Eishockey:Vorwärts-Verteidigung

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Entscheidender Mann: Yannic Seidenberg, links im Zweikampf mit Augsburgs T.J. Trevelyan, traf zum 3:1-Zwischenstand für München - das erste Siegtor der Saison für den EHC. (Foto: Action Pictures/imago)

Der EHC München setzt sich gegen die Augsburger Panther zum Saisonauftakt knapp, aber verdient mit 3:2 Toren durch, zwei Treffer erzielen Abwehrspieler. Am Mittwoch wartet Straubing.

Von Johannes Schnitzler, München

Köln gegen Düsseldorf, das war am vergangenen Donnerstag die Paarung zum Saisonauftakt der Deutschen Eishockey Liga (DEL), die - oft erwähnt - eine ganz und gar besondere werden wird: kürzer, in zwei regionale Gruppen geteilt, Ende offen. Köln gegen Düsseldorf, das ist so etwas wie das Kondensat deutscher Eishockey-Rivalität. Nicht weit dahinter rangiert dann aber schon das Nachbarschaftsduell München gegen Augsburg. "Wenn du nach Augsburg kommst, und 6000 Leute pfeifen dich aus, dann brauchst du keine weitere Motivation, das stachelt dich an", sagte Münchens Kapitän Patrick Hager vor dem ersten Saisonspiel des EHC Red Bull gegen die Augsburger Panther. Nun waren am Sonntag freilich keine 6000 Menschen im Augsburger Curt-Frenzel-Stadion, um den EHC auszupfeifen, weil die Partie erstens in München stattfand und zweitens aus bekannten Gründen weder hier noch dort Zuschauer zugelassen waren. Bis auf diesen Umstand bemühten sich die Gastgeber aber, so viel Derbystimmung wie möglich in die alte Olympia-Eishalle zu zaubern. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn begann die Intro-Show, live übers Internet. Stadionsprecher Stefan Schneider war da, AC/DC auch (zumindest über Lautsprecher), alles wie immer. Nur halt kein Publikum. Und das verpasste etwas: Knapper als erwartet setzte sich München 3:2 (2:1, 1:1, 0:0) durch.

Trevor Parkes, im Vorbereitungsturnier ohne einen einzigen Treffer, erzielt das erste München Saisontor

Es dauerte gerade einmal 3:34 Minuten bis zum ersten Münchner Saisontor: Der ehemalige Augsburger Trevor Parkes fälschte einen Schlagschuss von Chris Bourque unhaltbar für AEV-Torhüter Olivier Roy zum 1:0 ab. Ausgerechnet Parkes, könnte man anfügen, der im Magentasport Cup in acht Spielen auf dem Weg zum Turniersieg nicht ein einziges Mal getroffen hatte. Die insgesamt 17 Vorbereitungsspiele, die München zum Einspielen hatte, schienen sich früh auszuzahlen. Augsburg, das nicht am Magenta Cup teilgenommen und gerade einmal vier Testspiele absolviert hat, wirkte in der Defensive noch unsortiert. Panther-Trainer Tray Tuomie, der zu Saisonbeginn nur auf fünf Kontingentspieler zurückgreifen kann (elf wären erlaubt), hatte offenkundig angeordnet, den Puck so schnell wie möglich aus der defensiven Zone zu befördern, nach vorne würde sich dann schon etwas ergeben. Genau so fiel der Ausgleich: Maximilian Eisenmenger, 22, einer der vielen jungen Spieler, erlief einen langen Chip-Pass von Marco Sternheimer, auch erst 22, und erwischte EHC-Goalie Daniel Fießinger zwischen den Schonern (7. Minute). "Die Jungen haben jetzt ihre Chance", sagte Tuomie nach dem Spiel. "Sie müssen jeden Tag an ihrem Spiel arbeiten. Aber sie werden diese Chance bekommen." München blieb aber das Team mit den zwingenderen Offensivaktionen. Der aufgerückte Verteidiger Zach Redmond traf auf Vorlage von Frank Mauer zum 2:1 (15.). Der EHC ging mit dieser knappen Führung in die erste Drittelpause.

Augsburgs erzielt zwölf Sekunden vor der Pause den Anschlusstreffer

Mit zunehmender Spieldauer gelang es den Gästen besser, ihre Angriffe kontrolliert aufzubauen, und so entwickelte sich ein flottes Spiel ohne große Unterbrechungen, das an Derby-Intensität gewann. Im Powerplay brachte München, das den Titel ja so gerne den Adlern Mannheim wieder entreißen möchte, zwar nichts Zählbares zuwege. Aber wenn Großchancen ausbleiben, muss man eben die sogenannten dreckigen Tore aufsammeln: Kaum war Augsburgs Zugang Wade Bergman zurück von der Strafbank, staubte Yannic Seidenberg zum 3:1 für den EHC ab (33.). Das zweite Münchner Verteidiger-Tor an diesem Nachmittag.

Das Team von Don Jackson kontrollierte das Spiel nun, attackierte die Panther früher in deren Zone, die Zahl der Tormöglichkeiten erhöhte sich. Zugang Kalle Kossila, Leihgabe von den Toronto Marlies aus der American Hockey League, traf bei seinem DEL-Debüt aber nur den Pfosten. Augsburg kam nun wieder seltener vor das Münchner Tor. Einmal aber schafften sie es doch noch: Jaroslav Hafenrichter drang über den rechten Flügel ins Münchner Drittel ein, legte quer zu Thomas Holzmann, doch der Puck fand alleine den Weg über die Linie, und es stand zwölf Sekunden vor der zweiten Pause nur noch 3:2. "Dieses Tor hat uns die Arbeit sehr schwer gemacht", sagte EHC-Coach Jackson. Denn es war auch ein Tor, das noch einmal Augsburger Emotionen freilegte. "Die Münchner kacken sich wieder vor uns ein, wie immer", stichelte AEV-Verteidiger Henry Haase am Magenta-Mikro.

Fießinger pariert gegen LeBlanc und rettet den Münchner Sieg

Eine mutige Prognose. Jedenfalls musste Olivier Roy zu Beginn des Schlussabschnitts sein Team gleich mehrmals vor dem 2:4 bewahren, stand später Redmond im Weg (55.), und parierte abermals gegen Kossila. Gegen Philip Gogulla half ihm der Pfosten (46.). Aber Augsburg kam tatsächlich noch mal, griff früh an, und auch Daniel Fießinger bekam mehr und mehr zu tun. Die größte Chance zum Ausgleich hatte Drew LeBlanc (53.). Doch der Münchner Schlussmann rettete seinem Team den ersten Saisonsieg. "Fießinger war sehr stark", lobte Jackson.

Yannic Seidenberg, Schütze des ersten Game-winning-goals der Saison, verteidigte auch verbal nach vorne: "In den ersten zwei Dritteln haben wir sehr gut gespielt. Dann haben wir zwei unnötige Gegentore bekommen, aber am Ende verdient gewonnen." Die Freude darüber war groß, noch größer aber die Erleichterung, dass die Saison doch noch, trotz Lockdown, endlich begonnen hat: "Jetzt, wo das ganze Land dicht macht, legen wir los", sagte Seidenberg. Am Mittwoch geht es weiter mit dem nächsten Derby, in Straubing.

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