Faustball:Tradition am Rand

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Gut aufgestellt: Die Faustballer des TSV um Marco Salzberger. (Foto: Johannes Simon)

Unterpfaffenhofen startet in die Zweitligasaison

Von Philipp Jakob, Germering

Es ist noch keine drei Wochen her, da untermauerte Deutschland einmal mehr seine Vormachtstellung im Faustball. Seit Jahrzehnten dominiert die Bundesrepublik diese Sportart, die Nationalmannschaft - sowohl die Männer als auch die Frauen - feiert einen internationalen Titel nach dem anderen. Das Problem ist nur: So gut wie niemand bekommt davon etwas mit. Als also Stephanie Dannecker am 29. Oktober im Finale der Frauen-Faustball-Weltmeisterschaft gegen Gastgeber Brasilien den ersten Matchball souverän verwandelt, ist zwar der Jubel bei Mannschaft und mitgereisten Fans groß, die deutsche Sportlandschaft allerdings nimmt vom fünften Titel der Frauen bei der siebten Auflage der globalen Titelkämpfe kaum Notiz. Etwas anders ist das allerdings in Germering.

Dort wurde der Erfolg der Nationalmannschaft mit Begeisterung beobachtet, immerhin startet der TSV Unterpfaffenhofen-Germering diesen Samstag selbst wieder in eine neue Saison. Zwar nicht auf internationalem Parkett, aber immerhin in der zweiten Bundesliga Süd treten die TSV-Männer an. Trotzdem weiß nicht jeder mit dem Begriff "Faustball" etwas anzufangen. "Es ist ähnlich wie Volleyball", erklärt Marco Berger, Trainer und Abteilungsleiter der Germeringer Faustballer. "Der Unterschied ist, dass der Ball vor der Berührung auf den Boden springen darf." Ansonsten seien die Regeln ganz ähnlich. Drei Ballkontakte eines Teams sind pro Spielzug erlaubt, der Ball darf also dem sogenannten Angriffsspieler aufgelegt werden, der hämmert ihn im Idealfall so in die andere Spielhälfte, dass der Gegner keine Chance hat, ihn zu erreichen. Das Spielfeld hat in der Halle die Größe eines Handballfeldes, im Sommer wird auf einem etwas größeren Rasenplatz gespielt. Statt eines Netzes trennt ein Band in zwei Metern Höhe die beiden Spielhälften. Der Ball darf dieses Band nicht berühren und darf nur mit dem Arm und mit der Faust gespielt werden - daher der Name.

Beim TSV Unterpfaffenhofen-Germering wird Faustball schon seit "60 oder 70 Jahren gespielt", schätzt Berger, in Deutschland ist der Sport seit Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet. Hier wurde die Sportart aus der Taufe gehoben. Ansässige Faustballer waren es auch, die die Disziplin in die Welt hinaustrugen, erst in die deutschsprachigen Nachbarländer, später durch Auswanderer auch nach Südamerika und Afrika. So lässt sich erklären, warum Deutschland, Österreich, die Schweiz und Brasilien bei den internationalen Turnieren die Siege unter sich ausmachen. Wobei man laut Berger Deutschland nach elf WM-Titeln der Männer und fünf der Frauen getrost als den Mittelpunkt der Faustball-Welt bezeichnen kann. "Wir haben hier die größte Auswahl an Spielern", sagt der 47-Jährige. Deshalb die Dominanz.

Von Dominanz ist sein Team in der zweiten Bundesliga Süd weit entfernt. Vielmehr erwartet Berger "einen Platz in der oberen Tabellenhälfte, wenn es gut läuft vielleicht sogar im oberen Drittel". Ein Aufstieg in die erste Liga ist für den Gymnasiallehrer kein Thema. "Sportlich und finanziell können wir da nicht mithalten", sagt Berger. Unglücklich ist er mit der Situation nicht, auch in der zweiten Liga zu spielen, mache ihn stolz. Wobei: Er selbst steht mittlerweile nur noch am Seitenrand. Vor zwei Jahren musste Berger seine aktive Karriere verletzungsbedingt beenden. Seit dem Grundschulalter war der Sport ein wichtiger Teil seines Lebens gewesen. Deshalb sei ihm das Aufhören extrem schwergefallen. Er gab deshalb auch seinen Trainerposten auf, "um Abstand zu gewinnen".

Als er vor der Saison aber gefragt wurde, ob er die Herrenmannschaft nicht wieder coachen möchte, war die Entscheidung für Berger klar. "Ich muss nicht mehr weinen, wenn ich nur am Rand stehe", scherzt er. Mittlerweile sei er "emotional gelöst" und bereit für die neue Aufgabe. Diese startet am Samstag (15 Uhr) mit dem ersten Heimspieltag in Germering. Gegen Absteiger Waldrennach und die TuS Frammersbach hofft Berger auf eine volle Halle. "Teilweise kommen zu den Spieltagen bis zu 100 Zuschauer", sagt er. Dementsprechend sei die Stimmung immer sehr gut, das beeindrucke auch die jüngeren Besucher.

Von den etwa 40 aktiven Unterpfaffenhofener Faustballern sind gut drei Viertel noch unter 18 Jahre alt. Neben zwei Männermannschaften sind zudem ein Frauen- und zwei Jugendteams im Spielbetrieb gemeldet. Berger ist also zuversichtlich, dass die Faustballer im Münchner Westen auch für die Zukunft gut aufgestellt sind. Für die kommende Zweitliga-Saison gilt das allemal.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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