FC Bayern II:Ein Hauch von Robben

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Erleichterung in einer spannenden Schlussphase: Kwasi Okyere Wriedt (vorne von li.) gratuliert Alexander Nollenberger zu dessen vermeintlich entscheidendem 2:0 – es fielen noch zwei weitere Tore. (Foto: Andy Rowland/Imago)

Münchens U23 erreicht das Finale des Premier League International Cups. Trainer Holger Seitz folgert, dass es um den deutschen Nachwuchs vielleicht doch nicht ganz so übel bestellt ist.

Von Christoph Leischwitz, München

Holger Seitz hat vieles gut gefallen, was seine Mannschaft am Montagabend in England aufführte. Besonders gut gefiel ihm aber nach dem Spiel, was sie nicht aufführte. "Die waren relativ schnell verschwunden", berichtete er und meinte damit: auf ihre Hotelzimmer. Theoretisch hätten die U23-Fußballer des FC Bayern München ja den Finaleinzug im Premier League International Cup feiern können nach ihrem spannenden 3:1-Erfolg über den FC Reading, aufgrund der kollektiven Tanzeinlage nach dem entscheidenden Treffer durch Derrick Köhn in der sechsten Minute der Nachspielzeit hätte man auch mutmaßen können, dass sie in der Nacht gerade so weitermachen. Doch der einzige Tanz, der weitergeht, ist der sprichwörtliche auf zwei Hochzeiten. Gewonnen sei eben noch nichts, fügte der Trainer an.

Nach dem Heimflug am Montag wurde dann in München auch gleich wieder trainiert und analysiert, am Freitagabend steht ein vermutlich schweres Regionalliga-Auswärtsspiel beim TSV Buchbach an. Die Teilnahme an den Aufstiegsspielen zur dritten Liga ist den Bayern kaum noch zu nehmen - nur der Fünfte FC Memmingen hat noch Aufstiegsabsichten -, dennoch wollen sie die Saison auch nicht hinter dem VfB Eichstätt beenden.

Am vergangenen Freitag hatte die ambitionierte Mannschaft aufgrund mentaler Schwächen noch 0:1 gegen den FC Augsburg II verloren, in Reading zeigte sie sich dann aber besonders nervenstark. Zumal die Partie im Zweitliga-Stadion ausgetragen wurde, die mehr als 2000 Zuschauer machten dort mächtig englische Stimmung: "Jeder Zweikampf, jeder Pressschlag wurde bejubelt", schwärmte Seitz. Das Niveau sei hoch gewesen, in Readings Team spielten auch einige Akteure, die schon bei den Profis eingesetzt wurden, darunter Mittelstürmer Danny Loader.

Ohne dass sich eine Mannschaft zu Beginn viele Chancen erspielt hätte, sei die Partie sehr intensiv gewesen und ständig "Spitz auf Knopf" gestanden. Und dann verschoss der sonst so sichere Kwasi Wriedt nach einer knappen Stunde einen Elfmeter. Maximilian Franzke, für den angeschlagenen Wooyeong Jeong in der Startelf, hatte ihn geschickt herausgeholt. "Da denkst du dir im ersten Moment natürlich: Mist. Aber danach habe ich gleich gedacht: Das kriegen wir schon hin", erzählte Seitz.

Richtig: Meritan Shabani traf in der 50. Minute zur Führung, nachdem er sich dank konsequentem Bayern-Pressing am gegnerischen Sechzehner den Ball erspitzelt hatte. Als Alexander Nollenberger in der 87. Minute "in Robben-Manier" (Seitz) per Schlenzer aus rund 20 Metern das 2:0 erzielte, schien die Partie entschieden. Trotzdem war noch mal Nervenstärke gefragt, als Tyler Frost mit einem Volleyschuss den Anschlusstreffer erzielte (90.+3). Köhns Lupfer über Torwart Coniah Boyce-Clarke hinweg wirkte dann umso souveräner. Dem Tor vorausgegangen war ein schnell ausgeführter Freistoß, als die Engländer noch damit rechneten, dass die Bayern auf Zeit spielen würden. "Wenn wir in der Situation den Ball verlieren, wäre das natürlich extrem schlecht gewesen", sagte Seitz. Er habe keine Ahnung, warum der Schiedsrichter fast sieben Minuten nachspielen ließ. Aber: "Das ist auch eine wertvolle Erfahrung." Man müsse immer auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.

Wann das Finale des renommierten U23-Pokalwettbewerbs stattfindet, ist noch nicht bekannt, erst am nächsten Mittwoch wird das zweite Halbfinale zwischen Southampton und Dinamo Zagreb ausgespielt. Partien in England seien schwer zu vergleichen mit deutschen Ligaspielen, sagte Seitz, deshalb hätten sie einen immensen Erfahrungswert. Den Einzug ins Finale deutete er als Zeichen, dass es um den deutschen Fußballnachwuchs "nicht so dramatisch steht, wie viele sagen". Sicherlich müsse an einigen Dingen gearbeitet werden, aber so schlecht stehe man offensichtlich auch wieder nicht da. Das ist allerdings relativ. Sollte sich Bayerns U23 Ende Mai in den Aufstiegsspielen gegen den Sieger der Regionalliga Nord durchsetzen, wäre sie in der dritten Liga aller Voraussicht nach die einzige zweite Mannschaft.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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