FC Bayern II:Entfremdung in der Kampfbahn

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Fehler ohne Folgen: Bayern-Torwart Christian Früchtl musste gegen den FC Augsburg II einmal hinter sich greifen, sein Team gewann 2:1. (Foto: imago/Lackovic)

Nach dem 2:1 über Augsburg II deutet Trainer Tim Walter ein Ende seines Engagements an.

Von Christoph Leischwitz, München

Irgendwie scheint es der FC Bayern den Fans ja nicht recht machen zu können. Endlich hatten die Anhänger der zweiten Mannschaft einmal das bekommen, was sie seit Jahr und Tag fordern: eine Anstoßzeit, die nicht mit der Anstoßzeit der Profis kollidiert. Wer wollte, konnte somit am vergangenen Samstag fast den ganzen Tag mit seinem Lieblingsverein verbringen: Statt 14 Uhr war schon um 12.30 Uhr Anstoß im Grünwalder Stadion, FC Bayern II gegen den FC Augsburg II. Und danach schnell zur U-Bahn, um rechtzeitig zur Bayern-HSV in Fröttmaning zu sein. Aber was tun die Fans: Sie haben sogleich wieder etwas zu meckern. Zum Beispiel darüber, dass das Derby gegen 1860 München am 29. April in die Arena im Münchner Norden verlegt wurde. Deutlicher ging es nicht: "Koa Derby in der Arena! Sch... FCB AG!", war vergangenen Dienstag auf einem Transparent beim Auswärtsspiel in Schweinfurt (1:1) zu lesen, und am Samstag auch auf der Titelseite des im Stadion verteilten "Amateure Bladdl." Darin hieß es auch, die "ärgsten Feinde" der Bayern-Fans seien in der eigenen Vereinszentrale zu finden. Es darf ein gewisses Maß an Entfremdung zwischen einer FCB-Fangruppe und dem Verein konstatiert werden.

Die Regionalliga-Partie im von den Anhängern liebevoll "Hermann-Gerland-Kampfbahn" genannten Grünwalder verlief dann zwar durchaus unterhaltsam, allerdings auf niedrigem Niveau. Daran gemessen, wie sehr sich beide Teams gegenseitig zum Toreschießen einluden, fiel das Endergebnis von 2:1 (2:0) für die jungen Bayern enttäuschend niedrig aus. Auffällig war, wie zaghaft die Bayern nach herausgespielten Chancen beim Torabschluss agierten. Allein Timothy Tillman vergab mehrmals aus guter Position, Trainer Tim Walter nahm ihn irgendwann aus dem Spiel, ihn zumindest tröstete er hernach aber auch. Ansonsten meinte er: "Die Jungs haben ja alle Ansprüche. Aber die Ansprüche und die Wirklichkeit passen im Moment nicht bei allen zusammen."

Einerseits bemängelte er Laufbereitschaft und "individuelle Einstellung", andererseits verteidigte er das Team aber auch. Die U 23 hat nach langer Pause innerhalb von 13 Tagen nun vier Spiele absolviert. Schon in Schweinfurt war ein kräftemäßiger Einbruch gegen Ende der Partie zu erkennen gewesen, so auch diesmal. Das "Kraftniveau" sei bei jungen Spielern noch nicht so ausgebildet wie bei älteren, erklärte Walter. Apropos: Auch wenn der 31-jährige Nicolas Feldhahn diesmal ebenfalls nicht fehlerfrei blieb - in der 45. Minute hatte er eine Augsburger Hereingabe an die eigene Latte gelenkt - so setzte er auch diesmal entscheidende Impulse zum Sieg. Der 31-Jährige holte in der neunten Spielminute einen Elfmeter heraus, den Kwasi Wriedt etwas glücklich durch die Beine von Gästekeeper Lucca Nagel verwandelte. Es sei "kein schlimmes Foul" gewesen, sagte er später, aber er sei überrascht gewesen. Es komme nicht oft vor, dass er im gegnerischen Strafraum gelegt werde.

Im Hinspiel hatte Torwart Früchtl Rot gesehen. Diesmal zögert er - und kassiert das Tor zum 1:2

Als Fabian Benko dann eine haarsträubende Augsburger Fehlerkette zum 2:0 nutzte (45.), schien die Partie gelaufen zu sein. Doch dann musste der eingewechselte Resul Türkkalesi auf der Linie klären (49.), Augsburg drückte, der Anschlusstreffer lag in der Luft. Das 2:1 durch den ebenfalls eingewechselten Thomas Stowasser hat eine Vorgeschichte. Im Hinspiel hatte Bayern-Torwart Christian Früchtl die rote Karte nach einer Notbremse gesehen. Diesmal lief er aus dem Sechzehner, als ein hoher Ball Richtung Stowasser flog, doch dann zögerte er - und wurde von dem Augsburger mühelos überwunden (60.). Gegen Ende hatten die Bayern zwar mehrere Konterchancen, vergaben sie jedoch kläglich. Doch selbst wenn der Sieg nicht gänzlich verdient war: Die Bayern halten die Meisterschaft mit nunmehr zwölf ungeschlagenen Spielen in Serie weiter spannend.

Trainer Walter interessiert der Kampf um die Meisterschaft weiterhin nicht. Ihn danach zu fragen macht mittlerweile etwa genauso viel Sinn wie Jupp Heynckes zu löchern, ob er noch über den Sommer hinaus beim FC Bayern bleibt. Was aber sagt Walter eigentlich auf diese Frage? Immerhin läuft sein Vertrag nur noch bis zum 30. Juni. "Ich plane alles so, als ob ich die Mannschaft übernehmen würde", sagt er zwar. Aber vom Verein sei noch niemand mit abschließenden Gesprächen an ihn herangetreten. Und wenn neun Wochen vor Saisonende "noch keiner vom Verein mit mir geredet hat", Walter zuckte kurz mit den Schultern, "dann kann ich dazu nichts sagen." Die U 23-Fans im Grünwalder Stadion scheinen nicht die einzigen zu sein, die derzeit unter einer Entfremdung vom Verein leiden.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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