Derby in der Südwest-Staffel:Bisschen mehr Wollen

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Ruhig geblieben: Auch nach dem frühen 0:1 wirken die Gäste aus Wolfratshausen (re. Kai Kleinert gegen Olchings Roman Fuchs) zielstrebiger. (Foto: Günther Reger)

Trotz frühen Rückstands erobert Wolfratshausen beim SC Olching seinen ersten Sieg nach der Winterpause. Die Gastgeber haben im Niemandsland der Tabelle Motivationsprobleme.

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Das hat es lange nicht gegeben: Die Fußballer des BCF Wolfratshausen kommen aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus. Gerade rennen die Ersatzspieler wieder auf den Rasen und fallen dem Torschützen Jona Lehr um den Hals, der soeben, sieben Minuten nach der Pause, das 3:1 im Landesligaduell beim SC Olching erzielt hat. 15 Meter hinter der Mittellinie hat der BCF-Kapitän zum Alleingang angesetzt, den Olchinger Verteidiger Endar Dag spielend überlaufen und ins entfernte Eck getroffen. Kerem Tokdemir erhöhte eine Viertelstunde vor Schluss sogar noch zum 4:1-Endstand für Wolfratshausen.

Der Sieg verschafft dem BCF etwas Luft im Abstiegskampf, doch der Bayernliga-Absteiger liegt immer noch auf dem Relegationsplatz 15 und ist längst noch nicht gerettet. Der SC Olching, als Fünfter im Niemandsland der Tabelle angekommen, lässt die Saison offenbar motivationslos ausklingen. Jedenfalls sieht das der scheidende Trainer Dario Casola so.

"Ich bin gerade sehr enttäuscht von meiner Mannschaft", erklärt Olchings scheidender Coach

Casola, dem im Sommer Simon Kaltenbach vom Bezirksligisten SV Aubing als SCO-Trainer nachfolgt, hatte sofort nach dem Schlusspfiff verärgert den Platz verlassen und musste im Gang zur Umkleidekabine aufgespürt werden. "Ich bin gerade sehr enttäuscht von meiner Mannschaft", erklärte Casola dann vor dem SCO-Vereinsheim. "Die Motivation der Spieler hat nur etwas mehr als eine Minute angehalten", urteilte er mit düsterer Miene. Gemeint ist das 1:0 des SCO in der ersten Spielminute. Mit dem ersten Angriff der Gastgeber war Ritvan Maloku die vielversprechende Führung für Olching gelungen, die sich jedoch als kurzes Strohfeuer erwies. "Da habe ich einen mentalen Knacks meiner Mannschaft befürchtet", gestand BCF-Trainer Philipp Bönig hinterher. Doch es kam völlig anders. Per Foulelfmeter glich Barbaros Barut, der zuvor auch gefoult worden war, zum 1:1 (17.) aus. Mit diesem Remis gingen die Teams in die Pause.

Die zweite Halbzeit begann dann wie die erste, wieder mit einem sehr schnellen Tor - doch diesmal für den BCF. Salif Boubacar zog ab, SCO-Torwart Andreas Pauker parierte, Tokdemir drückte den Abpraller zum 2:1 für die Gäste über die Linie. Die übernahmen danach das Kommando auf dem Platz. Die Olchinger Kicker kamen nicht ein einziges Mal mehr gefährlich vor das Wolfratshauser Tor. "Bisschen mehr Überzeugung müssen wir reinlegen", mahnte SCO-Mittelfeldmann Paul Niehaus lautstark seine Mitspieler beim Stand von 1:3, um genauso lautstark hinzuzufügen: "Bisschen mehr Wollen ist nötig."

Doch das Aufbäumen blieb aus. Der Gegner beherrschte weiterhin die Partie nach Belieben. Casola wechselte dreimal aus, auch das brachte keinen zusätzlichen Schwung. Das 4:1 für den BCF war folgerichtig. "Das hat sich schon in der Trainingswoche angedeutet", kritisierte Casola kopfschüttelnd. "Da ist keine Spannung und keine Leidenschaft zu spüren gewesen." Die Körpersprache mancher Akteure habe mit Siegeswillen nichts zu tun gehabt. "Das ist wirklich enttäuschend."

Die BCF-Spieler konnten nach Spielende ihr Glück kaum fassen. Nach der Winterpause waren sie noch sieglos, mit nur drei Punkten aus sechs Spielen in die Relegationsränge abgerutscht. "Das ist ein ganz wichtiger Sieg", resümierte Kapitän Jona Lehr. Die gute Mannschaftsleistung habe sich ebenfalls schon im Training angedeutet. Der 28-Jährige, bester Mann auf dem Platz, glaubt jetzt nach verschenken Punkten gegen Gilching und Kempten an die Wende zum Besseren. Trainer Bönig, der im Sommer zum Regionalligisten VfR Garching wechselt - Co-Trainer Michael Rödl übernimmt dann den Cheftrainerposten beim BCF - ist die Erleichterung ebenfalls anzumerken. "Die Stimmung in der Mannschaft ist trotz der sieglosen Spiele nie negativ gewesen", versichert Bönig. "Wir haben ruhig weitergearbeitet und sind nicht hektisch geworden." Das habe auch mit den Führungsqualitäten von Jona Lehr zu tun. "Er ist nicht nur fußballerisch ein ganz wichtiger Spieler", lobt Bönig seinen Kapitän, der nach eigener Aussage auch in der nächsten Saison beim BCF den Ton angeben will.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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