BCF Wolfratshausen:Die Vergangenheit siegt

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Hart, aber schmerzlich: Der BCF zeigt körperlichen Einsatz und spielerische Dominanz, doch verliert erneut. (Foto: Hartmut Pöstges)

Farchet unterliegt trotz spielerischer Überlegenheit dem TuS Holzkirchen. Das Bayernliga-Derby ist ein Treffen vieler alter Bekannter.

Von Raphael Weiß, Wolfratshausen

Der Schiedsrichter hatte die Bayernliga-Partie zwischen Wolfratshausen und Holzkirchen gerade abgepfiffen, da war BCF-Trainer Marco Stier schon auf halber Strecke zur Kabine, sichtlich bedient von der 0:1-Niederlage. So bekam er nicht mit, wie die Gäste lauthals den "Heimsieg" beim Derby-Rivalen feierten, während seine Spieler enttäuscht vom Platz gingen. Dass die Holzkirchener sich derart freuten, hatte mehrere Gründe: Die Mannschaft hatte seit fünf Spielen nicht mehr gewonnen; der Gastgeber, über weite Strecken überlegen, spielte so ruppig, dass TuS-Coach Gediminas Sugzda später vom "härtesten Spiel des Jahres" sprach; aber vor allen Dingen war es für viele Spieler eine Begegnung mit der Vergangenheit.

2014 hatte sich der TuS Holzkirchen schon einmal angeschickt, von der Landes- in die Bayernliga aufzusteigen, im Relegationsrückspiel unterlag er just beim BCF 1:2. Aus dem damaligen Kader spielt heute keiner mehr - zumindest nicht für Wolfratshausen. Doch gleich fünf ehemalige Farcheter treten heute für Holzkirchen an, Christopher Korkor, Franz Fischer, Emin Kaya, Marco Höferth und Sebastian Pummer (der am Samstag fehlte). Drei waren damals dabei. Höferth als einer der Torschützen. Ein Jahr nach seinem Wechsel kehrte er nach Farchet zurück. "Im Spiel habe ich das ausgeblendet", sagte der Mittelfeldspieler, "aber für viele von uns war es ein besonderes Spiel."

Ob Höferth die Vorgeschichte tatsächlich 90 Minuten lang ausblendete, ist zu bezweifeln. Von Anfang an hörten die Zuschauer über den ganzen Platz, wie er sich beim Schiedsrichter beschwerte, seine Mitspieler anfeuerte, dirigierte. Dass das notwendig war, wurde bereits nach zwei Minuten offensichtlich: Nach einer flachen Hereingabe drückte Wolfratshausens Anton Bonic aus wenigen Metern den Ball über die Linie - allerdings aus dem Abseits.

Der BCF war von Beginn an überlegen, spielte gut nach vorne, presste früh und unterband alle Bemühungen des Gegners, geordnet aus der eigenen Hälfte zu spielen. Nur der Abschluss fehlte. So wurden Mitte der ersten Halbzeit die Zweikämpfe heftiger. Holzkirchens Sebastian Hahn humpelte nach einem üblen Foul an der Seitenlinie über den Platz und wurde schließlich ausgewechselt. "Ich möchte den Gegner nicht kritisieren, auch nicht den Schiedsrichter. Er hat seine Linie durchgezogen - aber die war sehr englisch", sagte Sugzda später.

Sein Team hatte Glück, dass es bis zur Halbzeit beim 0:0 blieb. In der 36. Minute war Marian Knecht nach guter Vorarbeit von Michael Rödl alleine auf das Tor zugelaufen und hatte den Ball weit darüber gehämmert. Sein Trainer verzweifelte an der Seitenlinie. "Wir sind solche Amateure", platzte es aus Stier heraus.

Die zweite Halbzeit war deutlich ausgeglichener. Holzkirchen kam besser in die Zweikämpfe und wurde auch vorne gefährlicher. Höferth zirkelte einen Freistoß über die Mauer in die Arme von BCF-Torwart Alexander Heep (50.) und hatte 13 Minuten später die beste Chance auf das Führungstor: Nach einer kniffligen Situation entschied der Schiedsrichter auf Handelfmeter. Höferth lief weit an, schoss flach und scharf ins rechte Eck. Heep wehrte ab, der Ball kullerte weiter in Richtung Tor, doch der Torwart bekam ihn kurz vor der Linie unter Kontrolle. "Irgendwann musste ich ja mal einen verschießen, natürlich passiert das ausgerechnet heute", sagte Höferth, "umso wichtiger, dass wir uns gemeinsam wieder zurückgekämpft haben."

In der Schlussphase merkte man dem BCF den hohen Aufwand an. Die Pässe wurden ungenauer, die Defensive durchlässiger. In der 80. Minute köpfelte der kurz zuvor eingewechselte Julian Allgeier dem ehemaligen Wolfratshauser Fischer in den Lauf, der zum 1:0 einschob.

Die Gäste hatten Glück, dass es bei diesem Stand blieb. In der 84. Minute überwand Angelo Hauk mit seinem Schuss Torwart Zeisel, nicht aber Verteidiger Lars Doppler, der auf der Linie klärte. Und in der Nachspielzeit landete ein Freistoß am Ellbogen eines Verteidigers, eine ähnlich knifflige Situation wie die, die auf der anderen Seite zum Elfmeter geführt hatte. Nur diesmal blieb die Pfeife stumm.

Nach Abpfiff brüllte Höferth vier Mal "Ja" in einer Lautstärke, die erahnen ließ, wie wichtig ihm dieser Sieg persönlich war, er ballte die Fäuste und verschwand im Jubel. Marco Stier wird Höferths Schreie selbst im Kabinengang noch gehört haben.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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