Derbyheld:Stur und cool

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Fingerzeig: Marin Pongracic will sich für die Profis empfehlen. (Foto: imago/Philippe Ruiz)

Sechzigs Marin Pongracic, 19, zeigt im Spiel gegen die Bayern ungeahnte Qualitäten als Torschütze und kann sich empfehlen.

Von Christoph Leischwitz, München

Für einen 19-Jährigen ist das alles noch ungewohnt: Mit dem Bus zum Stadion gefahren werden, die Freunde schreiben noch Nachrichten und wünschen viel Glück. "Und das Ganze kommt dann auch noch im Fernsehen. Ich war schon ziemlich nervös vor dem Spiel", gibt Marin Pongracic zu. Noch nie hat der Verteidiger des TSV 1860 München II vor so vielen Menschen gespielt wie am Sonntag im Regionalliga-Derby. Doch dann legte er die Nervosität als einer der ersten ab. Und hat sich mit seinem frühen Tor zum 1:0 in der 11. Minute ein bisschen selbst überrascht. Seine Freunde hätten noch gesagt, schieß doch mal das Siegtor, "ich habe gesagt, nein, keine Chance. Ich schieße nie Tore". Eigentlich wollte er es auch diesmal nicht schießen, als er mit vollem Tempo in den gegnerischen Strafraum stürmte, er wollte eigentlich querlegen - doch niemand war schnell genug gewesen, um mitzulaufen. Dann schoss er dem Bayern-Torwart Leo Weinkauf den Ball einfach durch die Beine.

Pongracic war im vergangenen Sommer am vorletzten Tag der Transferperiode vom FC Ingolstadt nach München gekommen. Er hatte also schon einige Partien verpasst, war dann aber schnell zum Stammspieler geworden. Bis 2013 hatte er in der Jugend des FC Bayern gespielt, im Derby trug er gegen ein paar alte Freunde deutlich mehr zum Sieg bei als nur das Führungstor. "Er hatte diese provokante Überzeugung, so kann man das wohl nennen. Er hat von seiner Körpersprache her gezeigt: Da kann kommen wer will, den mach ich platt", sagte Trainer Daniel Bierofka - der betonte, seine Spieler hätten sich diesbezüglich gegenseitig angesteckt. Doch der 1,89 Meter große Kroate hatte schon besonders auffällig gespielt im Abwehrzentrum, und ebenso im Mittelfeld mit kräftigen Antritten und harten Zweikämpfen.

In seinen zwei Jahren in Ingolstadt war Pongracic dem Profi-Kader schon recht nahe gekommen, jetzt hofft er, Sechzigs Cheftrainer Vitor Pereira beeindruckt zu haben, der im Grünwalder Stadion auf der Tribüne saß. Einmal durfte er bereits bei den Profis mittrainieren. Der Zweitligakader ist aktuell recht groß, Bedarf hat Pereira gerade auf der Innenverteidiger-Position aktuell nicht. Doch seinen Namen dürfte der Portugiese nun schon abgespeichert haben.

Sein aktueller Trainer kennt auch noch ein paar Schwachstellen. Bierofka mag es zum Beispiel nicht, wenn Pongracic im Strafraum zu eigensinnig agiert. "Wenn der anfängt zu dribbeln, kriege ich einen Herzinfarkt", sagt Bierofka, auch diesmal sei es einmal fast soweit gewesen. Komischerweise findet Pongracic, dass genau das seine Stärke ist: "Ich dribble gerne von hinten heraus", sagte er mit schüchternem Lächeln. "Das treibe ich ihm noch aus", sagte Bierofka trocken. Zumindest im Derby hat die selbstbewusste Sturheit aber eher geholfen als geschadet.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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