Aufgalopp in Riem:Pferde, Wurst und Sonnenschein

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Mehr als Pferde und Männer in bunten Anzügen: "Die Leute müssen am Montag in die Arbeit kommen und ihren Kollegen erzählen: Das war cool." (Foto: Claus Schunk)

Der Münchener Rennverein glaubt an eine Zukunft - und hofft auf eine Saison ohne Minus.

Von Julian Galinski, München

Der Aufgalopp zu Saisonbeginn hat immer auch etwas von einer Castingshow. Dann gehen auf der Galopprennbahn in Riem einige vielversprechende Talente an den Start, um sich für größere Aufgaben im späteren Saisonverlauf zu empfehlen. "Auf die beiden Rennen für bisher sieglose Dreijährige freue ich mich ganz besonders", sagt Horst Lappe, Generalsekretär des Münchener Rennvereins (MRV). "Es ist spannend zu sehen, welche Pferde wir dann in höher dotierten Rennen wiedersehen." Der Aufgalopp auf der Rennbahn in Riem (Sonntag, 13 Uhr) ist aber auch ein erster Stimmungstest, was die Zuschauer und vor allem deren Zahl betrifft. Beim MRV haben sie sich nämlich das durchaus ehrgeizige Ziel gesetzt, baldmöglichst eine Saison ohne finanzielle Verluste zu beenden.

Rund 80 000 Menschen kamen im vergangenen Jahr, verteilt auf elf Renntage. Das ist, gemessen am allgemein maroden Zustand des Pferderennsports in Deutschland, durchaus ein Erfolg. Knapp 20 Prozent mehr Eintrittskarten hat der Rennverein im Vergleich zu 2013 verkauft. "In der neuen Saison möchten wir uns bei den Zuschauern noch einmal um zehn Prozent steigern", sagt Lappe. Klar: Mehr Zuschauer, mehr Wetter, mehr Umsatz, auch für die ansässige Gastronomie.

Natürlich weiß Lappe aber, dass ein paar galoppierende Pferde mit Männern in bunten Anzügen drauf beim Münchner Angebot an Freizeitmöglichkeiten keine Menschenmassen auf die Rennbahn ziehen. Daher basteln sie in Riem stets am Rahmenprogramm, am Mehrwert beim Besuch auf der Bahn. Eine Neuerung, die 2015 kommt: Freier Eintritt bis 11.30 Uhr, kombiniert mit einem bayerischen Frühschoppen. Weißbier, Weißwürste, dazu spielt eine Kapelle auf. Zudem möchte Lappe mit seinem Team die Aktivität des Rennvereins auf seinen Social-Media-Kanälen noch intensivieren, noch mehr Familien und junge Menschen ansprechen.

Dass der Rennverein überhaupt seine Zukunft gestalten darf, liegt weiterhin am zinslosen Darlehen der Vorstandsmitglieder, in geschätzter Höhe von einer Million Euro. Dieses Darlehen erlaubt es, auch ein sechsstelliges Minus wie am Ende der vergangenen Saison zu kompensieren. "Es ist klar: Ohne diese Unterstützung des Vorstands würde es uns nicht mehr geben", sagt Lappe. "Aber: Wir alle glauben an die Zukunft." Dass sie in Riem etwa die sportliche Qualität mit zwei Gruppe-I- und zwei Gruppe-III-Rennen in der Saison nicht nur halten, sondern perspektivisch auch noch verbessern können. Dass sie noch mehr Sponsoren gewinnen, einen großen Partner für jeden Renntag idealerweise. Und dass sie in naher Zukunft das Gelände der Trainingsbahn an die Stadt verkaufen können. "Je schneller desto besser", sagt Lappe. "Gerade laufen für das Grundstück unter anderem Gutachten für den Verkehr." Der Verkauf des Premium-Baulands an die Stadt würde dem Rennverein wohl Millionen in die Kasse spülen. "Geld, das wir gerade für die Ställe und die Unterkünfte dringend brauchen würden", sagt Lappe. Planen kann er mit diesen Einnahmen natürlich nicht. So gesehen bleibt dem Galoppverein unmittelbar vor dem Saisonbeginn die übliche Hoffnung: auf Sonnenschein. Passt das Wetter, kommen Tausende Menschen mehr an den Renntagen nach Riem, das war schon immer so. "Um die Tiere zu sehen, um zu wetten oder vielleicht auch nur, um die anderen Leute zu beobachten", sagt Lappe.

Weil es dem Rennverein an Geld für Werbung fehlt, ist er auf Mundpropaganda angewiesen. "Die Leute müssen am Montag in die Arbeit kommen und ihren Kollegen erzählen: Das war cool - da müsst ihr auch hin", das ist Lappes Traum. Der Aufgalopp an diesem Wochenende wird erste Erkenntnisse bringen, wie cool Galoppsport in München im Jahr 2015 wirklich ist.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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