Basketball:Zu wenig Energie

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Gegen Oldenburg verliert der FC Bayern erstmals in dieser Basketballsaison eine Bundesliga-Partie - und Trainer Andrea Trinchieri in einer turbulenten Schlussphase die Fassung.

Von Ralf Tögel

Für seine Verhältnisse und den Anlass vergleichsweise ruhig - und doch sehr aufgewühlt: Bayerns Basketball-Trainer Andrea Trinchieri (li.) wollte im Spiel gegen Oldenburg eine Erklärung von Schiedsrichter Dennis Sirowi. (Foto: Ulf Duda /fotoduda/imago)

Plötzlich stand Andrea Trinchieri mitten auf dem Spielfeld. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern München hatte natürlich nicht vor, höchstselbst Hand an den Ball zu legen. Vielmehr suchte der Italiener die Nähe von Dennis Sirowi, einem der drei Schiedsrichter. Der aber hatte wenig Lust auf einen Austausch mit dem Münchner Coach, also verfolgte ihn Trinchieri ein paar Schritte lang. Dem FCB-Trainer war natürlich längst klar, dass dies seine letzte Aktion im Bundesliga-Spiel bei den EWE Baskets Oldenburg war, auch war er für seine Verhältnisse und den Anlass vergleichsweise ruhig.

Er wollte offenbar nur eine Erklärung für die gerade gefällte Entscheidung. Die bekam er dann, nahm sie wenig zufrieden zu Kenntnis, spuckte den Unparteiischen noch ein paar unschöne Worte vor die Füße und trollte sich ruhigen Schrittes in die Kabine. Dieser Vorfall war der Beginn einer turbulenten Schlussphase im Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga, das die bis dahin ungeschlagenen Bayern mit 95:100 Punkten verloren und somit die erste Saisonniederlage hinnehmen mussten.

Oldenburg profitierte zweifellos auch von den Strapazen der Bayern

Der Schaden für die Münchner hält sich freilich in Grenzen, der Titelfavorit ist als Zweiter hinter Ludwigsburg in einem Feld von fünf Teams mit 12:2 Punkten weiterhin ganz vorne dabei. Das Zustandekommen aber ärgerte den Bayern-Trainer auch noch am Tag danach hörbar: "Oldenburg ist ein sehr gutes Team, eine gute Organisation mit einem guten Coach. Bayern spielt in der Euroleague und ich erwarte wirklich, dass jeder auf dem Level dieses Spiels ist. Oldenburg war auf dem Level, wir haben versucht, dagegen zu halten - aber die drei Schiedsrichter?" Die Antwort hatte Trinchieri natürlich auch parat, das Trio sei überfordert gewesen, "so ein Spiel zu leiten und auch zu verstehen".

"Wie der Körperkontakt in einigen Schlüsselmomenten des Spiels ausgelegt wurde", habe sein Team benachteiligt, befand Trinchieri. Er würde es bevorzugen, dass Basketballer wie Oldenburgs überragender Rickey Paulding oder FCB-Center Jalen Reynolds derlei Duelle entscheiden, nicht aber die Unparteiischen. Die Leistung des Gegners wollte er damit aber ausdrücklich nicht schmälern, denn Oldenburg hat auch neben Paulding - der 38-jährige Routinier spielt die Saison seines Lebens und war mit 26 Zählern bester Werfer des Abends - enorme Qualität in der Offensive: Center Rasid Mahalbasic etwa (15 Punkte), Spielmacher Phil Pressey (12) oder Distanzschütze Philipp Schwethelm (11). "Meine Kritik ändert nichts am großartigen Spiel der Oldenburger, ich gratuliere von ganzem Herzen", sagte Trinchieri.

Oldenburg profitierte zweifellos auch von den Strapazen der Bayern, die am Mittwoch bei St. Petersburg unglücklich unterlagen und am Freitag gegen den spanischen Meister Vitoria-Gasteiz einen 77:66-Triumph schafften. In Oldenburg fehlte die Energie, das erste Viertel ging mit 21:29 verloren, Oldenburg hatte die Grundlage für den Erfolg geschaffen. Aber die Bayern kämpften, Kapitän Nihad Djedovic (17 Punkte) tat sich hervor, auch Paul Zipser (12), D. J. Seeley und Zan Sisko punkteten zweistellig, zur Pause war der FCB (50:55) wieder dran.

Fast die Wende im Spiel gegen Oldenburg geschafft: Münchens Spielmacher Wade Baldwin. (Foto: Andreas Burmann /imago)

Doch Oldenburg witterte seine Chance - und hatte auch die Klasse, immer wieder zuzulegen. Bis auf 85:75 waren die Niedersachsen enteilt, als Trinchieri das Spielfeld enterte. Vielleicht wollte der gewiefte Italiener ja auch ein Zeichen setzen und mit dem kleinen Spektakel letzte Kräfte bei seinen Spielern freisetzen - viele Trainer streuen derlei Geplänkel zu solchen Zwecken ein. Wie auch immer, beinahe hätte es gefruchtet, denn fortan startete FCB-Regisseur Wade Baldwin im Alleingang eine furiose Aufholjagd. Ein ums andere Mal dribbelte sich der elegante Guard, der insgesamt mit 25 Punkten glänzte, durch die Oldenburger Reihen und führte sein Team bis auf zwei Punkte heran (90:92), zu mehr reichten die Kräfte aber nicht.

Nun müssen die Bayern zusehen, Energie zu tanken und das Spiel schnell aus den Köpfen zu bekommen, am Mittwoch steht das Euroleague-Gastspiel in Litauen bei Žalgiris Kaunas an, am Sonntag kommt Bamberg. "Es ist schwer in Worte zu fassen, was ich jetzt gerade fühle. Es ist gerade eine schwere Zeit für uns", sagte Paul Zipser, ein des Nachtretens stets unverdächtiger Sportsmann. Nach der Niederlage aber befand er: "Einige Pfiffe haben es uns zusätzlich schwer gemacht. Ich bin sehr stolz auf unser Team und darauf, wie wir zurückgekommen sind."

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