Billard:Dachau führt Medaillenspiegel an

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Nicht zu stoppen: David Alcaide gewinnt den EM-Titel im 10-Ball, in drei Wochen spielt er wieder für Dachau. (Foto: Imago)

Die internationalen Spitzenspieler des neuen deutschen Poolbillard-Meisters dominieren auch bei der EM in Österreich

Von Ralf Tögel, Dachau

In Österreich, so weiß man spätestens seit dem Wunder von Cordoba 1978, neigt man in der Sportberichterstattung bisweilen zur Aufgeregtheit. So ein Sieg gegen den Fußball-Weltmeister aus dem übermächtigen Nachbarland fährt dem sportaffinen Alpenrepublikaner direkt in die stolz geschwellte Brust. Geht es um das österreichische Selbstwertgefühl, werden natürlich zuerst die alpinen Ski-Heroen bemüht. Doch seit dem vergangenen Dienstag kommt Hilfe aus einer weniger populären Ecke: Österreich war Ausrichter der Poolbillard-Europameisterschaft und hat sich in St. Johann im Pongau nicht nur als guter Gastgeber erwiesen, sondern auch als erfolgreichste Nation.

Und die deutsche Sportgeschichte um eine Schmach erweitert, denn die Mannschaft um Ralf Souquet belegte in der Medaillenwertung hinter Österreich, Spanien, Schweden und Russland den fünften Platz. Immerhin: Souquet, seines Zeichens lebende Pool-Legende und Spielführer des neuen deutschen Meisters BSV Dachau, führte seine Farben zum Mannschaftstitel. Womit die deutsche Billard-Seele besänftigt sein sollte. Auch des Kaisers - so ist bekanntlich Souquets Spitzname in der Pool-Szene - Teamkollege Sebastian Ludwig spielt in der Bundesliga für den BSV Dachau. Dort kommt er nur spärlich für die erste Mannschaft zum Zuge, was die individuelle Qualität des deutschen Mannschaftsmeisters verdeutlicht. Denn in Sachen Medaillenspiegel hätte der BSV Dachau sämtliche Nationen hinter sich gelassen, neben den Teamchampions Souquet und Ludwig gewannen auch der Spanier David Alcaide im 10-Ball sowie der Österreicher Albin Ouschan im 14/1 endlos eine Goldmedaille.

Es war ein großes Spektakel in dem malerischen Bergdorf, der österreichische Spartensender ORF Sport+ übertrug die Halbfinal- und Finalspiele der Frauen und Männer im 9-Ball am letzten Turniertag komplett, was sechs Stunden Poolbillard live bedeutete. Und selbst hier spielte der BSV Dachau eine wichtige Rolle, genauer gesagt dessen Fans. Die Pooligans haben in der Szene wie die Spieler einige Berühmtheit erlangt, weshalb der ORF in Sachen Stimmung bei der Liveübertragung auf Nummer sicher gegangen und die Pooligans eingeladen hatte. Die Dachauer Fangemeinde kam dieser Einladung gerne nach, reiste auf Kosten des österreichischen Fernsehens ins Salzburger Land und brachte ordentlich Stimmung ins Fernsehen. Dachaus Präsident Andreas Huber, der nicht mitreisen konnte, registrierte die EM aus der Ferne sehr zufrieden: "Es ist der Wahnsinn, was unsere Jungs leisten." Vor allem Albin Ouschan, der auf Position drei in der Weltrangliste notiert ist und mit seiner Schwester Jasmin, die zwei EM-Titel gewann, das große Zugpferd von EM-Gastgeber Österreich war, zeigte im 14/1-Finale unglaublichen Sport. Sein russischer Gegner Konstantin Stepanov kam erst gar nicht dazu, sich von seinem Stuhl zu erheben. Erst als er Ouschan gratulieren musste, denn der hatte bis zum 125:0-Sieg keinen einzigen Fehlversuch. Auch Souquet bestätigte seine Ausnahmestellung, der 47-Jährige gewann sein 8-Ball-Duell zum 2:1-Sieg gegen Russland - Leidtragender war erneut Stepanov.

In der Bundesliga steht noch das letzte Spielwochenende am 7./8. Mai auf dem Programm, der BSV Dachau kündigt internationale Bestbesetzung an. Um Medaillen wird es dann nicht gehen, dafür stehen wieder Feierlichkeiten an.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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