Englische Woche im Fußball:Rangeleien und ein frecher Hund

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Bayernligisten aus München und der Region überstehen bis auf Dachau 1865 den Spieltag unbeschadet

Von Stefan Galler und Christoph Leischwitz

Die übelsten Gewitter tobten am Mittwochabend über dem Norden des Freistaates, weshalb es in der Nord-Staffel der Fußball-Bayernliga zu einigen Unterbrechungen und beim Spiel Frohnlach gegen Seligenporten sogar zu einem Abbruch kam. Der Süden blieb weitgehend unbehelligt - und das gilt auch für die Teams aus der Region München. Lediglich Dachau 65 musste am zweiten Spieltag eine Niederlage einstecken.

Präsident und Wetterprophet

"Naa, des regnet ned", hatte Konrad Höß anderthalb Stunden vor dem Anpfiff der Partie gegen die DJK Vilzing gesagt. Eine gewagte These angesichts der von Süden nahenden Gewitterfront. Doch der Platzwart und Präsident des FC Pipinsried sollte Recht behalten, abgesehen von ein paar Tropfen um die 75. Minute blieb es trocken. Nach dem 1:1 zum Heimauftakt formten sich dann aber ein paar dunkle Wolken über dem Kopf des Chefs: "Des war nix. Der Ömer vorne war harmlos, und der Denny auch nicht so besonders. Da muss ich nochmal mit ihnen reden, Taktik und so."

Ömer, das ist der Ex-Profi und neue Pipinsrieder Spielertrainer Ömer Kanca, der sich selbst am Dienstag kurzfristig im Sturm aufstellen musste, weil Serge Yohoua aus beruflichen Gründen ausgefallen war. Eigentlich spielt Kancar lieber hinter den Spitzen. Und Denny ist der ehemalige Profi Denny Herzig, der unter anderem für Dynamo Dresden, in Island und in England gespielt hat. Jetzt durchläuft er in Dachau eine Polizei-Ausbildung - und kickt im Hinterland. Beide hatten so ihre Schwierigkeiten. Kanca fand trotz technischer Finessen zu selten den Torabschluss. Der 30-jährige Innenverteidiger Herzig hatte wie seine Kollegen in der Viererkette reichlich Probleme mit dem Pressing der Gäste, oft wussten sich die FCP-Verteidiger nur mit Befreiungsschlägen zu helfen.

Zwei Torschützen und ein Vorbereiter: Garchings Daniel Steinacher trifft zum 3:1. (Foto: Claus Schunk)

Erst nach der Pause spielte der Gastgeber phasenweise überlegen und kam zur Führung: Manuel Eisgruber traf nach einem schnell ausgeführten Freistoß und guter Kombination über die rechte Seite (50.). Der durchaus verdiente Ausgleich fiel nach einem Standard, was Höß und Kanca gleichermaßen erregte - so war auch schon in Kottern das Gegentor gefallen. Nach einem Pfostenschuss staubte Daniel Völkl zum 1:1 ab (62.), der neue Pipinsrieder Keeper Kevin Maschke war machtlos. Ihm attestierte Kanca hernach aber eine gute Leistung, Maschke und Georgios Blantis könnten sich noch eine Weile um den Stammplatz duellieren.

Pipinsried ist noch recht weit entfernt vom Fußball der Vorsaison, als das Team um den Aufstieg mitspielte. Gegen Vilzing standen allein fünf neue Spieler in der Startelf. "Wir sind noch nicht eingespielt", begründete Kanca daher die Leistung. "Ich habe auch erst drei, vier Trainingseinheiten mitgemacht", erklärte zum Beispiel Herzig. Das Pipinsrieder Problem ist, dass die Mannschaft traditionell nur zweimalpro Woche trainiert. Nur deshalb finden viele ehemalige Profis und große Talente, die sich gegen den Berufsfußball entschieden haben, überhaupt ins Dachauer Hinterland. Es könnte also etwas länger dauern, ehe das Team in Tritt kommt. Oder auch nicht: Zumindest gegen Vilzing war in Sachen Kombinationsfußball schon in der zweiten Halbzeit eine deutliche Steigerung zu erkennen gewesen.

