1865 - BCF:Flucht nach vorne

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Wolfratshausen macht sich mit einem 2:1 in Dachau Mut und einen Namen als Favoritenschreck. Beim TSV 1865 dagegen gibt es erhöhten Gesprächsbedarf.

Von Christian Bernhard, Dachau

"Was ist da los? Zu heiß?", brüllte Florian Wolf über das Feld. Dem Angreifer des TSV 1865 Dachau gefiel überhaupt nicht, was seine Mannschaft am späten Samstagnachmittag anzubieten hatte. Einige Minuten waren noch gegen den BCF Wolfratshausen zu spielen, Zeit, um das Ergebnis noch zu korrigieren. Doch das Ergebnis hatte Bestand bis zum Schlusspfiff. Das 1:2 war für Dachau die dritte Niederlage im vierten Bayernliga-Spiel dieser Saison, mit drei Punkten liegt der TSV nur auf dem 17. und damit drittletzten Platz der Tabelle. Einen Fehlstart nennt man so etwas für gewöhnlich. "Wir müssen uns auf jeden Fall unterhalten", sagte Spielertrainer Fabian Lamotte.

Verunsicherung wegen der schlechten Auftakt-Ergebnisse wollte er nicht als Erklärung für die bereits zweite Heimniederlage gelten lassen. Er ist sich aber bewusst, dass er nun als Psychologe gefragt ist. "Ich glaube nicht, dass es ein körperliches oder fußballerisches Problem ist", sagte Lamotte. Völlig überraschend kommt der Dachauer Fehlstart allerdings nicht. Bereits in der Vorbereitung musste 1865 einige Niederlagen einstecken und scheiterte in der ersten Runde des Toto-Pokals krachend mit 2:5 beim Landesligisten Freising. Die unbefriedigende Situation habe sich damals "vielleicht ein bisschen abgezeichnet", meint Lamotte.

"Nichts zugelassen": 88 Minuten hatten Sebastian Schnabel (Mitte) und der BCF den TSV Dachau (li. Quendrim Bequiri) im Griff. (Foto: Niels P. Joergensen)

Sorgen bereitet dem Ex-Profi die Tatsache, dass sich seine Mannschaft extrem schwer tut, Chancen herauszuspielen. Das überrascht, da der TSV individuell sehr gut besetzt ist und seine Schlüsselspieler der vergangenen Saison alle gehalten hat. Nicht nur Frank Schmöller, Pullachs Meistertrainer, zählt den TSV zu den Meisterschaftskandidaten: "Dachau hat sicherlich eine gute Truppe, wenn man die Einzelspieler sieht", sagte er. Gegen Wolfratshausen hatte der TSV viel Ballbesitz, münzte diesen aber nicht in gefährliche Torszenen um. Kommen die Dachauer in die Nähe des gegnerischen Strafraums, fehlt es ihnen an Ideen, Torjäger Christian Doll hängt oft in der Luft und bekommt wenig Bälle. Im letzten Drittel "sind wir definitiv zu ungefährlich", sagt Lamotte.

Bis zum späten 1:2-Anschlusstreffer von Christian Lippert (88.) hatten sich die Dachauer wie schon in der Vorwoche in Pullach keine echte Torchance herausgespielt. "Vielleicht brauchen wir zu lange, bis wir zum Abschluss kommen", mutmaßte Lamotte, "vielleicht auch zu lange, bis der Ball in die Spitze kommt". Ein paarmal hätte seine Mannschaft schneller abschließen können, "deswegen kommt keine Chance zustande."

Wolfratshausen dagegen hatte Chancen, und zwar richtig gute. "Die Jungs wollen es mir nicht so einfach machen", sagte BCF-Coach Marco Stier nach dem ersten Saisonsieg, "sie quälen mich". 88 Minuten hatte der BCF die favorisierten Dachauer im Griff und führte dank der Treffer von Marian Knecht (66.) und Angelo Hauk (72.) verdient 2:0. Doch in den Schlussminuten geriet der schon sicher geglaubte Sieg gehörig ins Wackeln. "Wir machen den Sack nicht zu", beschwerte sich Stier. Ihn ärgerte, wie leichtfertig sein Team Konterchancen vergab, die Dachau ihm in der zweiten Halbzeit anbot. "Ich habe ihnen vor dem Spiel gesagt: Ich will kein Quergelege. Und was machen sie? Dreimal spielen sie im Strafraum quer."

Über mehr brauchte sich der Wolfratshauser Trainer aber nicht zu ärgern. Stier war mit der Art und Weise, wie der erste Saisonsieg zustande gekommen war, sehr zufrieden. "Gegen einen ambitionierten Bayernligisten haben wir gezeigt, dass wir die bessere Mannschaft waren", erklärte er. Mit dem Umschaltspiel ("brutal") und dem Defensivverhalten seiner Mannschaft ("nichts zugelassen") war er besonders zufrieden. So langsam sei sein Team als Mannschaft "gefestigt", sagte er: "Wir haben uns wieder einen kleinen Namen gemacht und sind kein Sparringspartner mehr." Der BCF bewies in Dachau wie schon gegen Heimstetten, dass er sich in der etwas abwartenden Rolle gegen favorisierte Teams wohlfühlt. "Das ist im Moment unser Spiel", erklärte der Trainer. Und das gibt dem BCF Selbstvertrauen. Mittlerweile, sagte Stier, seien sein Team und er an einem Punkt angekommen, dass er gegen jeden Gegner mit dem Gedanken in die Partie gehe, das Spiel gewinnen zu können. Vor nicht allzu langer Zeit habe er sich noch gedacht: "Hm, mal schauen, was passiert." Stier ist überzeugt: "Wenn wir eine gute Leistung zeigen, können wir jeden Gegner schlagen." In dieser Form, betonte er, "bin ich mir sicher, dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Wir können es schaffen, schnell von da unten zu flüchten."

Dem TSV 1865 macht der Blick in die Vergangenheit Hoffnung: Auch in den vergangenen Spielzeiten war er schlecht aus den Startlöchern gekommen, hatte sich dann aber gefangen. Darauf bauen die Dachauer auch jetzt. Zum Glück, sagte Lamotte, "geht's relativ schnell weiter, damit wir den schlechten Start ein bisschen ausgleichen können".

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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