Auftakt in der Fußball-Bayernliga Süd:Mehr Drang als Sturm

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Garching hat Angreifer Prunitsch verloren, Pullach muss Akkurt ersetzen, Wolfratshausens Offensiv-Allrounder Guèye erleidet Kreuzbandriss. Was nun? Am besten den FC Unterföhring fragen: Der feiert nach dem Weggang beider Torjäger plötzlich Kantersiege

Von Stefan Galler, München

Erst ein Monat ist verstrichen, seit das letzte Aufstiegsspiel einen dicken Strich unter die Fußballsaison 2014/15 zog: Der VfR Garching unterlag Mitte Juni in der Regionalliga-Relegation dem FC Amberg. Nur wenige Tage später starteten andere Vereine bereits wieder in die Vorbereitung auf die neue Saison in der Bayernliga Süd. Und die beginnt nach dem vorgezogenen Auftaktspiel zwischen Vilzing und Erlbach an diesem Wochenende so richtig, wenn der Rest der Liga ins Geschehen eingreift, darunter sieben Mannschaften aus der Region München.

Rückkehrer-Duell: Orhan Akkurt (links) wechselte vom SV Pullach zum SV Heimstetten, Florian de Prato spielt wieder für den VfR Garching. (Foto: Claus Schunk)

Nach Meinung vieler Beobachter ist der VfR Garching einer der großen Favoriten auf den Meistertitel. Der Absteiger konnte zwar nicht alle seine Stammkräfte halten, so verließen beispielsweise Lucas Genkinger (1860 München II) und Torjäger Stefan Prunitsch (Ziel unbekannt) den Verein, im Gegenzug holte Trainer Daniel Weber etwa die gestandenen Regionalligaspieler Daniel Maus und Maximilian Knauer (beide TSV Buchbach) oder Stürmer Mario Staudigl, im Vorjahr 18-maliger Torschütze für den Bayernliga-Absteiger SB-DJK Rosenheim. Und ein guter Bekannter kehrt zurück: Florian de Prato hat sein Intermezzo beim Kreisligisten TSV Moosach dazu genutzt, einen maroden Knorpel im Knie zu kurieren. "Er wollte zurück nach Hause", sagt Coach Weber.

Einst Blackpool, nun Pipinsried: Denny Herzig. (Foto: Imago)

Zum Start geht es für den VfR am Samstag (14 Uhr) gleich mal zum Derby beim TSV Dachau 1865, der in der Vorsaison als Neuling und Geheimfavorit in die Bayernliga gestartet war, jedoch jede Menge Lehrgeld zahlen musste. Erst als Trainer Marcel Richter seine Elf defensiver einstellte, kam der Erfolg zurück. Zur neuen Saison kommen vor allem Offensivkräfte, um die chronische Abschlussschwäche zu beheben, beispielsweise Giacinto Sibilia (Kammerberg) und Talent Dominik Schäffer (Karlsfeld) . Zuletzt wurde der ambitionierte Landesligist FC Ismaning im Test nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2 niedergerungen. Allerdings monierte Richter nach dem Spiel die mangelnde Chancenverwertung und die teilweise haarsträubenden Fehler hinten.

Das kennen sie auch beim SV Heimstetten bestens. Eine verkorkste Saison hat der ambitionierte Klub aus dem Münchner Osten hingelegt und stieg am Ende in der Relegation wie der VfR Garching aus der Regionalliga ab. Seither hat Manager Michael Matejka den Klub ziemlich umgebaut. Ein halbes Dutzend Stammkräfte wurden verabschiedet, auch Trainer Vitomir Moskovic musste den Verein verlassen, für ihn rückte Heiko Baumgärtner in die Verantwortung. Der 32 Jahre alte, bisherige Trainer der Reserve spielte einst in der Jugend beim FC Bayern, TSV 1860 und FC Augsburg, träumte von einer Profikarriere, ehe ihn eine schwere Knieverletzung mit 21 Jahren zum Aufhören zwang. Matejka erwartet, dass er sein Team Offensivfußball spielen lässt. Und setzt unter anderem auf Rückkehrer Orhan Akkurt, der in der Vorsaison für Pullach 32 Treffer erzielt hat.