Manuel Eisgruber erzielt Pipinsrieds einzigen Treffer. (Foto: Toni Heigl)

Alles klar vor der Pause

Der neue Trainer des SV Heimstetten ist sehr bemüht, die Euphorie zu bremsen: "Wir müssen auf dem Boden bleiben", sagte Heiko Baumgärtner also nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel der neuen Saison. Nach dem Abstieg des Sportvereins aus der Regionalliga hat sich die Mannschaft schnell stabilisiert, beim 4:0 (3:0)-Erfolg gegen die SpVgg Hankofen-Hailing überzeugte Heimstetten vor allem in der ersten Halbzeit. "Das war richtig stark", gab Baumgärtner dann doch zu, "nach der Pause konnten wir schon etwas unsere Kräfte schonen für den Samstag." Zugang Özgür Sütlü brachte die Gastgeber nach Pass von Maximilian Hintermeier schon in der fünften Minute in Führung, Valentin de la Motte erhöhte per Kopf (20.) und Sebastiano Nappo traf auf Zuspiel von Sütlü praktisch zur Vorentscheidung (43.). In der zweiten Halbzeit ließ es die Baumgärter-Elf ruhiger angehen, kurz vor Schluss stellte Clemens Kubina mit einem Kopfball nach einer Ecke den 4:0-Endstand her.

Frech und treffsicher

Mit großen Lobeshymnen hält sich Frank Schmöller, Trainer des SV Pullach, grundsätzlich zurück. Alleine schon, um bei den Gerühmten keine Höhenflüge zu provozieren. Also hält er sich bei seinem Zwischenzeugnis für Zugang Tim Sulmer, 18, ausgebildet für Sechzig, Unterhaching und zuletzt für die U19 von Greuther Fürth am Ball, entsprechend zurück: "Ein frecher Hund, aber er muss sich erst noch an den Herrenfußball gewöhnen", sagte der ehemalige Profi nach der durchaus überzeugenden Leistung des Youngsters beim 4:0 (1:0)-Erfolg im ersten Saisonheimspiel der Isartaler gegen Aufsteiger SpVgg Ruhmannsfelden. Schnell sei er, der Offensivallrounder, auch abschlussstark. "Aber ein bisschen Sandförmchenspielen ist immer noch dabei." Per Flugkopfball nach Flanke von Maxi Schuster eröffnete Sulmer den Torreigen in der 27. Minute. Die rustikalen Gäste blieben weitgehend ohne Torchance, dennoch dauerte es bis zur 60. Minute, ehe die Vorentscheidung fiel: Bernd Häfele (57.) und abermals Sulmer nach Pass von Andreas Roth (58.) machten per Doppelschlag alles klar, ehe Häfele aus 16 Metern zum 4:0 vollstreckte (72.). "Auch wenn der Gegner kein richtiger Prüfstein war, bin ich sehr zufrieden", resümierte Schmöller.

Und Maximilian Hintermaier legt Heimstettens 1:0 auf. (Foto: Claus Schunk)

Befreiendes Führungstor

"Diesmal haben wir das gemacht, was wir machen wollten", sagte Daniel Weber, mit einer deutlichen Betonung auf dem zweiten "wir". Denn nachdem sich Regionalliga-Absteiger VfR Garching zum Auftakt in Dachau mit 0:3 den Schneid abkaufen ließ, drehte die Weber-Truppe diesmal den Spieß um: Aggressives Anlaufen des Gegners, viel Druck auf das Tor des TSV Bogen - am Schluss stand ein deutlicher 4:1-Sieg. "In der Höhe so verdient wie bei der Niederlage zu Beginn", fand Weber. Die Sache hatte nur einen Schönheitsfehler: Zu Beginn hatten die Garchinger mehrere gute Chancen vergeben und wären dann beinahe in Rückstand geraten. "Der Elfmeter kam aus dem Nichts", befand Weber, doch Bogens Schütze Walter Müller nutzte die Chance nicht und drosch den Ball über das Tor. (17.). Wenig später traf Gerrit Arzberger dann doch zur Führung (20.), der erste Garchinger Saisontreffer wirkte befreiend aufs Team. So ließ man sich auch vom kurzzeitigen Ausgleich durch Bastian Albrecht (30.) nicht aus der Ruhe bringen, Daniel Steinacher (40.) und erneut Arzberger (44.) trafen noch vor der Pause. Danach agierte Garching überlegen, kam aber nur noch zu einem Elfmetertor durch Kapitän Dennis Niebauer (55.), "dann war Ruhe im Karton", fand Weber. Er hofft, dass seine Mannschaft jetzt wieder die "Lust zum Toreschießen und zum Siegen" wiedergefunden hat.

