BCF Wolfratshausen:Die zwei Gesichter der Farcheter

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Warmgeschossen für die Abstiegsspiele: Wolfratshausens Marian Knecht erzielt zwei Tore. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Trotz eines 3:0-Erfolgs gegen die DJK Vilzing reicht die Wolfratshauser Heimstärke erneut nicht, um die Abstiegsrunde zu umgehen.

Von Christian Bernhard, Wolfratshausen

Der Ball war lange in der Luft. Er flog in einem hohen Bogen nach oben, höher und höher, ehe er unweit des Vereinsheims auf der Tartanbahn des Isar-Loisach-Stadions aufschlug. In die Luft gedonnert hatte ihn Marco Stier. Voller Wut. Der Trainer des BCF Wolfratshausen konnte es einfach nicht fassen, dass sein Stürmer Marian Knecht im Heimspiel gegen die DJK Vilzing beim Stand von 0:0 einen Alleingang nicht mit einem Treffer abgeschlossen hatte. Den Ärger darüber ließ er an einem völlig unbeteiligten Ball neben seiner Bank aus.

Eineinhalb Stunden später schlug Stier am Samstagnachmittag seine Hände doch noch freudig zusammen. Der BCF hatte die Partie dank starker acht Minuten in der Schlussphase trotzdem mit 3:0 (0:0) gewonnen, Knecht machte seinen Fehler mit zwei Treffern nach der Pause mehr als nur gut. Dadurch können die Farcheter nicht mehr direkt absteigen, die drei Punkte Vorsprung auf den TSV Landsberg reichen vor dem letzten Spieltag aufgrund des gewonnenen direkten Vergleichs. Allerdings können sie sich auch nicht mehr direkt retten, da der TSV 1860 München II, der drei Punkte mehr als der Tabellen-15. BCF hat, im direkten Duell die Nase vorn hat. Sie müssen also in die Abstiegsrelegation - wie in der vergangenen Saison. Im letzten regulären Saisonspiel am Freitag gegen den SV Kirchanschöring (18.30 Uhr, Isar-Loisach-Stadion) geht es für die Wolfratshauser nur darum, sich die bestmögliche Position für die Relegationsspiele zu sichern. Im Idealfall winkt ein Freilos in der ersten Runde.

Der BCF hätte schon früh in Führung gehen können. Verteidiger Timon Hummel bekam den Ball freistehend nach einer Ecke per Kopf nicht aufs Tor (12.), Knecht ließ sich bei der Szene, die Stier zum Explodieren brachte, erst vom Vilzinger Torhüter abdrängen, ehe er zu eigensinnig aus äußerst spitzem Winkel abschloss (17.). Jona Lehr scheiterte mit einem Schuss aus zehn Metern an Ladislav Caba (25.). Die Vilzinger, die der spielende Co-Trainer Michael Rödl als eines der spielstärksten Teams der Liga bezeichnete, hatten vor der Pause eine gute Chance, Andreas Jünger verfehlte aus kurzer Distanz das von Alexander Heep gehütete BCF-Tor (33.). "Wir wollten erst einmal ihre Chancen verhindern", sagte Rödl, "das haben wir in der ersten Halbzeit relativ gut hinbekommen."

"Wir rätseln alle", sagt Rödl über die Auswärtsschwäche. "Daheim kriegen wir diese Mentalität hin."

In den zweiten 45 Minuten ging der "Nadelstiche-setzen"-Plan spät, aber voll auf. Nach einer Phase mit zahlreichen Ballverlusten auf beiden Seiten überlief Knecht in der 74. Minute nach einem Steilpass seinen Gegenspieler und schob den Ball flach mit rechts ein, fünf Minuten später erhöhte der eingewechselte Florian Shalaj nach einem Freistoß mit einem Schuss aus acht Metern auf 2:0. Shalaj, der aus taktischen Gründen nicht in der Startelf stand, hatte beim 1:0 Knecht auf die Reise geschickt. In der 81. Minute war die Partie entschieden: Knecht lief mit seinem beeindruckenden Tempo auf zwei Vilzinger zu, nahm sie mit einem Haken aus dem Spiel und machte mit seinem 25. Saisontor alles klar. Die Tore, betonte Rödl, "fielen zu guten Zeitpunkten". Mit der Offensivabteilung um Knecht, Lehr und Kapitän Angelo Hauk habe jede Mannschaft der Liga ihre Probleme, unterstrich der Co-Trainer: "Wenn wir gut verteidigen, sind wir immer für ein, zwei Tore gut."

Das gilt allerdings besonders für die Heimspiele: Der Sieg gegen Vilzing war der dritte in Serie zu Hause, seit sieben Heimspielen ist der BCF ungeschlagen. Hätte er zwischendurch auch auswärts mal etwas Zählbares mitgenommen, wäre der direkte Ligaverbleib für das Team mehr als nur möglich gewesen. Warum es zu Hause so gut klappt, aber auswärts nicht, wisse er auch nicht, sagte Rödl: "Wir rätseln alle." Im Isar-Loisach-Stadion "kriegen wir diese Mentalität hin".

Diese wird in den Relegationsspielen auch auswärts vonnöten sein. Darauf liege jetzt schon der Fokus, betonte Rödl, die Trainingssteuerung sei darauf ausgelegt. "Wir wissen, was auf uns zukommt und worauf es ankommt", sagte er mit Blick auf die letztjährige Abstiegsrelegation, die der BCF erfolgreich bestritten hatte.

Trainer Marco Stier, der nach der Saison mit seiner Familie in seine Hamburger Heimat zurückkehren wird, dreht also auch in dieser Spielzeit noch eine Extrarunde. Er sei mit ganzem Herzen dabei und gehe voran, betonte Rödl: "Er brennt ohne Ende." Das bewies er nicht nur mit seinem wuchtigen Wut-Kick - der 34-Jährige war an der Seitenlinie gewohnt emotional bei der Sache, wirkte aber auch immer wieder beruhigend auf seine Spieler ein. Die lange Zeit offene Partie war eine gute Vorbereitung auf den mentalen Stress, der den BCF in der Relegation begleiten wird. Entscheidungsspiele seien immer schwierig und eine "völlig andere Sache", erklärte Rödl. "Wir sind aber guter Dinge und haben keine Angst."

© SZ vom 14.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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