Basketball:Scherben ohne Glück

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Trotz kanadischem Zugang haben Dachau Spurs Abstiegssorgen

Von Matthias Schmid, Dachau

Harri Schirmann war auf den zerstörerischen Moment vorbereitet. Er hatte irgendwie geahnt, dass der Dunk von Predrag Gavran nicht gut für sein Glasbrett ausgehen würde. Als der 2,11 Meter lange Co-Trainer des TSV Oberhaching-Deisenhofen, ein Baum von einem Mann, dann am Samstagabend den Ball tatsächlich durch den Korb stopfte und anschließend noch eine Weile an dem Ring baumelnd verweilte, begann das Glas zu brechen, erst langsam, dann immer schneller, um schließlich wie ein Wasserfall in Tausende Splitter auf den Hallenboden zu stürzen. "Unsere Anlage ist völlig veraltet", bekannte der Abteilungsleiter der Dachau Spurs, "wir hätten sie längst aussortieren müssen." Doch von der Stadt gibt es dafür kein Geld, weil irgendwann der Umzug des Vereins erfolgen soll; bei den modernen Anlagen klebt der Korb auch nicht direkt am Glas, sondern ist an einem Gestell befestigt. "Wir hatten noch ein Glas auf Vorrat", sagte Schirmann, das Reglement der 1. Basketball-Regionalliga schreibt das so vor.

Die Scherben und die halbstündige Pause vor dem Anpfiff brachten den Dachauern kein Glück, im Gegenteil. Oberhaching führte nach fünf Minuten 12:0. "Wir sind von Anfang an einem Rückstand hinterhergelaufen", haderte Schirmann nach der 61:77-Niederlage mit der Leistung seiner Spieler: "So müssen wir uns langsam mit dem Abstieg beschäftigen."

Fürwahr: Die Mannschaft von Cheftrainer Roland Sovarzo liegt nach 15 Spielen mit nur einem Sieg auf dem letzten Platz. Noch stehen elf Spiele aus. "Wir haben im Moment aber kein Selbstvertrauen, spielen verkrampft und brauchen dringend ein Erfolgserlebnis", weiß Schirmann.

Ende in tausend Teilen: Vor der Partie gegen Oberhaching zerbarst die Glaswand der Dachauer Korbanlage. Kein gutes Omen für die folgende Partie. (Foto: Niels P. Jörgensen)

Daheim gegen den Tabellenfünften hatten er und Sovarzo ein Duell erwartet, das bis in die Schlussminuten hinein ausgeglichen sein würde. Die ersten Spiele in diesem Jahr gegen Tabellenführer Nördlingen und im Pokal gegen den Tabellenzweiten Vilsbiburg hatten trotz der Niederlagen angedeutet, dass Dachau doch noch die Wende zum Guten in dieser Saison gelingen könnte. Helfen soll dabei O'Brian Wallace, der Kanadier mit jamaikanischem Pass ersetzt seit Weihnachten den US-Amerikaner Nate Walker, der das Spurs-Spiel nie hatte prägen können. "Nate war ein Fehleinkauf", sagt Schirmann: "Von einem ausländischen Spieler muss einfach mehr kommen." Er durfte deshalb auch nicht mehr aus seinem Heimaturlaub zurückkehren. Es war Zufall, dass die Dachauer für ihn schnell Ersatz fanden: Wallace hielt sich schon in Deutschland auf und sollte beim Bundesligisten Oldenburg für dessen zweite Mannschaft in der Regionalliga spielen. Doch nachdem dort ein Ausländerplatz belegt war, hätte er sich bis Februar gedulden müssen. "Ich wollte sofort spielen", sagt Wallace - und ließ daraufhin seinen Agenten nach einem neuen Klub fahnden. "O'Brian ist in der Offensive viel stärker als Nate", sagt Schirmann. Der 27-Jährige ist ein vielseitiger Spieler auf den kleinen Guard-Positionen. Er kann sowohl von außen werfen als auch zum Korb ziehen. "Und er übersieht seine Mitspieler nicht", sagt Sovarzo. In seinen ersten beiden Spielen warf er 30 Punkte im Schnitt. "Ich bin nicht so leicht vom Punkten abzuhalten", sagt Wallace selbstbewusst.

Gegen Oberhaching musste er sich mit 24 Punkten begnügen. Es hatte sich in der Liga schnell herumgesprochen, dass sich den Dachauern ein außergewöhnlicher Spieler angeschlossen hat. Oberhachings Trainer, der ehemalige Nationalspieler Robert Maras, fand ein Defensivsystem, um ihn weitgehend aus dem Spiel zu nehmen. "Das haben sie sehr gut gemacht", lobte Schirmann, "O'Brian war diesmal nicht so dominant wie in den ersten Spielen."

Trotzdem sah es im Schlussviertel kurz so aus, als könne Dachau herankommen. Nach einem Dreier von Philipp Schnitzler und einem Korbleger von Sam Scheurich verkürzte die Heimmannschaft auf 52:59 (34.). Doch kurz danach führten die Gäste wieder zweistellig. "Die Niederlage war doch sehr enttäuschend", fand Schirmann. Er rechnet damit, dass sie aus den letzten elf Spielen mindestens sechs gewinnen müssen. "Das wird schwer", ahnt Sovarzo. Unmöglich findet er das Unterfangen aber nicht. In dieser Saison wird es nur einen Absteiger geben. Erfurt liegt vier Punkte vor Dachau. "Wir haben das Potenzial, um Erfurt zu überholen", sagt Schirmann. Vielleicht bringen die Scherben ja in den nächsten Spielen Glück.

© SZ vom 20.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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