Bei den Isartalern reißt der Weggang des Torjägers eine große Lücke. "Wir haben es leider nicht geschafft, für Ersatz zu sorgen", sagt Frank Schmöller, nach wie vor Cheftrainer des SV Pullach, kündigt jedoch eine Systemänderung an: "Dann spielen wir eben mit einer falschen Neun oder einer abkippenden oder sonst wie. Irgendeine Schweinerei werde ich mir schon einfallen lassen." Die Enttäuschung über den verpassten Meistertitel hätten sie an der Gistlstraße inzwischen verarbeitet, glaubt der Coach. Die Pullacher waren als souveräner Tabellenführer im Frühjahr böse eingebrochen, nachdem die Klubführung bekannt gegeben hatte, keine Regionalligalizenz zu beantragen. "Jeder, der bei uns geblieben ist, weiß jetzt wie es aussieht. Ich erwarte, dass alle zu hundert Prozent Gas geben", sagt Schmöller.

Während sich beim Sportverein die Umwälzungen trotz der deprimierenden Rückrunde in Grenzen halten, ist beim FC Pipinsried kaum ein Stein auf dem anderen geblieben, nachdem der kleine Klub in den Aufstiegsspielen sang- und klanglos gescheitert ist. Präsident Konrad Höß musste den total frustrierten Spielertrainer Tobias Strobl ziehen lassen, holte an seiner Stelle den früheren Profi Ömer Kanca, 25, der wie zuvor Strobl in guter alter Pipinsried-Tradition als Spielertrainer vorgesehen ist. Angesichts des Komplettumbaus senken sie im Dachauer Hinterland ihre Erwartungen: "Wir spielen in diesem Jahr um den Klassenerhalt", betont Höß, der allerdings einen echten Transfercoup landete: Innenverteidiger Denny Herzig, 30, einst in England beim FC Blackpool, bei Rot-Weiß Essen, Dynamo Dresden und Wacker Burghausen unter Vertrag, kommt vom SV Seligenporten und soll künftig die Abwehr stabilisieren. Dagegen ist Stürmer Christian Doll wohl auf dem Absprung, er wird mit dem Regionalligisten TSV Rain in Verbindung gebracht.

Vielleicht wäre Doll auch für den FC Unterföhring etwas gewesen, schließlich büßte der letztjährige Bayernliga-Neunte in Efkan Bekiroglu und Albion Vrenezi (beide FC Augsburg II) den Großteil seiner Offensivabteilung ein. Doch Präsident Franz Faber hat seine Hausaufgaben offensichtlich gemacht, er holte Abwehrspieler Uwe Schlottner vom FC Erding zurück - und der brachte seinen Spezl Daniel Jungwirth mit. Der ehemalige Profi, ausgebildet beim FC Bayern und in der zweiten Liga beim FC Ingolstadt aktiv, könnte in mancher Partie den Unterschied ausmachen. Die Vorbereitung lief jedenfalls geradezu verstörend gut. Im Toto-Pokal wurden die beiden Landesligisten TSV Eching (7:0) und VfB Hallbergmoos (8:0) regelrecht deklassiert. Dennoch betont Trainer Andreas Pummer, dass es nur darum gehe, "so schnell wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun" zu haben. Kurz vor dem Start am Wochenende wurde in Yakub Dora noch ein Mittelfeldspieler vom SV Türkgücü Ataspor verpflichtet.

Der erste Gegner der Föhringer ist am Samstag (16 Uhr) der BCF Wolfratshausen. Dort ist die Stimmung getrübt, seit sich Lamine Guèye in einem Testspiel vor einer guten Woche einen Kreuzbandriss zugezogen hat. Da auch Michael Marinkovic (Außenbandanriss im Knie), Christian Duswald (Muskelprobleme) und Lech Kasperek (Urlaub) zum Start fehlen, beschränkt man sich in Farchet vorerst auf Schadensbegrenzung. "Wir müssen jetzt zusehen, dass wir mit dem zurechtkommen, was wir haben", sagt Reiner Leitls Assistenztrainer Günter Wernthaler. Mit ständigen Ausfällen kennen sie sich beim BCF aus, und weil der Klub auch wirtschaftlich am Stock geht, mussten die Spieler vor der Saison zudem Prämienkürzungen hinnehmen. Ihr Kader sei breiter geworden, hatte der sportliche Leiter Klaus Brand erst kürzlich noch gesagt, nicht zuletzt angesichts der Genesung von Langzeitausfällen wie Marco Höferth oder Thomas Edlböck und dem Bleiben des umworbenen Winterzugangs Marinkovic hatte er optimistisch geklungen, dass es vielleicht wieder für das obere Tabellendrittel reichen könnte. Aber das ist nun schon wieder einige Verletzungen her.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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