Basketball-Regionalliga:"Ich will die Jungs nicht zermürben"

Lesezeit: 4 min

Bayern-II-Coach Oliver Kostic über seine schwierige Anfangszeit in München, die Verlängerung seines Vertrags und den Stil von Svetislav Pesic

interview Von Matthias Schmid

SZ: Herr Kostic, was machen Ihre Deutschkenntnisse?

Oliver Kostic: Sie sind schon viel besser geworden, aber ich muss noch viel mehr in den Unterricht investieren, damit ich auch richtige Gespräche führen kann. Das ist mein Ziel für die nächsten Monate. Ich hoffe, dass wir dann mal auf Deutsch ein Interview führen können.

Genügend Zeit zum Üben bleibt Ihnen ja, Sie haben Ihren Vertrag bis Sommer 2017 verlängert. Als Sie im vergangenen Jahr beim FC Bayern als Nachwuchstrainer begannen, wussten Sie noch nicht, ob Sie so lange bleiben wollen. Was sind die Gründe für Ihren Sinneswandel?

Ganz einfach, meine Mission hier ist noch nicht beendet. Ich verlasse ungern etwas, was noch nicht fertig ist. Wenn ich eines Tages den FC Bayern verlassen sollte, möchte ich ein Nachwuchsprogramm hinterlassen, das noch lange Jahre bestehen bleibt. Als ich damals anfing, war es für mich allerdings eine große Herausforderung, ein Konzept zu entwickeln und zu starten, das eine sehr gute Verbindung zwischen erster und zweiter Mannschaft schafft. Das ist gut gelungen, weil es in Karim Jallow, Sebastian Schmitt und Dejan Kovacevic mittlerweile drei Spieler in den Profikader geschafft haben. Die Saison ist auch mit der deutschen U19-Meisterschaft sehr erfolgreich verlaufen. Aber jetzt ist es wichtig, dass wir eine Verbindung zwischen zweiter und dritter Mannschaft herstellen, die wir in dieser Saison neu ins Leben gerufen haben.

Was sind die Schwerpunkte in dieser Saison?

Im vergangenen Jahr haben wir darauf geschaut, dass wir uns verstärkt der zweiten Mannschaft widmen. Wir hatten ein neues Team mit vielen jungen Spielern, von denen noch nicht klar war, welches Potenzial sie haben. Der Anfang war ziemlich schwierig. Es mussten erst einige Monate vergehen, bis wir alle feststellen konnten, dass die Mannschaft einen großen Sprung gemacht hat und sich jeder einzelne von ihnen auch basketballerisch so gut entwickelt hat, dass er auf hohem Niveau spielen und trainieren kann.

Oliver Kostic inmitten seiner Spieler. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Einige Eltern befürchteten schon, dass Sie zu hart mit ihren Kindern trainieren ?

Wenn du als Trainer bei einem neuen Klub anfängst, dauert es einige Zeit, bis du herausfindest, an welchen Platz bestimmte Sachen gehören. Ich habe sehr hohe Ansprüche an die Jungs, mir geht es aber nicht darum, sie zu zermürben oder sie unnötig zu plagen, sondern ich will sie fit machen für den Profibasketball, ihnen aufzeigen, was es heißt, professionell zu trainieren. Ich musste ihnen erst mal vermitteln, wie man sich auf eine Übungseinheit vorbereitet und wie man sie nachbereitet. Das war ein harter Prozess und brauchte Zeit. Deshalb war es auch so wichtig, dass wir in den Audi Dome umgezogen sind, um dort zu trainieren. Hier bewegen sie sich in unmittelbarer Nähe zu den Profis, sie können hautnah erleben, wie die trainieren und wie sie sich in diesen und jenen Situationen verhalten. Das ist unbezahlbar für die Entwicklung der Jungs und für sie ein großes Erlebnis.

Sie mussten wegen der Schule sicherlich auch Kompromisse eingehen.

Das Schulsystem ist sehr speziell in Deutschland. Von Land zu Land unterscheidet sich aber nicht nur das Schulsystem, sondern auch die Mentalität im Sport, die Ambitionen. Das musste ich erst einmal alles kennen lernen und mich daran gewöhnen. Das habe ich auch in meinen Ansprachen gemerkt, die für den einen oder anderen vielleicht etwas zu schroff waren. Aber wir haben schnell Lösungen für alles gefunden und herausgefunden, wie wir miteinander umgehen müssen, damit es im Sinne der Entwicklung ist.

Wie wichtig wäre es denn für die jungen Spieler, endlich in die unterste Profiliga ProB aufzusteigen, was schon seit Längerem angestrebt wird?

Wir haben die gleiche Mannschaft, aber die Spieler sind ein Jahr erfahrener und viel besser. Sie können auch alle viel mehr trainieren, weil sie ihre Schule oder andere Dinge beendet haben. Man spricht oft despektierlich über die Regionalliga, aber es gibt dort wirklich gute Mannschaften und genug Spiele, um sich auf hohem Niveau messen zu können. Aber wir haben nicht geplant, dort ewig zu bleiben.

War es Ihre Idee, eine dritte Mannschaft zu etablieren?

Das Schöne hier ist, dass ich viele Freiheiten genieße, um meine Ideen einbringen zu können. Aber ich bin nicht allein. Ich habe sehr gute Kollegen und ich spreche natürlich alles mit der Organisation um Marko Pesic, Volker Stix (die beiden Geschäftsführer des FC Bayern Basketball; d. Red.) und Andreas Minges (Abteilungsvorstand; d. Red.) ab. Wir entscheiden zusammen. Am Ende des Tages stehe ich in der Verantwortung, wie das Programm läuft und wie die Ideen an die Wirklichkeit angepasst werden können.

Teil des Nachwuchskonzepts ist es, dass Sie das gleiche defensiv-orientierte Grundkonzept der Profis spielen. Dürften Sie denn auch anders spielen lassen oder wären Sie dann nicht beim FC Bayern?

Wir folgen natürlich der Basketballphilosophie der ersten Mannschaft, das ist doch auch logisch. Basketball besteht aus Defense und Offense, und beides muss sich in einem guten Gleichgewicht befinden. Es gibt nicht den einzigen Weg, gute Defensive zu spielen. Uns ist es dabei wichtig, dass unsere Spieler gar nicht merken, in welcher Mannschaft sie gerade spielen, was die Philosophie und das System anbelangt. Wir folgen zwar den Vorgaben der ersten Mannschaft, haben aber auch unsere defensiven Optionen. Das haben wir zwischen zweiter Mannschaft und U19 so gehalten und das werden wir auch so zwischen zweitem und drittem Team weiterführen.

Aber ist der Pesic-Basketball auch Ihr Basketball?

Ich habe so viel Zeit mit ihm verbracht, zum Beispiel als Assistenztrainer in Rom, Belgrad und Moskau, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt. Ich mag diesen Basketball. Natürlich kreiert jeder Trainer seinen persönlichen Stil des Coachings. Zumal ich mich als Nachwuchstrainer zum Beispiel dem Alter und dem Talent der vorhandenen Spieler anpassen muss. Ich habe in München jeden Tag die große Möglichkeit, mit Svetislav Pesic über Basketballfragen zu sprechen. Das ist doch toll.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: