Derby SV Heimstetten - FC Bayern II:Eine Frage der Qualität

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Tja, ganz gut, oder? Kwasi Okyere Wriedt (Mitte) erzielte zwei Tore beim ungefährdeten Erfolg des FC Bayern II in Heimstetten. (Foto: Sven Leifer/imago)

Der SV Heimstetten ist für die Offensive des FC Bayern II der ideale Gegner: Fehler einzelner Spieler bescheren dem Tabellenführer ein 4:0. SV-Coach Schmitt kündigt personelle Konsequenzen an.

Von Christoph Leischwitz, Kirchheim

Als Spieler des FC Bayern München ist man es ja durchaus gewohnt, nach dem Spiel für Selfies zu grinsen oder Autogramme schreiben zu müssen. Als Spieler des FC Bayern II kommt das hingegen deutlich seltener vor. Als aber Kwasi Wriedt am Freitagabend das Spielfeld des SV Heimstetten in Richtung Kabine verließ, wartete eine Gruppe kleiner Jungs auf ihn, einer sagte mit leuchtenden Augen: "Hey, ich komme auch aus Lüneburg!" Sein Trikot, sagte Wriedt, der aus Norddeutschland stammt, dürfe er ihm leider nicht schenken, das sei ihm erst am Ende der Saison erlaubt.

Bis dahin ist allerdings die Frage, wie viele Anhänger dann Wriedts Trikot haben wollen, wenn es so weitergeht. Im Derby gegen den SV Heimstetten traf der 24-jährige Angreifer gleich zweimal, er erzielte das 1:0 und den 4:0-Endstand (73.). "Er ist total gefährlich, nutzt die Chancen und bringt seine Mitspieler in Szene", schwärmt Trainer Holger Seitz. Da müsse man lügen, wenn man sage, er hätte sich nicht schon etwas mehr Aufmerksamkeit erspielt als andere. Dann merkte der U23-Coach noch an: "Für den Moment müssen wir wirklich zufrieden sein." Er meinte damit: Dass Wriedt überhaupt für die zweite Mannschaft des FC Bayern spielt.

Bis zum ersten Tor hatte der Außenseiter SV Heimstetten gut mitgespielt und wenig zugelassen. Doch dann geschahen zwei Dinge, die für beide Mannschaften typisch sind: Die Gastgeber begingen einen fatalen, individuellen Fehler - und Wriedt nutzte, wie auch schon eine Woche zuvor beim 3:0 gegen den FC Memmingen, diesen ersten Fehler sofort zum Tor. Nachdem Rene Schäffer den Ball verloren hatte, schoss Wriedt aus der Distanz über Keeper Maximilian Riedmüller hinweg souverän ins Netz (23.). "Da steckt schon eine Idee dahinter, dass wir den Ball auf diese Art gewinnen", sagt Seitz über das aggressive Zweikampfverhalten seiner Spieler. Er gab sich höchst zufrieden und gab zu verstehen, dass seinem Team in der Regionalliga wenig passieren könne, wenn sie weiter mit dieser Mentalität zu Werke gehe. Die überraschende Niederlage zwei Wochen zuvor bei 1860 Rosenheim, glaubt Wriedt, habe die Sinne noch mal geschärft. "Es tut vielleicht ganz gut, wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen und nicht zu denken: Es läuft einfach so." Mittlerweile könne man sicher sagen, dass es sich dabei nur um "einen Ausrutscher" gehandelt habe.

Wriedt war dann auch noch am 2:0 durch Meritan Shabani beteiligt (25.), der ebenfalls eifrige Wooyeong Jeong entschied die Partie bereits in der 36. Minute.

Am Freitagabend gewann Wriedt zudem das direkte Duell der beiden Führenden der Torjägerliste. Mit seinen nunmehr elf Toren steht er jetzt drei Treffer vor Orhan Akkurt, der bei seiner einzigen Chance gegen Bayern II an einer Hereingabe vorbei rutschte (82.). Darüber hinaus gelang selbst dem Freistoß-Spezialisten Lukas Riglewski aus bester Schussposition kein Tor, er traf in der 71. Minute nur die Latte.

Christoph Schmitt stellte eine direkte Verbindung zwischen Akkurts aktueller Form und der Tatsache her, dass die Mannschaft nun schon seit sieben Partien nicht mehr gewonnen hat. "Wir hatten in den ersten Spielen einen Stürmer, der fit war", sagte Heimstettens Trainer nach dem Spiel. Nach einem Urlaub und einer kurzen Erkrankung sei er das zurzeit eben nicht. "Wir sind abhängig von Orhan, und wenn er nicht zu 100 Prozent funktioniert, tun wir uns schwer." Doch der Routinier war nicht der Einzige, den der Trainer kritisierte. Schäffer, der das 0:1 verschuldet hatte, wurde zur Pause ausgewechselt. "Wenn jemand so wackelt, macht es wenig Sinn, ihn weiterspielen zu lassen", sagte Schmitt.

Dabei gab er dem Linksverteidiger gar nicht die alleinige Schuld, überhaupt hätte man auch noch auf "ein, zwei weiteren Positionen" andere Spieler bringen können. Beim Gegentor habe Schäffer mit seinem schwachen Fuß einen schlechten Pass gespielt, klar, doch so weit hätte es nach Schmitts Meinung in dieser Situation auch gar nicht erst kommen müssen. Das Problem der individuellen Fehler bestehe genau genommen schon seit einem Jahr, sagt der Coach. In der Bayernliga habe das nur niemanden interessiert, "weil wir vorne genug Tore geschossen haben." Man habe das immer wieder angesprochen. "Und wenn du ein Vierteljahr dastehst und immer noch die gleichen Fehler machst, dann ist das irgendwann auch eine Qualitätsfrage." Da müsse man sich mittlerweile "schon auch Gedanken machen". Taktischer oder personeller Natur? "Beides", sagt Schmitt. Die Entscheidung, durch wen er eventuelle Schwachstellen ersetzen will, dürfte aber nicht leicht fallen: In allen Mannschaftsteilen sind wichtige Spieler verletzt, Mittelfeldspieler Fabio Sabbagh ist allerdings nach seiner dritten Sperre für die Partie beim FC Ingolstadt II am kommenden Samstag wieder spielberechtigt.

Die U23 der Bayern kann sich am kommenden Wochenende ausruhen. Sie stellt mehrere Spieler, darunter Wriedt, für Nationalmannschaften ab, und wird trotzdem sicher Tabellenführer bleiben. Ausruhen ist aber ein Wort, dass in Seitz' Wortschatz nicht vorkommt, "wir werden da jetzt nicht weniger machen oder durchschnaufen", sagt er. Seine Mannschaft spielt deshalb am Freitag ein Testspiel gegen den Champions-League-Teilnehmer Viktoria Pilsen. Es gehe ja darum, sich weiter zu verbessern, und nicht auf Erfolgen auszuruhen.

© SZ vom 08.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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