Eishockey:Adler im Anflug

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Um Ben Smith (links) wird sich Münchens Verteidiger Zach Redmond künftig wohl nicht mehr kümmern müssen - oder zumindest anders als bisher. Vermutlich spielen sie bald im selben Team. (Foto: Markus Fischer/imago images/Passion2Press)

Mannheims Kapitän Ben Smith schließt sich offenbar dem EHC Red Bull München an. Eine Bestätigung des Transfers steht noch aus.

Von Christian Bernhard, München

Die Adler Mannheim versuchten erst gar nicht, ihre Enttäuschung zu verbergen. Die Entscheidung "hat uns schwer getroffen", sagte Mannheims Sportmanager Jan-Axel Alavaara, "wir müssen sie aber akzeptieren". Ausgelöst hatte das Mannheimer Unbehagen der Entschluss ihres Kapitäns Ben Smith, die Adler nach drei Jahren zu verlassen, obwohl sie ihm ein erneutes Vertragsangebot unterbreitet hatten. Mannheim zu verlassen sei für seine Familie und ihn eine sehr schwierige Entscheidung gewesen, teilte der 32-jährige Angreifer mit, Mannheim habe "einen besonderen Platz in unseren Herzen".

Was den Schmerz der Adler noch weiter vergrößern dürfte, ist Smith' zukünftiger Arbeitgeber. Laut SZ-Informationen deutet sehr vieles darauf hin, dass der US-Amerikaner in der kommenden Saison das Trikot des EHC Red Bull München tragen wird. Eine Bestätigung dafür von Münchner Klubseite gab es am Freitag noch nicht. Eiszeit FM, ein Mannheimer Eishockey-Podcast, taufte Smith bereits den "Mario Götze des Eishockey" - in Anlehnung an den Wechsel des Fußball-Weltmeisters von 2014 von Dortmund nach München. Mannheim und München genießen im deutschen Eishockey ähnlichen Gigantenstatus wie der FC Bayern und der BVB im Fußball.

Mittelstürmer Smith war Mannheims Führungsfigur, ein "Vorzeigeprofi".

Smith gilt als Führungsspieler par excellence. Der 32-Jährige sei "immer mit gutem Beispiel vorangegangenen, hat das Team vorbildlich geführt und immer im Sinne des Klubs gehandelt. Das alles ist nicht selbstverständlich", sagte Alavaara. Einen Spieler wie Smith zu ersetzen, werde keine leichte Aufgabe, betonte der Adler-Sportmanager. In Smith bekäme der EHC einen ausgewiesenen Angriffs-Allrounder. Der Mittelstürmer ist ein fleißiger und defensiv aufmerksamer Angreifer, der viel Unterzahl spielt und sehr gut am Bullypunkt ist. Seine 27 Scorerpunkte (zwölf Tore) in 33 Hauptrundenspielen der am Freitag zu Ende gegangenen Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zeigen, dass er auch vor dem gegnerischen Tor seine Qualitäten hat. Diese kamen in Mannheim speziell dann zum Tragen, wenn es besonders darauf ankam: in den Playoffs. In 20 Playoff-Spielen sammelte er 20 Scorerpunkte, 2019 war er ein entscheidender Teil der Mannheimer Meistermannschaft, die sich im Endspiel gegen den EHC durchsetzte. Alavaara bezeichnet den Rechtsschützen, ebenfalls eine Besonderheit Smith', als "Vorzeigeprofi". Die Verpflichtung würde Sinn ergeben, da Mark Voakes und Derek Roy - zwei erfahrene Mittelstürmer - in der kommenden Spielzeit nicht mehr für die Münchner spielen werden. Smith wäre eine erste prominente Verstärkung auf der so wichtigen Center-Position.

Die bisherigen Transfers deuten darauf hin, dass der EHC jünger und schneller werden soll

Vor Smith haben die Münchner bereits die Transfers von Frederik Tiffels (Köln) und Austin Ortega (Salzburg) eingetütet. Die zwei Flügelstürmer haben eines gemeinsam: Geschwindigkeit. Ihre Verpflichtungen machen deutlich, dass der neue EHC spritziger und temporeicher werden soll. "Unglaublich schnell" sei Tiffels, sagt Michael Wolf, der auf Schlittschuhen auch zügig unterwegs war, mittlerweile die Münchner Geschicke aber nicht mehr als Kapitän auf dem Eis, sondern als Sportmanager hinter der Bande begleitet. Tiffels bringe sehr viel mit, auch Erfahrung, und sei schon sehr weit. Wolf hofft, dass der 25-Jährige "jetzt nochmal einen anderen Schritt macht". Ortega, 27, war im Juli 2020 noch ein Spieler der Eisbären Berlin, akzeptierte als einziger Spieler des damaligen Eisbären-Kaders aber nicht den Gehaltsverzicht von 25 Prozent, auf den sich alle anderen Spieler aufgrund der Corona-Ungewissheiten mit dem Klub geeinigt hatten, und verließ deshalb die Hauptstadt. Über TPS Turku (Finnland) kam er im Januar zum EC Red Bull Salzburg, nun erfolgte der kosmosinterne Wechsel nach München.

Dort will man nach dem unbefriedigenden Viertelfinal-Aus gegen den ERC Ingolstadt in der kommenden Saison wieder voll angreifen. "Eines kann ich jedem schon mal versichern: Wer München abschreibt, macht einen großen Fehler", betonte Christian Winkler, Red Bulls Eishockey-Direktor, vor kurzem beim virtuellen Saisonabschluss. Die Transfers dieser Tage untermauern seine Worte.

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