Drittliga-Fußball:Suche nach Raum und Zeit

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"Wir hätten schon in der ersten Halbzeit einiges kassieren können", wusste Torwart Korbinian Müller. Erst nach der Pause wird er überwunden. (Foto: Oliver Hardt/Getty)

Aufsteiger Unterhaching erkennt beim 0:3 in Bremen zum Saisonauftakt, dass es in der neuen Spielklasse schwer wird.

Wenn ein Fußball-Torwart von allen Seiten Komplimente bekommt, obwohl seine Mannschaft 0:3 (0:0) verloren hat, dann sagt das einiges aus über die Leistung eines Teams. Die SpVgg Unterhaching hat am Samstagnachmittag bei ihrer Rückkehr in die dritte Liga im Saisonauftaktspiel beim SV Werder Bremen II jedenfalls feststellen müssen, dass die Latte in dieser Spielklasse deutlich höher liegt als in der Regionalliga Bayern, die die Rot-Blauen in der Vorsaison praktisch nach Belieben dominiert hatten. "Gerade im Offensivspiel haben wir in der vierten Liga deutlich mehr Räume gehabt, das haben wir heute gemerkt", sagte Trainer Claus Schromm nach dem Spiel und attestierte den Hanseaten einen "hochverdienten Sieg, auch in dieser Höhe".

Wenn etwas Positives hängen bleibt nach diesem verkorksten Auftakt, dann die beruhigende Erkenntnis, dass man trotz des Weggangs von Neuseelands Nationalkeeper Stefan Marinovic zum kanadischen Major-League-Klub Vancouver Whitecaps auf der Torwartposition kein Problem hat: An Korbinian Müller, 26, lag es jedenfalls am allerwenigsten, dass der Aufsteiger nach dem ersten Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz liegt. Vor allem im ersten Durchgang verhinderte er ein ums andere Mal die Führung der Bremer, etwa als Levent Aycicek nach Zuspiel von Thore Jacobsen aus drei Metern zum Abschluss kam und Müller mit einer sensationellen Parade dazwischenging (29.); oder als er einen von Max Dombrowka an Idrissa Touré verursachten Elfmeter von Ole Käuper bravourös abwehrte und auch den - allerdings missglückten - Nachschuss parieren konnte (41.).

Dass es am Ende 0:3 hieß, empfand Korbinian Müller allerdings als "frustrierend", doch auch der Torwart musste die Fakten anerkennen: "Wir hätten schon in der ersten Halbzeit einiges kassieren können. Es war verdient für Bremen, dass sie uns später dann ein paar Dinger reingehauen haben", sagte der Schlussmann. "Wir haben schlecht verteidigt und körperlich nicht dagegengehalten." Vom Chefcoach gab es ein Sonderlob für den früheren Keeper der Stuttgarter Kickers: "Wir können uns bei Korbi bedanken, dass es so lange 0:0 stand. Es ist halt ein bisschen schade für ihn, wenn am Ende nichts hängen bleibt."

Denn zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte Schromm zumindest kurzzeitig das Gefühl, dass sein Team nun besser hineinkommen würde in die Partie, nachdem es nur in den ersten Minuten des ersten Abschnitts wirklich gut ausgesehen hatte. "Da habe ich einen besseren Spielansatz gesehen", so der Coach. Doch es folgte der Nackenschlag in der 51. Minute, als eine Flanke in den Hachinger Strafraum segelte, der eingewechselte Lars Bünning querlegte und Rafael Kazior aus kurzer Distanz abstaubte - 1:0. Für Schromm "in dem Moment ein bisschen aus heiterem Himmel".

Wer weiß, ob Haching nicht etwas Zählbares mitgenommen hätte, wäre Schiedsrichter Florian Heft das Handspiel von Dominic Volkmer im Bremer Strafraum aufgefallen (61.). Doch das war nicht der Fall, und so liefen die Gäste in der Schlussphase zunächst in einen Konter, den Aycicek mit einem herrlichen Schlenzer von der Strafraumgrenze in den rechten Winkel abschloss (81.). Und der 23 Jahre alte Juniorennationalspieler, zuletzt anderthalb Jahre an den TSV 1860 München ausgeliehen, setzte noch ein Glanzlicht: Aus 25 Metern versenkte Aycicek einen direkten Freistoß im Hachinger Netz (88.). "Zwei absolute Traumtore", sagte Schromm, der es "gar nicht so schlimm" findet, dass sein Team nach dem ersten Spieltag Tabellenletzter ist. "Je klarer so ein Ergebnis ist, um so deutlicher der Handlungsbedarf."

Und der besteht nach dieser Niederlage, das macht der Fußballlehrer unmissverständlich klar: "Wir wissen jetzt, dass der Hase in Liga drei anders läuft. Wir müssen uns schnell akklimatisieren, vermutlich wird es aber ein paar Wochen dauern, bis wir uns an die veränderten Räume und das höhere Tempo gewöhnt haben." Schromm hat die Erstanalyse des Spiels schon auf der Rückfahrt mit seinem Trainerteam angepackt, nun gilt es, den Spielern alle Erkenntnisse zu vermitteln. Denn schon am Freitag (19 Uhr) geht es mit dem ersten Heimspiel gegen den Zweitligaabsteiger Karlsruher SC weiter. Eines stehe aber weiterhin fest: "Wir hatten nie Zweifel daran, dass wir in dieser Liga bestehen können. Und das hat sich auch nicht geändert."

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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