Bayernliga-Relegation II:Abnutzungssieger

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Im Rückspiel kommt ihre individuelle Klasse zur Geltung: Wolfratshausens laufstarke Angreifer Marian Knecht (links) und Angelo Hauk. (Foto: Oliver Rabuser)

1:1 im Heimspiel, ein 3:1-Sieg auswärts: In zwei sehr unterschiedlichen Duellen kommt Wolfratshausen gegen Traunstein weiter.

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Zum zweiten Mal nahm Aleksandar Spehar mit kleinen Trippelschritten Anlauf. Beim ersten Mal hatte der Mann, den sie hier Sascha rufen und der im Winter zum BCF Wolfratshausen kam, um die bis dahin so anfällige Abwehr zu verstärken, aus beachtlicher Distanz den Pfosten getroffen. Maximilian Tanzer, Torwart des Relegationsgegners SB Chiemgau Traunstein, war noch entscheidend mit den Fingerspitzen dran gewesen. Es war die bis dahin größte Ausgleichschance in diesem Erstrunden-Hinspiel der Bayernliga-Relegation am Mittwochabend. Nun, im zweiten Versuch, prallte der Ball recht schmucklos von der Mauer ins Toraus. Und doch war es eine wichtige Szene, eine, die ein bisschen was von dem vorwegnahm, was letztlich erklärte, wieso sich die Farcheter drei Tage später durchsetzen sollten gegen die Gäste aus Traunstein.

Da war zum einen die folgende Ecke, die doch den Ausgleich zum 1:1 (81.) brachte, dem späteren Endstand. Flach hereingebracht, glücklich an einigen Beinen vorbei, letztlich vollendet von Abwehrchef Mustafa Kantar, der auf diesen Ball am langen Pfosten spekuliert hatte. Ein weiterer Verteidiger also, der Traunsteins Angriffe bis dahin sehr aufmerksam und effektiv abgefangen hatte und an diese Leistung nahtlos anknüpfen sollte beim entscheidenden 3:1-Auswärtssieg am Samstag. Zum anderen war dem Freistoß ein Foul des Traunsteiner Hünen Alexander Schlosser vorausgegangen, bei dem dieser sich schwer am Knie verletzte. Er konnte nicht weiterspielen, wurde im Krankenwagen abtransportiert, Traunstein musste die verbleibenden Minuten zu zehnt überstehen (was ohne weiteres Gegentor gelang). Das tut uns sehr weh, Alex ist ein wichtiger Mann für unsere Defensive", sagte Traunsteins Trainer Michael Schütz, dem natürlich klar war, dass Schlosser auch im Rückspiel fehlen würde. Die Lehren aus dem Hinspiel für den BCF dürften wohl gelautet haben: Die Abwehr steht - abgesehen vom 0:1 durch einen kaum zu verteidigenden Sonntagsschuss von Andreas Maurer. Und die Angreifer kamen kaum zum Zug.

BCF-Trainer Marco Stier hatte den technisch beschlagenen Jona Lehr auf die rechte Außenbahn verschoben, wo er zumeist hängenblieb. Links fehlte Marian Knecht oft jene Unterstützung aus dem Mittelfeld, die Lehr von dort aus hätte geben können. Und als echte Spitze mangelte es auch Angelo Hauk an Zuspielen. Im Laufe der zweiten Halbzeit korrigierte Stier diese Aufstellung, brachte Flügelflitzer Marco Tomicic und verschob Lehr ins Zentrum. Zwei der wenigen Chancen vergab der defensive Mittelfeldspieler Vincenzo Potenza: Nach einer Ecke war er frei, aber für ihn selbst überraschend zum Kopfball gekommen. Und in der Nachspielzeit probierte er einen artistischen Fallrückzieher. "Hätte ich da mehr Übersicht gehabt, hätte ich auf Angelo zurücklegen können", analysierte er nach Abpfiff selbstkritisch, während in seinem Rücken die Traunsteiner Spieler gerade ihren Alexander Schlosser vom Platz trugen. Co-Trainer Michael Rödl sprach später von einem "Abnutzungskampf".

Schon vor dem verlustreichen Hinspiel hatte Traunstein in der Liga mehr investieren müssen

Das Traunsteiner Pech setzte sich drei Tage später fort, nach einem Zusammenprall mit Hauk (68.) musste Josef Wittmann schwer lädiert ausgewechselt werden. Ansonsten bot sich den knapp 700 Zuschauern eine völlig andere Partie: Stier hatte Lehr diesmal im defensiven Mittelfeld neben Potenza aufgeboten, davor zwei Flügelspieler (Tomicic und Andrej Skoro), dazwischen der schnelle Hauk und ganz vorne der nicht minder laufstarke Knecht. "Der Trainer hat sich davon versprochen, dass Jona mit seiner Schnelligkeit und seinen Eins-gegen-eins-Situationen Räume schafft", erläuterte Rödl, das habe dann phasenweise perfekt geklappt. In dieser Ordnung kamen auch die individuellen Stärken der schnellen Angreifer besser zur Geltung. Eng sei das Duell trotzdem gewesen, befand Rödl, zumal die Gastgeber zu Beginn aus kurzer Distanz einen Pfostentreffer durch Maximilian Probst hatten. Vielleicht habe man dann auch von der etwas größeren Frische profitiert, bilanzierte Rödl. Schon einige Tage vor dem verlustreichen Hinspiel hatten die Traunsteiner mehr investieren müssen als die Wolfratshauser, weil sie sich erst am letzten Spieltag überhaupt in diese Relegation gerettet hatten

Zur Wolfratshauser Führung in der 45. Minute setzte sich Knecht nach einem langen Zuspiel von Potenza stark gegen zwei Traunsteiner durch. Unmittelbar nach der Pause kassierten die Wolfratshauser (wie im Hinspiel) ihr Gegentor, dann aber leitete Lehr das 2:1 ziemlich exakt so ein, wie es Stier wohl geplant hatte: Nach Ballgewinn zog er an drei Gegenspielern vorbei, bediente Knecht, der aus dem Lauf auf Hauk querlegte (64.). Und auch vor dem 3:1 war zunächst Marian Knecht nach einem weiten Zuspiel enteilt, um dann für Nebenmann Hauk vorzulegen.

Die Traunsteiner sind damit nach nur einer Saison wieder in die Landesliga zurückgekehrt. Der BCF startet an diesem Mittwoch, 18.30 Uhr, beim SV Kirchanschöring in die entscheidende zweite Runde um den Ligaverbleib. Auch hier wird eine der zentralen Fragen lauten, wer den Tick frischer ist. Bei ihren Duellen mit dem SE Freising - einem 4:2-Auswärtssieg und im Rückspiel einem 3:3 - dürfte es auch den Kirchanschöringern zumindest nicht langweilig gewesen sein.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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