Basketball-Bundesliga:Es wird lauter

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Die Mannschaft des FC Bayern München zeigt auchbeim Heimsieg gegen Aufsteiger Vechta alt bekannte Schwächen

Von Matthias Schmid, München

Für einen einhändigen Wurf auf den Korb ist der Basketball noch zu schwer für den jüngsten Sohn von Anton Gavel, also nahm er am späten Samstagabend im Audi Dome beide Hände zu Hilfe, um zu werfen. Auf die Idee, ihn zu Luca Pesic, dem Sohn des Bayern-Geschäftsführers Marko Pesic, zu passen, der neben ihm stand, kam der kleine Gavel nicht. Dabei scheint doch nichts naheliegender zu sein, als dass auch die Kinder des FC-Bayern- Spielmachers die Bälle selbstlos weiterleiten zum besser postierten Mitspieler.

Anton Gavel, 32, ist wohl der uneigennützigste Spieler der Liga, beim 85:72-Sieg gegen Rasta Vechta stellte der Deutsch-Slowake mit zwölf Korbvorlagen eine neue persönliche Bestmarke in der Basketball-Bundesliga auf. Bayern-Trainer Sasa Djordjevic rief Gavel hinterher sogleich zum Vorbild für seine Mannschaft aus. "Seine Persönlichkeit ist das, was wir brauchen. Jeder einzelne Spieler bei uns muss begreifen, dass alle so spielen müssen wie er", sagte der Serbe nach dem Spiel.

In seinen Worten schwang der indirekte Vorwurf mit, dass ihm die Darbietung gegen den durchaus renitenten Aufsteiger nicht gefallen hatte. "Demütig" war das Lieblingswort von Djordjevic an diesem Abend. Seine Spieler hatten mit Ausnahme von Gavel und den beiden besten Werfern Bryce Taylor (23 Punkte) und Vladimir Lucic (18) vor allem in der ersten Hälfte wieder das Arbeitsethos vermissen lassen, das Dordjevic nun schon seit Längerem auch öffentlich einfordert. "Wir müssen endlich verstehen, dass jedes Spiel hart ist und wir unser Bestes geben müssen." Nach einem lockeren und engagierten Beginn mit drei erfolgreichen Dreiern (zweimal Taylor, einmal Nihad Djedovic) führten nach dem ersten Viertel plötzlich die Gäste aus Vechta (23:20), die vom früheren Münchner Co-Trainer Andreas Wagner trainiert werden. Besonders in der ersten Hälfte hielten die Münchner - bis auf Gavel - eine seriöse und intensive Verteidigung für so überflüssig wie die Showtruppe der Harlem Globetrotters, die sich am Samstag mit ein bisschen Schabernack für ihren nächsten Auftritt in München vorstellte. Djordjevic wirkt zunehmend genervt und auch ein bisschen ratlos, weil es ihm nicht gelingt, seinem talentierten Team die Flausen auszutreiben. Mitunter warfen sie beim Einwurf den Ball dem Gegner zu oder ließen sich die Bälle wie Hobbyspieler klauen. "So kannst du nicht spielen", schimpfte der Cheftrainer und fragte sich selber, was er denn dagegen tun könnte.

Gegen Vechta stand es zur Pause 43:42 - und Djordjevic wurde in der Kabine laut, wie der 49-Jährige später erzählte: "Aber Schreien darf nicht der Weg sein. Das muss schon von den Spielern selbst kommen." Manchmal jedoch hilft nur die richtige Lautstärke, um eine seltsam ermattet wirkende Mannschaft wachzurütteln. Nach dem Seitenwechsel wurde es dann auch tatsächlich besser. Die Bayern nahmen die Abwehrarbeit nun sehr viel ernster und gingen im dritten Viertel folgerichtig erstmals zweistellig in Führung (63:50). "So müssen wir spielen", sagte Djordjevic, "das muss unsere Trademark sein."

Über die Schwankungen während der Spiele rätseln auch die Spieler selbst, etwa Nationalspieler Danilo Barthel: "Wir müssen wieder mehr Intensität aufs Parkett bringen und sehr viel geschlossener als Team spielen." Zum Vorbild taugt da tatsächlich Anton Gavel, der immer Lust hat, sich zu quälen. Und mit seinen Vorlagen machte er die Mitspieler besser und verhalf ihnen zu einfachen und bisweilen spektakulären Körben. Sein Stellvertreter Nick Johnson muss in diese Rolle erst noch hineinfinden. Der NBA-erprobte Zugang ist noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt, er muss den Basketball in Europa noch kennenlernen -oder die Gangart der Schiedsrichter. Obwohl der Amerikaner nur eine Viertelstunde spielte, schied er mit fünf persönlichen Fouls vorzeitig aus. Da half es auch nichts, dass Djordjevic seinen Spielmacher immer wieder für Erklärungen an die Linie holte. Klar wurde, dass es viel Gesprächsbedarf gibt, auch mit den übrigen Spielern. Denn die nächsten Partien im Eurocup, zunächst in Murcia und dann zu Hause gegen Malaga, dulden keinen Schlendrian, wenn die Bayern international über die anvisierte Zwischenrunde hinaus noch eine gute Rolle spielen wollen. "Andernfalls haben wir keine Chance", stellte Djordjevic klar. Die notwendige Einsicht scheint immerhin gegeben: "An der richtigen Einstellung werden wir hart arbeiten, um die Aufs und Abs zu minimieren", versprach Flügelspieler Lucic.

Es wäre an der Zeit, Taten folgen zu lassen. Denn der Anspruch der Führungsetage beschränkt sich nicht auf Siege gegen Aufsteiger. Und die Geduld des Trainers dürfte auch nicht unendlich sein.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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