Boxen:King Kong im Ring

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WBA-Kampf in Dachau: Alexander Petkovic hofft auf WM-Chance

Von Johannes Heil, Dachau

Eine Körpergröße von fast zwei Metern und eine Statur wie ein Wandschrank sind schon recht gute Voraussetzungen, um seinen Mitmenschen Respekt einzuflößen. Doch Raymond Ochieng besitzt ein weiteres Merkmal, das einen unwillkürlich zusammenzucken lässt. Der 37-jährige Kenianer spricht mit einer unvergleichlich tiefen Stimme; so tief, dass es schon wieder erstaunlich ist, dass das menschliche Ohr solche Frequenzen überhaupt wahrnimmt. Als der Dachauer Boxer Alexander Petkovic bei der Pressekonferenz am Donnerstag auf seinen kenianischen Gegner trifft, werden von dieser tiefen Röhre allerdings keine Drohungen, sondern erst einmal kleine Nettigkeiten ausgestoßen. Beide Boxer geben einander die Hand, es folgt Smalltalk. Keine boxertypische Attitüde also bei diesem ersten Aufeinandertreffen vor dem Schwergewichts-Kampf um den Interkontinental-Titel der World Boxing Association (WBA) an diesem Samstagabend in Dachau.

Trotz Ochiengs Erscheinungsbildes sollte dem 34-jährigen Petkovic, ebenfalls fast zwei Meter groß, vor dem Kampf i der Halle des ASV Dachau (Beginn 19 Uhr) nicht bange sein. Denn so imposant die Erscheinung, so wenig beeindruckend ist die Kampfbilanz des Mannes, der den Spitznamen "King Kong" trägt. Von seinen 46 Profi-Kämpfen entschied er 26 für sich, dreimal gab es ein Unentschieden, 17 Mal ging er als Verlierer aus dem Ring. Petkovic selbst hat von seinen 57 Kämpfen 49 für sich entschieden. Alles andere als ein unbesiegbarer Gegner also für Petkovic, auch wenn dieser vor der gewaltigen Schlagkraft Ochiengs warnt: "Der kann richtig zuhauen, das hat man in seinen bisherigen Kämpfen sehen können."

Allerdings sieht Petkovic bei den technischen Fähigkeiten des Kenianers erhebliche Defizite: "Er kann technisch nicht sonderlich gut boxen, da habe ich Vorteile." Konditionell sieht Petkovic die Trümpfe ebenso auf seiner Seite. "Ich habe mich sehr gut und intensiv auf den Kampf vorbereitet." Auch der Rücken, der in der Vergangenheit öfters Probleme machte, schränke ihn nicht mehr ein.

Ochieng weiß über seinen Gegner nicht sonderlich viel zu berichten. Intensives Videostudium zähle bei ihm generell nicht zur Vorbereitung auf einen Kampf: "Sobald die Glocke im Ring läutet, lerne ich meinen Gegner kennen. Dann merke ich, ob er bereit ist für den Kampf oder nicht", erklärt er entschlossen. Angst habe er jedenfalls keine. "Mein Gegner hat auch nur zwei Hände", brummt er und schaut Petkovic prüfend an: "Eine dritte Hand sehe ich nicht." Im Juli hatte Ochieng den US-Amerikaner David Rodriguez durch einen K.o. in der ersten Runde bezwungen. "Viele waren überrascht, dass ich diesen Kampf gewonnen habe. Ich war es nicht, denn ich habe gut für diesen Kampf trainiert." Genau wie für den kommenden in Dachau, wie er mit Bestimmung sagt.

Paar aufs Maul? Alexander Petkovic (li.) und Raymond Ochieng verzichten vor ihrem Kampf weitgehend auf boxertypisches Aufplustern. (Foto: Toni Heigl)

In diesem geht es für die beiden Kontrahenten um ein eventuelles Duell mit dem usbekischen WBA-Schwergewichtsweltmeister Ruslan Tschagajew. Diesen Titel trägt der Usbeke nur aufgrund des Superchampion-Status Wladimir Klitschkos, gegen den Tschagajew 2009 verloren hatte.

Sowohl für Petkovic als auch für Ochieng ist es womöglich die letzte Chance auf einen großen Kampf. Nicht umsonst steht die Boxgala am Samstag unter dem Motto "Die Nacht der Wahrheit". Für ihn sei das "eine große Gelegenheit", sagt Ochieng, "so eine Chance bekommt man nicht oft". Auch Petkovic weiß um den Stellenwert des Fights: "Es ist eine meiner letzten Chancen. Mein Ziel ist nach wie vor die Weltmeisterschaft", verkündet er. Bereits 2003 hatte Petkovic, damals noch im Cruisergewicht, einen WM-Kampf bestritten, diesen jedoch in Bayreuth gegen den Briten Johnny Nelson verloren. Für eine neuerliche WM-Chance müsse erst einmal Ochieng "aus dem Weg geräumt werden", was ein "schweres Stück Arbeit" sei.

Bei seinen Auftritten in Deutschland sei er immer besonders motiviert, erzählt Ochieng, er betrachte es als "zweites Zuhause". Sein Vater habe hier große Teile seiner Kindheit verbracht. "Diese Verbindung hat er danach immer aufrecht gehalten. Als Kind hatte ich immer den Traum, nach Deutschland zu kommen." Sechsmal habe er sich als Boxer diesen Traum bereits erfüllt und sei dabei immer fair vom Publikum behandelt worden. Auch beim siebten Deutschland-Besuch hoffe er darauf - und natürlich auf den Interkontinental-Titel.

© SZ vom 24.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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