EC Bad Tölz:Raue Zahlen

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Der Eishockey-Zweitligist kämpft von Freitag an um den Klassenerhalt. Gegner ist wie 2018 der EHC Freiburg - was zeigt, dass die Löwen auf der Stelle treten.

Von Max Ferstl, Bad Tölz

In Bad Tölz ist gerade eine Tabelle im Umlauf, die nur wenige Fachleute kennen dürften: die "Beattie-Tabelle". Benannt ist sie nach dem Eishockeytrainer Scott Beattie und wird berechnet ab dem Zeitpunkt, als Beattie die Tölzer Löwen übernahm, also ab Mitte Januar. In der Beattie-Tabelle liegen die Löwen auf Platz sieben: 13 Spiele, 20 Punkte, 46:49 Tore. Sie dürfen also an den Pre-Playoffs teilnehmen, und haben noch Chancen, die Playoffs - das Saisonziel - zu erreichen. Alles wäre in Ordnung.

Es gibt allerdings noch eine zweite Tabelle. Diese, die offizielle, wertet die gesamte Saison in der DEL 2 - was sich für die Tölzer nachteilig auswirkt: 52 Spiele, 63 Punkte, 152:196 Tore, Platz zwölf. Die Beattie-Tabelle sieht schicker aus und zeigt, was für Tölz möglich gewesen wäre. Die weniger schöne, die offizielle Tabelle ist dummerweise die, die zählt. Deshalb müssen die Tölzer Löwen von diesem Freitag (19.30 Uhr) an um den Verbleib in der Liga kämpfen, wie im Vorjahr. Es herrscht gewissermaßen Stillstand im Tölzer Eishockey, und wer dafür ein Symbol finden will, muss nur auf den Gegner schauen: Es ist der EHC Freiburg. Wie im Vorjahr.

Damals verloren die Tölzer die Serie knapp im entscheidenden siebten Spiel. Die Rettung gelang erst in der zweiten und finalen Abstiegsrunde gegen Bayreuth (das wegen finanzieller Probleme des SC Riessersee trotzdem in der DEL 2 bleiben durfte). Dieses nervenzehrende Szenario soll sich nicht wiederholen. Was für die Tölzer spricht: Sie haben den Heimvorteil, ein entscheidendes Duell würde im eigenen Stadion stattfinden. Und sie haben drei der vier Vergleiche in der Hauptrunde gewonnen, der jüngste Sieg, ein 7:3, ist erst wenige Tage her, auch wenn die Freiburger bei der Anreise lange im Stau standen und der direkte Vergleich laut Beattie "überhaupt keine Bedeutung hat". Playdowns sind anders. Es geht rauer zu auf dem Eis, jede Aktion hat größere Bedeutung, wenn sich eine ganze Saison in wenigen Partien verdichtet. "Der Druck wird hoch sein", da ist sich Beattie sicher.

Es stehen sich zwei Mannschaften gegenüber, die gezeichnet aus der Hauptrunde hervorgegangen sind. Die Saison verlief für beide Teams ungefähr gleich unbefriedigend. Beide Vereine tauschten im Winter ihre Trainer aus, Beattie löste Markus Berwanger ab, in Freiburg ersetzte Jan Melichar den Kollegen Leos Sulak. Beide Mannschaften haben statistisch signifikante Schwächen: In Tölz wackelt die Defensive (schon 196 Gegentore), beim Gegner klemmt die Offensive (nur 134 Treffer). Unter den 50 punktbesten Spielern der Liga ist nur ein Freiburger, Nikolas Linsenmaier auf Platz 32. Dem EHC fehlen Stürmer von herausragender Qualität. "Freiburg ist eher eine ausgeglichene Mannschaft", findet Beattie. Er rechne mit einer harten Serie, einem Abnutzungskampf.

Helfen dürfte dem Löwen-Trainer, dass der eigene Kader beim ersten Spiel vollzählig sein dürfte. In Tölz hat das durchaus Nachrichtenwert, denn komplett war das Team in dieser Saison selten. Immer wieder fielen Spieler lange aus, und zwar keine Hinterbänkler, wie Geschäftsführer Christian Donbeck klagt, sondern "absolute Stützen". Spieler, die in den ersten Reihen viele Punkte beschaffen sollten.

Am meisten Pech hatte Stürmer Kyle Beach, der sich im Januar so schwer verletzte, dass die Saison beendet war. Zwar wurde in Tyler Gron und Jordan Hickmott fähiger Ersatz verpflichtet, aber der Mannschaft fehlten lange Stabilität und Konstanz. Fehlte vielleicht auch dem Kader die Substanz? "Mei", sagt Donbeck, "im Nachhinein kann man alles analysieren". Aber selbst mit drei oder vier zusätzlichen Kräften wäre der Ausfall so vieler prägender Spieler kaum zu verkraften gewesen. Jetzt sind jedenfalls wieder alle dabei. Er habe während der Woche die Mannschaft beim Training beobachtet, sagt Donbeck, und was er dort sah, habe ihm gefallen. "Wenn wir komplett sind, sieht das richtig gut aus", findet er.

Der im Januar verpflichtete Beattie hat der Mannschaft ein Update verpasst. Er lässt härter trainieren und ein anderes System spielen. Die phasenweise überforderte Defensive wurde entlastet, weil der Fokus mehr auf Offensive liegt. Vor allem, sagt Beattie, "spielen wir aggressiveres Eishockey". Mit messbarem Erfolg. Vier der letzten fünf Spiele wurden gewonnen, das Ergebnis: die Beattie-Tabelle, die der Verein in einem sozialen Netzwerk verbreitete, von der Beattie selbst aber noch nicht gehört haben will. Er beschäftige sich nicht mit Medien, sagt er. Und wenn man ihm glauben darf, gilt dasselbe für seine eigene Zukunft. Sein Vertrag läuft bis zum Ende der Saison. Wie es weitergeht? "Die Frage kann ich nicht beantworten", sagt Beattie. Sämtliche Planungen liegen vorerst "auf Eis", sagt Geschäftsführer Donbeck.

Unstrittig ist, dass Beattie in den sieben Wochen, seit er da ist, einiges erreicht hat: einer zweifelnden Mannschaft Selbstvertrauen gegeben, eine kleine Erfolgsserie gestartet. Und Beattie hat die Tölzer ins Mittelfeld der nach ihm benannten Tabelle geführt, die zwar noch immer nicht zählt, aber die Tölzer auf eine bessere Zukunft hoffen lässt. Übrigens: Die Beattie-Tabelle führt Freiburg auf dem letzten Platz.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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