen Vorsprung weiter ausbauen.

Schrittweise nach vorne: Der dritte Platz beim internationalen Jugendturnier bringt Justus Olbrich vom MTV München wertvolle Punkte für die Rangliste. (Foto: Claus Schunk)

Ulrich Oleinek, 77, Abteilungsleiter beim MTV, wird nicht müde zu betonen, dass der Fokus seines Vereins ganz klar nicht auf der Leistung liege. "Man muss immer ein Ziel haben, und bei uns gehört die ganze Kraft der Jugend im Breitensport", sagt er und betont, dass Erfolge wie die von Justus Olbrich als 19. der deutschen Rangliste "vereinzelte Ausnahmen" seien. Auf Bundesebene sei Bayern im Mittelfeld und trotz einer Vielzahl an Vereinen "keine Fechterhochburg".

"Woher sollen wir auch das Geld für den Leistungssport nehmen, von unseren Mitgliedsbeiträgen etwa?", fragt Oleinek rhetorisch. Der Verein leistet sich mittlerweile dennoch einen hauptamtlichen Cheftrainer, der die Arbeit der insgesamt sieben Übungsleiter koordiniert. Bis zu 40 Jugendliche kämen in der Trainingshalle an der Häberlstraße regelmäßig zusammen, ohne eine gute und durchdachte Planung wäre an ein qualitativ hochwertiges Training wohl kaum zu denken. Auch Oleinek nimmt trotz seines fortgeschrittenen Alters gerne das Florett in die Hand und kämpft mit der Jugend. Fechten sei das Geheimnis, warum er noch immer so fit sei, erklärt er augenzwinkernd.

Am Sonntag bestätigt Justus Olbrich seine gute Turnierform und schaltet einen Gegner nach dem anderen aus, ehe der spätere Sieger Magnus Hamlescher (Bonn) im Halbfinale zu stark ist. Platz drei von 172 Teilnehmern - eine erfolgreiche Ausnahme.

© SZ vom 27.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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