FC Bayern  II:Fünf Klassen besser, zwei Tore schlechter

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Irgendwie gehemmt: Bayern-Kapitän Niklas Dorsch (links) im Clinch mit dem Nürnberger Torschützen zum zwischenzeitlichen 0:2, Erik Engelhardt. (Foto: Sven Leifer/imago)

Ein Abend voller Widersprüche: Die U23 des FCB verliert das Verfolgerduell gegen Nürnnberg II, Coach Tim Walter reagiert trotzig.

Von Christoph Leischwitz, München

Der Gegner sei doch "teilweise zerlegt worden im Spielaufbau" und habe gar nicht mehr gewusst, wo er hinlaufen soll, fand Tim Walter. "Fußballerisch" bestehe doch überhaupt kein Zweifel, dass seine Mannschaft "fünf Klassen besser war" als der 1. FC Nürnberg II. Trotzdem verlor der FC Bayern München II am Freitagabend gegen Nürnberg 1:3 (0:2). Walter sagte: "Ich bin stolz auf meine Jungs."

Niklas Dorsch kam aus der Kabine, in der es nach dem Spiel sehr lange sehr ruhig war, er sah nicht allzu stolz aus. Er suchte nach Fehlern. "Das muss ich mir als Kapitän vielleicht auch ein bisschen ankreiden, dass ich das nicht in die Hand genommen und gesagt habe: ,Weiter so'", analysierte der Mittelfeldspieler. Damit meinte er die zweite Halbzeit. Eigentlich hatten die jungen Bayern da nämlich zu ihrem Spiel gefunden, sie hatten die Partie mit einem Anschlusstreffer auch noch einmal spannend gemacht - immerhin ging es auch darum, gegen den Dritten aus Nürnberg den Anschluss an Spitzenreiter 1860 München zu halten. Doch gegen Ende habe man plötzlich "wieder angefangen, nur noch lange Bälle zu schlagen. Was für mich keine Art ist, noch was zu reißen", sagte der 20-Jährige. Und wohl auch kaum die Art einer Mannschaft, die fünf Klassen besser ist.

Das Regionalliga-Team des Rekordmeisters steckt derzeit voller Widersprüche. Zwölf Spiele in Serie war die Mannschaft ungeschlagen geblieben. Und dann verlor sie ausgerechnet gegen einen Gegner, gegen den man sich eigentlich leichter tue, wie Dorsch erklärte. Ein Gegner, der mitspiele, gegen den man nicht Handball spielen müsse, immer nur rum um den gegnerischen Sechzehner, wie im Belagerungszustand. Und in der Tat spielte sich Walters Elf eine Vielzahl an Chancen heraus. Aber meist nicht durch fußballerische Überlegenheit, sondern durch Einzelaktionen, vor allem des mal wieder starken Adrian Fein, oder nach Standards.

Trainer Walter ist bei einer Niederlage stolz und spricht von der guten Entwicklung seines Teams. Eine Woche zuvor hatte er nach einem 2:1-Sieg gegen Augsburg erklärt, dass bei einigen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander lägen. Das wiederum sagte er am Freitag nicht über Maxime Awoudja, in vielerlei Beziehung auffälligster Bayern-Akteur an diesem Abend. Schon nach vier Minuten sah Awoudja Gelb und spielte somit als Innenverteidiger fast über die gesamte Spielzeit mit dem Druck, bei jedem Foul vom Platz fliegen zu können. Er schaltete sich in den Angriff ein und vergab mehrere Chancen, in der Offensive seine Defensiv-Fehler wettzumachen. Vor dem 0:1 der Nürnberger hatte er seinen Torwart Leo Weinkauf mit einem schlechten Rückpass unter Druck gesetzt, dieser drosch den Ball dem Nürnberger Simon Rhein direkt in den Fuß, und der konnte aus gut 25 Metern mühelos ins leere Tor schießen (23.). Vor dem 0:2 musste Awoudja einen Steilpass passieren lassen, Erik Engelhardt verwandelte cool (27.). "Der Junge hat überragende Fähigkeiten", sagt Walter über Awoudja, ihm fehle nach einer mehrwöchigen Verletzungspause allein die Spielpraxis. Außerdem habe er sich nach der gelben Karte stabilisiert und nicht mehr in Gefahr gebracht. Und selbst wenn der 20-Jährige die Ampelkarte gesehen hätte, wäre das für Walter "in Ordnung" gewesen. Die Entwicklung der Spieler, darin bleibt sich Walter tatsächlich treu, sei wichtiger als der Erfolg. Allerdings will er umgekehrt nichts mehr vom Aufstieg wissen. Dabei wäre das für einige Spieler die bestmögliche Entwicklung.

Wriedt erzielt das 1:2 - für den Angreifer war es seit Oktober das erste Tor aus dem Spiel heraus

Am vergangenen Freitag standen sechs Spieler im Kader, davon vier in der Startelf, deren Verträge zum Saisonende auslaufen. Kapitän Dorsch sagt, dass man aktuell in Gesprächen sei. "Mein Ziel ist es, den nächsten Schritt zu gehen. Nächstes Jahr noch einmal in der Regionalliga - das bezweifle ich eher", sagt er. Wohingegen die dritte Liga mit den Bayern für ihn schon "eine Option" wäre. Und er findet übrigens, dass trotz nunmehr neun Punkten Rückstand das letzte Wort darüber womöglich noch nicht gesprochen ist: "Was Sechzig macht, können wir nicht beeinflussen. Aber wir spielen noch gegen Sechzig."

Beim 1:3 (90.+3) musste der ebenfalls mit wenig Spielpraxis ausgestattete Torwart Leo Weinkauf einen Flachschuss passieren lassen. Den 1:2-Anschlusstreffer in der starken Phase der Bayern erzielte Kwasi Wriedt nach Dorsch-Zuspiel (53.). Auch der Angreifer ist ein Widerspruch in sich: Nachdem man ihn aus Osnabrück geholt hatte, traf er nach Belieben, während der langen Erfolgsserie allerdings gelang ihm fast nichts. Das Tor gegen den Club war das erste seit Mitte Oktober, das ihm aus dem Spiel heraus gelang, dazwischen verbuchte er nur drei verwandelte Elfmeter. Wriedt gehörte kurz auch dem Profikader an. Aber die Option fehlt ihm nun, weil jetzt Sandro Wagner da ist. Ein Spieler, der sich lange Zeit beim FC Bayern nicht durchsetzen konnte.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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