Basketball-BBL:Nur ein Tritt gegen das Schienbein

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Der FC Bayern wirkt nach dem Triumph gegen Fenerbahce vom Donnerstag zu Beginn gegen Jena müde. Nach der Pause dreht der Meister auf und feiert den 18. Sieg im 18. Spiel.

Von Ralf Tögel, München

Was war das für ein Fight. Wie zwei Schwergewichtsboxer waren die Kontrahenten aufeinander losgegangen, teilten aus, steckten ein, wankten, kamen zurück und am Ende hatten die Basketballer des FC Bayern München dem Euroleague-Tabellenführer Fenerbahçe Istanbul nach zweimaliger Verlängerung den Knockout zum 90:86 versetzt. Und nun stand dieser Gegner aus der Mittelgewichtsklasse dem übermächtigen Bundesligatabellenführer gegenüber - und trat dem Favoriten erst einmal ordentlich gegen das Schienbein. Science City Jena gewann das erste Viertel mit 24:19 Punkten, düpierte den Double-Sieger gar mit einem 9:0-Lauf zu Beginn der Partie, letztendlich aber musste sich der Gast standesgemäß deutlich mit 71:103 Punkten beugen. Die Münchner bestätigten mit dem 18. Sieg im 18. Spiel ihre Vormachtstellung und langsam muss sich die Konkurrenz die Frage stellen, wie man dieses Team im Kampf um den deutschen Meistertitel überhaupt stoppen kann.

Natürlich hatten die Bayern die furiose Euroleague-Partie vom Donnerstagabend noch in den Knochen, schließlich stecken da keine Maschinen in den blau-roten Trikots. Aber ebenso erwartbar zeigte sich die individuelle Klasse der Gastgeber als viel zu groß für ein Team wie Science City Jena. Entsprechend nüchtern rekapitulierte Gäste-Coach Björn Harmsen das Geschehen der ersten zehn Minuten. "Wir haben uns aufgrund der Donnerstagsspiels der Bayern vorgenommen, mit viel Energie rauszugehen und ihren Rhythmus zu stören." Das habe ja passabel geklappt, doch dann "hat sich diese Qualität durchgesetzt". Zwischenzeitlich klang bei Harmsen gar Bewunderung für den Gegner durch, selbstverständlich habe er die Partie gegen Fenerbahçe verfolgt, "da ist man bis zu einem gewissen Maß auch Fan. Ich habe mich über den Bayern-Sieg gefreut."

Am Freitag werde ich dich wiedersehen: Danilo Barthel (li.) freut sich auf Derrick Williams, der mittlerweile das Trikot von Fenerbahce trägt. Hier freuen sich beide über einen Euroleague-Sieg - gegen Fenerbahce. (Foto: Jan Huebner/imago)

Die Freude über den Auftritt seiner Mannschaft am Samstagabend verflog allerdings recht zügig, denn bis zur Halbzeit hatten die Bayern das Ergebnis mit einer 45:38-Führung einigermaßen zurecht gerückt. Um dann zu demonstrieren, was passiert, wenn dieses Team in einen Lauf kommt, wenn die Würfe fallen. "Das ist mit Abstand die beste Mannschaft der Liga", fand Harmsen, diese Qualität im Kader auch in der Tiefe ist einmalig." Nach dem Pausentee kamen die Thüringer folglich ordentlich unter die Räder, die Bayern versetzten Jena einen Wirkungstreffer nach dem anderen, zeitweise wirkte es, als würde der FCB ein Dreipunktewurftraining absolvieren. Mit schnellen und präzisen Pässen wurde der Gast schwindlig gespielt, ehe der freie Werfer sicher vollenden konnte. Letztendlich versenkten die Bayern 19 Dreier bei 34 Versuchen, angesichts der neun Fehlversuche allein im ersten Viertel ein ausgezeichneter Wert.

Dabei fiel nicht einmal ins Gewicht, dass in Maodo Lo (krank) und Leon Radosevic (Fußverletzung) zwei Akteure kurzfristig passen mussten. Weil Devin Booker und Milan Macvan seit Wochen fehlen und Stefan Jovic nach sechs Minuten wegen Schmerzen in der Hüfte den Dienst quittieren musste, hatte Dejan Radonjic, der am Samstag seinen 49. Geburtstag feierte, eine Handvoll wichtiger Akteure zu ersetzen. Was er gewohnt knapp kommentierte: "Jena war richtig gut zu Beginn, in der zweiten Halbzeit waren unsere Defense und die Dreierquote besser."

Zwar schickt Jena eine abgezockte Auswahl mit BBL-Veteranen wie Allen Derrick, Dru Joyce und Julius Jenkins in die Saison, zudem den wuchtigen Ronald Roberts, der von Hapoel Jerusalem kam und mit 22 Punkten bester Werfer des Abends war. Aber irgendwann schwanden die Kräfte aus - und Jena hat eben nicht wie die Münchner "13, 14 Spieler, die bei jedem anderen Verein in der Bundesliga ganz oben mitspielen würden", so Coach Harmsen.

Spieler wie Braydon Hobbs oder Robin Amaize (beide 15 Punkte), die nur darauf warten, ihr Können unter Beweis zu stellen, da sie ansonsten weniger Spielzeit bekommen. Besonders Amaize zeigte eine Klasseleistung, auch Nemanja Dangubic (10) wird zusehends zum Faktor im FCB-Spiel. Topscorer war Nihad Djedovic mit 16 Zählern, auch Petteri Koponen (10) und Derrick Williams (11), der die Fans einmal mehr mit ein paar spektakulären Aktionen beglückte, punkteten noch zweistellig.

Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Spielfreude dieser NBA-erprobte Amerikaner zu Werke geht, egal gegen wen es geht. Motivationsprobleme kennt er nicht, was Williams einfach zu erklären weiß: "Wir haben den Euroleague-Champion besiegt und sind in der Bundesliga ungeschlagen. Aber so darf man nicht denken, man muss das in jedem Spiel aufs Neue beweisen, egal wer dein Gegner ist." Er habe das von LeBron James gelernt, erzählt Williams, der "mein großer Mentor war". Immer alles geben, das sei das Credo des wohl besten Basketballspielers derzeit. Was ja auch im Audi Dome ganz passabel geklappt hätte: "Wir haben das heute getan und mit 30 Punkten gewonnen."

Selbst Jena-Coach Harmsen zeigte sich von Derrick Williams angetan: "So einen Spieler in der Bundesliga zu sehen, das ist einfach unfassbar beeindruckend."

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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