Entscheidung in Innsbruck:Frühlingserwachen

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Die Alpenvolleys wenden gegen Herrsching eine Blamage ab und ziehen recht souverän ins Halbfinale ein - auch weil der lange verletzte Managersohn Niklas Kronthaler ihre Annahme stabilisiert.

Von Sebastian Winter, Innsbruck

Es war ein leidenschaftlich geführtes Spiel unter traumhaften Bedingungen. Nicht nur das schöne Wetter hatte am Samstag eine Saison-Rekordkulisse hervorgebracht in der Innsbrucker Arena. 7413 Fans waren gekommen, was der Heimmannschaft am Ende allerdings nicht half: Sie verlor die Erstliga-Partie mit 0:2 - gegen die Fußballer von Rapid Wien. Am Inn starteten derweil mehr als 1000 Aktive zum Frühlingslauf, auch die Innenstadt war rappelvoll, vor den Eisdielen bildeten sich lange Warteschlangen.

Direkt neben dem Tivoli-Stadion der Fußballer gab es in der Olympiahalle eine gute Stunde nach dem Schlusspfiff auch noch anderen Spitzensport zu sehen, das entscheidende dritte Playoff-Viertelfinale zwischen den Hypo Tirol Alpenvolleys Haching und den WWK Volleys Herrsching. Rund 500 Zuschauer verloren sich bei der Partie, an die 100 davon waren vom Ammersee nach Tirol gereist. Das etwas triste Bild konterkarierte das Live-TV-Spiel am Donnerstag, als den Herrschingern vor bis zu 200 000 Fans an den Fernsehern die große Überraschung gelang. Aber Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler, den die dramatische Pleite recht unvorbereitet traf, hatte ohnehin direkt nach dem 2:3 säuerlich gesagt, es sei ihm ziemlich egal, ob am Samstag nun fünf oder zehn Zuschauer oder ein paar Vips in die Olympiahalle kommen: "Mir geht es nur ums Gewinnen."

Die Stimmung war dann gar nicht so schlecht, trotz des leeren Oberranges, und Kronthalers Donnerwetter an die Spieler ("Eine Frechheit", "Trainingsweltmeister") wirkte offenbar auch noch nach. Denn die Alpenvolleys gewannen das Finale der Best-of-three-Serie mit 3:1 (20:25, 25:19, 25:16, 25:16) und beendeten damit Herrschings Saison, aber erst, nachdem sie den ersten Satz mit zitternden Händen an den Außenseiter abgegeben hatten. "Es ist völlig wurst, was wir heute für eine Atmosphäre hatten", sagte Kronthaler später am Abend, er war sehr erleichtert - und stolz auf seinen Sohn: "Niklas hat heute den Verein gerettet, weil er die Annahme stabilisiert hat." Und so stand weder der im Angriff und Aufschlag überragende Pawel Halaba im Mittelpunkt, auch wenn er es genauso verdient gehabt hätte, noch Kapitän und MVP Douglas da Silva, sondern ein 24-jähriger österreichischer Nationalspieler, der die Saison über wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls kaum gespielt hatte. Kronthaler junior bekam viel Lob nach dem Spiel, die doch recht zahlreichen Gäste prosteten ihm im Vip-Saal zu, seine Kumpels nahmen ihn hoch wegen der Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde.

Aber Kronthaler hatte eben trotz seiner mangelnden Spielpraxis Verantwortung übernommen, als er im ersten Satz für den wieder enttäuschenden Schlüsselspieler Hugo da Silva ins Spiel kam. "Ich habe versucht, so viel positive Energie wie möglich ins Spiel zu bringen", sagte Kronthaler. Mit ihm kam die Wende gegen die Herrschinger, die mit ihrem großen Einsatz anfangs an ihre Leistung vom Donnerstag angeknüpft hatten - obwohl sie neben Nicholas West und Humberto Machacon auch auf den am Knie lädierten Tim Peter verzichten mussten, der am Samstag nur kurz zum Einsatz kam und bald merkte, dass er dem Team diesmal nicht helfen kann.

Kronthaler, den schon seit Jahren diverse Malaisen plagen, half den Alpenvolleys umso mehr. Er freut sich nun auf das erste Halbfinalspiel am Mittwoch in Innsbruck gegen Berlin oder Düren (bei Redaktionsschluss nicht beendet). Womöglich gibt ihm sein Trainer Stefan Chrtiansky dann die nächste Chance, falls Hugo seine Form nicht wieder findet. Einen Bonus als Managersohn sieht zumindest Kronthaler senior nicht: "Für ihn ist das manchmal nicht so einfach, in dieser Rolle zu sein. Aber er wird weder bevorzugt noch benachteiligt, weil er mein Sohn ist." Eines ist aber schon ausgemacht: Nach der Sportkarriere soll der Wirtschaftswissenschaften-Student ins Familienunternehmen einsteigen.

Die Herrschinger sind am Samstag hingegen aus ihrer Saison ausgestiegen, mit erhobenen Köpfen nach einer starken Viertelfinal-Serie. "Ich bin mit der Gesamt-Performance sehr zufrieden", sagte ihr Trainer Max Hauser, das letzte Quäntchen habe am Ende gefehlt. Die Tille-Brüder, Artem Sushko und Tim Peter bleiben wohl schon mal, das Gesicht der Mannschaft wird sich dennoch verändern. "Ich wünsche mir mehr Durchschlagskraft im Angriff", sagte Hauser noch. Daran waren seine Spieler auch in Innsbruck gescheitert.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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