Fatale Umstellungen

Im Gegensatz zu den Garchingern konnte der TSV Dachau 1865 überhaupt nicht an die Leistung des ersten Spieltages anknüpfen, Trainer Marcel Richter fand sogar, davon sei man "meilenweit entfernt" gewesen. Und so sei das 0:1 beim TSV Schwabmünchen ein gerechtes Ergebnis, auch wenn das Gegentor durch Daniel Raffler unglücklich unmittelbar vor dem Pausenpfiff fiel, und Uwe Wolf in der zweiten Halbzeit zweimal alleine mit dem Ball auf den gegnerischen Keeper zulief und scheiterte. "Es lag wohl auch ein bisschen daran, dass wir umstellen mussten", so Richter. Julian Maurer fehlte berufsbedingt, Fabian Negele ist verletzt. Die gute Nachricht: Der offensive Mittelfeldspieler hat sich keinen Kreuzbandriss zugezogen, sondern nur eine Dehnung und könnte laut Richter in zwei Wochen wieder einsatzbereit sein.

Grantelnder Trainer

Zweites Spiel, erster Punkt für den BCF Wolfratshausen. Doch das 2:2 (0:1) im Heimspiel gegen den TSV Landsberg führte keineswegs zu kollektiver Ekstase. "Ein verschenktes Spiel", grantelte Trainer Reiner Leitl hernach und schloss in seine Kritik sowohl die Offensive als auch die Defensive ein: Hinten hätten seine Spieler ein ums andere Mal bei den Standards nicht sauber geklärt. Vorne sei vor allem Jona Lehr nicht effektiv genug gewesen. Stellvertretend kann man dessen Chance in der Schlussphase nennen, als er mutterseelenalleine aufs Landsberger Gehäuse zusteuerte, den Kasten jedoch verfehlte. Zuvor hatte Lehr beim 1:1-Ausgleich den Assist für den Torschützen Marco Höferth geleistet (52.), nachdem die Gäste bereits in der elften Minute durch Philipp Siegwart in Führung gegangen waren. Der BCF hatte zu Beginn der zweiten Halbzeit alles im Griff, Sebastian Pummer gelang nach einem Höferth-Einwurf der 2:1-Führungstreffer (56.). Doch dann pennten die Farcheter bei einem Freistoß, sehr zur Freude von Peter Knechtel, der sich mit dem Kopfballtreffer zum 2:2-Endstand bedankte.

Aufregung nach dem Schlusspfiff

Nach dem Spiel ging es erst so richtig hoch her: Funktionäre und Ordner des SV Erlbach beschimpften die Kicker des FC Unterföhring massiv, es kam zu Rangeleien, und plötzlich hielt Schiedsrichter Jürgen Steckermeier dem Föhringer Offensivmann Andreas Faber die rote Karte unter die Nase. "So weit ich mitbekommen habe, hat der Andi die Leute nur aufgefordert, endlich ruhig zu sein", sagte Bernd Mayer, Technischer Leiter beim FCU, der sich über die Aggressivität der Erlbacher wunderte: "Die konnten doch froh sein, dass das Spiel 2:2 ausgegangen ist." Zur Pause nämlich hatte es nach Treffern von Atilla Arkadas (2.) und Faber (15.) frühzeitig 2:0 für den FCU gestanden. Doch die Gäste brachten den Vorsprung nicht über die Zeit, Sebastian Leitmeier verkürzte zunächst (57.) und glich in der Nachspielzeit mit einem umstrittenen Foulelfmeter aus.

© SZ vom 24.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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