BCF Wolfratshausen:Wolfratshauser Weigerung

Lesezeit: 3 min

Zu hektisch: Unter der verstärkten Defensive leidet das Angriffsspiel des BCF. Offensivmann Jona Lehr (vorne) wartete oft vergebens auf Zuspiele (Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Kellerduell gegen den Letzten Kornburg muss sich der BCF mit einem 1:1 begnügen. Am Spiel beteiligt sich die Elf kaum, alle Konzentration gilt der Defensive.

Von Matthias Schmid, Wolfratshausen

Die Pausenbeschäftigung von Adam Puta war lange Zeit das aufregendste, was sich am Samstagnachmittag im Isar-Loisach-Stadion ereignete. Der Ersatzspieler des BCF Wolfratshausen foppte im Strafraum einen kleinen Jungen, was beiden großes Vergnügen bereitete. Puta fand sogar so viel Gefallen daran, dass er dem Buben gleich noch ein paar Tricks beibrachte, zum Beispiel, wie man sich den Ball so hochwirft, dass man ihn per Fallrückzieher kunstvoll ins Tor schießen kann. Klappen wollte das zwar nicht so recht, aber der Junge probierte es so lange, bis ihn der Schiedsrichterassistent vom Platz schickte. Die zweite Hälfte musste ja beginnen.

Puta selbst musste sich 76 Minuten gedulden, ehe ihn BCF-Cheftrainer Marco Stier auf den Kunstrasenplatz beorderte, er kam gerade rechtzeitig, um die drei unterhaltsamsten Minuten der Bayernliga-Partie gegen den Tabellenletzten TSV Kornburg aktiv mitzuerleben, angefangen mit dem Führungstor der Gäste aus Nürnberg durch Michael Eberhardt. Dieser hatte in der 89. Minute die wunderbare Vorarbeit von Pawel Kowal per Dropkick zum 1:0 abgeschlossen. Die Kornburger feierten den Treffer, als hätten sie gerade den Abstieg vermieden, die ganze Ersatzbank rannte auf den Platz, um den Torschützen und die Mitspieler zu herzen.

Die ersten Zuschauer, die wegen Wolfratshauen gekommen waren, hatten danach fluchtartig das Gelände verlassen, an ein Tor ihrer Mannschaft glaubten sie nicht mehr. Sie verpassten den zweiten und letzten Höhepunkt des Nachmittags, den Ausgleich von Wilson Onyemaeke in der ersten Minute der Nachspielzeit. Mit einem wuchtigen Volleyschuss überwand er den Kornburger Torhüter Arthur Ockert. "Kompliment an meine Mitspieler, dass sie sich nicht aufgegeben haben und zurückgekommen sind", sagte Onyemaeke hinterher, "das ist auch eine Qualität".

Das 1:1 gegen Kornburg, durch das Wolfratshausen den Rivalen im Kampf um den Klassenerhalt auf Abstand halten konnte, öffnete tatsächlich sehr gut den Blick auf die Stärken und Schwächen des BCF. Die Spieler verteidigten an diesem Tag leidenschaftlich, mitunter sogar strukturiert. Doch im Spiel nach vorne offenbarten sie gravierende Mängel. Sie traten dabei so angriffslustig auf wie eine Gruppe buddhistischer Mönche beim Abendspaziergang. "An unserem spielerischen Vermögen müssen wir arbeiten", sagte Michael Rödl. Der spielende Co-Trainer übernimmt seit der Winterpause die Pressearbeit von Cheftrainer Marco Stier, der nicht mehr reden, sondern sich nur noch mit vollem Eifer der Mission Klassenverbleib widmen möchte, bevor er nach Saisonende nach Hamburg umzieht. Soweit der schöne Plan. In der Praxis sieht das so aus, dass sich Wolfratshausen vornehmlich dem Spiel verweigert. "Wir wollen kein Gegentor kassieren", erklärt Rödl die neue Defensivtaktik, die zu Lasten der offensiven Spielanlage geht. "Im Angriff fehlt uns da mitunter die Kraft, weil wir uns hinten so aufreiben", gibt Rödl zu. Aber wer kann der Mannschaft die Konzentration auf die Defensive verdenken, nachdem sie bis zur Winterpause 68 Tore hat hinnehmen müssen - die meisten in der Bayernliga Süd.

Acht Spiele liegen noch vor dem BCF. "Acht Endspiele", sagt Abteilungsleiter Fleischer

Auch gegen Kornburg taten die Wolfratshauser alles, um ein Gegentor zu verhindern. "Mitunter hat uns nach vorne die Bewegung, der letzte Pass gefehlt", sagte Torschütze Onyemaeke. Aber er sieht es schon als eine Steigerung an, dass sie in den vergangenen drei Partien jeweils nur ein Gegentor kassierten: "Das gibt uns Selbstvertrauen." Ähnlich sieht es Michael Rödl, der hofft, dass bald schon mit einer verbesserten Abwehrarbeit auch ein verbessertes Angriffsspiel einhergeht: "Wir agieren beim Umschalten noch zu hektisch, da müssen wir ruhiger werden." Das gilt auch vor dem Tor. Die beste und fast einzige Chance während der 90 Minuten hatte Linksverteidiger Aleksandar Spehar vergeben, als er aus vier Metern den Ball über die Latte schoss (71.).

Der Spielplan gönnt dem BCF Wolfratshausen nun eine zweiwöchige Spielpause bis zum nächsten Punktspiel am 7. April zu Hause gegen den SV Pullach. Das Trainerteam will die Zeit nutzen, um intensiv an den Stärken und Schwächen zu arbeiten. Um weitere Erkenntnisse unter Wettkampfpraxis zu gewinnen, haben sie am Mittwoch ein Testspiel gegen den Drittligisten SpVgg Unterhaching angesetzt. "Das wird uns in unserer Entwicklung helfen", glaubt Rödl. Noch acht Spiele liegen vor dem BCF, "acht Endspiele", wie es Abteilungsleiter Manfred Fleischer formuliert. Sie wissen in Wolfratshausen, dass mit einer destruktiven Verweigerungstaktik allein der Klassenverbleib nicht gelingen kann. "Wir müssen auch besser Fußball spielen", stellt Wilson Onyemaeke klar. Adam Puta sollte die Fallrückzieherübung vielleicht mal seinen Mitspielern zeigen.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: