Basketball:Wanderer zwischen den Welten

Lesezeit: 3 min

"Ich bin inzwischen viel ruhiger am Ball": Sebastian Schmitt beim Kantersieg gegen Oberhaching. (Foto: Claus Schunk)

Sebastian Schmitt hat vom FC Bayern München einen Profivertrag erhalten. Während der 19-Jährige regelmäßig bei Cheftrainer Svetislav Pesic mittrainiert, sammelt er weiterhin in der Regionalliga-Mannschaft Spielpraxis

Von Matthias Schmid, München

Am Ende bildeten sich rote Flecken auf dem weißen Trikot. Blut. Sein eigenes. Sebastian Schmitt hat zuvor unliebsame Bekanntschaft mit dem Ellbogen eines Gegenspielers gemacht. Nun tropfte es aus seiner Nase. "Spinnst du", schrie Marko Pesic erregt aufs Parkett, als er die Szene sah. Er meinte den Gästespieler. Es war kein Spiel in der Basketball-Bundesliga des FC Bayern gewesen, auch nicht im Eurocup. Es war ein Spiel des FC Bayern II. Regionalliga Südost. Vierthöchste deutsche Klasse. Sebastian Schmitt genießt bei der sportlichen Führung viel Beachtung, im vergangenen Sommer hat er einen Profivertrag unterschrieben. Für zwei Jahre.

Er trainiert bei der Mannschaft von Cheftrainer Svetislav Pesic mit - und spielt regelmäßig in der Regionalliga. Er steht also unter besonderer Beobachtung. Am vergangenen Samstagabend gegen den TSV Oberhaching-Deisenhofen (100:65) waren nicht nur die beiden Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic und Volker Stix in der Halle, sondern auch Svetislav Pesic schaute zu. "Man versucht das natürlich auszublenden, dass die alle da sind", gibt Schmitt zu.

Der 19-Jährige muss sich keine Sorgen um seine Wertschätzung machen, er hatte sich ordentlich präsentiert. Der gebürtige Rosenheimer ist Spielmacher, einer, der mit seinen überraschenden Pässen seine Mitspieler besser machen will. "Ich bin niemand, der mit vielen Würfen auffällt", sagt er selbst. Seine Stärken liegen im Ballvortrag, im Passspiel, er hat gute Augen und schnelle Beine. Und er kann seine Gegenspieler so lästig verteidigen, dass er viele Bälle klauen kann in einer Partie. Gegen Deisenhofen holte er sieben dieser sogenannten Steals. Ein sehr guter Wert: "Für Basti ist es wichtig, dass er viel Spielpraxis bekommt", sagt Svetislav Pesic. Er mag Schmitt, weil er ein Typ ist, der am liebsten von früh bis spät üben würde.

Noch vor der Partie am Abend trainierte er mit den Profis, eineinhalb Stunden lang. "Der Coach hatte schon Rücksicht genommen, dass wir später noch ein Spiel haben", erzählt er. Schmitt gehört neben Daniel Mayr, Karim Jallow und Richard Freudenberg zu den begabten Spielern, die behutsam an die Bundesliga herangeführt werden sollen. Anders als seine jungen Kollegen wartet er auf einen Einsatz in der BBL aber noch vergeblich "Ich hoffe, dass ich in dieser Saison noch spielen darf", sagt Schmitt. Aber allein schon, dass er mit Profis wie Alex Renfroe oder Anton Gavel üben und von ihnen lernen darf, habe sein Niveau angehoben, sagt Schmitt. "Ich bin inzwischen viel ruhiger am Ball."

Außerdem hat er gelernt mit den Unterschieden in beiden Welten umzugehen. Im Training der Profis hat er sich noch keine blutige Nase geholt. "Bei ihnen geht es auch hart zur Sache, aber sie können solche Zweikämpfe besser einschätzen als die Amateure", findet Schmitt und fügt hinzu: "Ich kann damit gut leben, dass ich in der Regionalliga mal eine abbekomme." Selbstverständlich ist das aber nicht. "Bleib ruhig, Basti", rief ihm Marko Pesic noch hinterher, als er mit schmerzender Nase das Feld verlassen musste.

Sebastian Schmitt hat sich von der ruppigen Art der Deisenhofener aber nicht beeindrucken lassen, im Gegenteil. Er verwandelte alle sechs Freiwürfe und kam am Ende auf acht Punkte und vier Korbvorlagen. Er findet immer besser in die Saison hinein, die für ihn wie ein Albtraum begonnen hat: mit einer größeren Verletzung. Im Spiel gegen die München Baskets war er mit dem rechten Fuß so unglücklich umgeknickt, dass zwei Bänder im Sprunggelenk rissen. Acht Wochen Pause waren die Folge. "Ich habe zum ersten Mal so lange aussetzen müssen", sagt Schmitt. In den ersten Wochen, als ein Gips seinen Fuß ruhigstellte, wusste er nicht viel mit sich und seiner Freizeit anzufangen. "Ich habe viel Playstation gespielt", gibt er zu. Basketball natürlich. NBA. Aber er war froh, dass er nach ein paar Wochen wieder Sebastian Schmitt sein durfte und nicht länger Dirk Nowitzki oder LeBron James sein musste. Er will seine eigene Karriere starten, in der Bundesliga, für den FC Bayern. Doch zuvor soll sich noch ein anderer Wunsch erfüllen: Der Aufstieg mit der zweiten Mannschaft in die ProB. Die Münchner sind punktgleich mit Tabellenführer Leitershofen - auch dank Sebastian Schmitt.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: