BMX Spine Ramp:0,6 Punkte Vorsprung

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Der Russe Kostya Andreev gewinnt die gelungene Premiere auf der BMX-Spine-Ramp - auch wegen seiner technischen Fähigkeiten.

Von Sebastian Winter, München

Es war sehr warm, ziemlich windig, gewiss keine einfachen Bedingungen bei dieser Premiere. Zum ersten Mal präsentierten sich beim Munich Mash die BMX-Fahrer auf der Spine Ramp, einer bis zu fünf Meter hohen Spielwiese, auf deren aneinandergelegten, halbkreisförmigen Rampen sich die Weltbesten ihres Faches austoben konnten: Mit teilweise irrwitzigen Tricks, hohen Sprüngen, bei denen sie in der Luft zu schweben schienen und ihre Fahrräder mehrmals um die eigene Achse drehten. 10 000 Zuschauer schauten sich nach Veranstalterangaben diese Mischung aus Sport und Akrobatik an - das vornehmlich junge Publikum war sehr angetan. Auch vom Russen Kostya Andreev, der den mit 20 000 Euro Preisgeld dotierten Wettbewerb gewann.

Mit 180,00 Punkten lag der 23-Jährige hauchdünn vor Jose Torres Gil aus Argentinien (179,60), der das Publikum mit seinen hohen Sprüngen begeistert hatte. Als einziger Fahrer war Torres Gil vom sogenannten Wallride gestartet, einem fünf Meter hohen Turm, von dem aus der 22-Jährige wagemutig in die Rampe hinuntersprang - und damit bei seinen nachfolgenden Sprüngen den höchsten Luftstand aller Fahrer hatte. Favorit Daniel Dhers, der fünfmalige X-Games-Sieger aus Venezuela und wie Torres Gil einer, der das Spektakel liebt, wurde mit exakt 177 Punkten Dritter. Die Kampfrichter hatten Andreevs große Anzahl feiner Tricks, seinen Variantenreichtum und seine starke Technik dieses Mal höher bewertet - es ist auch immer eine Frage des Geschmacks.

Nach der obligatorischen Sektdusche wurden die drei Besten auf einer Coach zum Interview drapiert, hinter Brezn und einer Brotzeitplatte. Andreev, der Newcomer, der erst seit Kurzem den Anschluss an die Topfahrer der Szene geschafft hat, sagte: "Ich bin richtig glücklich und echt fertig. Sechs Runs sind wirklich verrückt. Aber ich habe alle hinbekommen." Später erzählte er noch ein wenig über sein rastloses Leben als BMX-Profi, der in Moskau wohnende gebürtige St. Petersburger sei seit Monaten nicht mehr zu Hause gewesen deswegen. Der 24-Jährige zeichnete das Bild eines harmonischen Mikrokosmos, in dem er die verschiedenen großen Contests fährt: "Ich habe nie Englisch in der Schule gelernt, erst, als ich vor ein paar Jahren angefangen habe, durch die Welt zu reisen. Die Kollegen hier, das ist wie eine große Familie. Wir helfen einander, auch bei der Übersetzung."

Die beiden deutschen Starter hatten es in dem Spitzenfeld schwer. Tobias Freigang (Wachtendonk) wurde in seiner Qualifikationsgruppe Dritter, Timo Schulze (Gelsenkirchen), der sich im Training verletzt hatte, Vierter. Beide verpassten das Finale der besten Vier. Wie auch der US-Amerikaner Pat Casey, der am Freitag noch den Best-trick-Wettbewerb gewonnen hatte.

Dheers, der mit 32 Jahren weitaus älteste und höchst dekorierte Athlet im Feld, saß dann später ganz entspannt im Fahrerzelt neben der Rampe. Er plauderte mit seinem Kumpel, der ihn extra zu diesem Wettkampf aus den USA begleitet hatte, und mit dem er abends "noch ein paar Drinks" einnehmen wollte. Aber ein bisschen enttäuscht war Dheers, der in Kollegenkreisen Legendenstatus hat, schon. 2013 hatte er ja die X-Games in München gewonnen, aber "dieses Mal war es ziemlich hart", sagte er. Dheers spürt langsam den frischen Atem der jungen Wilden, die ihm seinen Platz auf der Rampe streitig machen. Er ging Risiko, "man kann ja vom Himmel fallen und sterben" bei diesen Tricks, aber es half nichts. Ein wenig tiefer würde er die Rampe nächstes Mal bauen, sagte Dheers noch. Was bedeutet: Es würde noch höher hinaus gehen.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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