Amateurfußball auf Sky:Alles echt

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"Spiel des Lebens": Wolff-Christoph Fuss (li.) moderiert vom Traktor, ein bisschen Klischee muss schon sein. (Foto: Wolfsbauer)

Keine Bierbauchromantik: Sky bietet dem Amateurfußball eine würdige Bühne

Von Alexander Augustin, Reichersbeuern

Hans Harrer wusste, dass gerade mehrere Kameras auf ihn gerichtet waren. Ihm war auch bewusst, dass in diesem Moment die ehemaligen Nationalspieler Christoph Metzelder und Dietmar Hamann sowie Sky-Moderator Sebastian Hellmann neben ihm saßen. Doch Harrer dachte nicht daran, sich angesichts dieser illustren Runde zu verstellen. Er legte unbeirrt in tiefster bayerischer Mundart los und wollte gar nicht mehr aufhören zu plaudern, sprach über seine Heimat Reichersbeuern und den örtlichen Sportverein, dem er über vier Jahrzehnte vorstand. Dass Moderator Hellmann die Hälfte seiner Ausführungen nicht verstand, interessierte das Reichersbeurer Urgestein nicht. Der Stolz platzte geradezu aus ihm heraus - und das hatte seinen Grund. Mit 70 Mitarbeitern und 19 Kameras war der Bezahlsender nach Reichersbeuern gekommen, um in der 2200-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Bad Tölz das "Spiel des Lebens" zu veranstalten.

Harrers Auftritt war der skurrile Höhepunkt einer Übertragung, bei der Sky das A-Klassen-Derby zwischen dem SC Reichersbeuern und dem SV Wackersberg im Stil der üblichen Bundesliga-Übertragungen inszenierte. Zur billigen Show verkam das Spiel aber nicht - auch weil der Sender Maß und Regel walten ließ. Zwar spielte Sky mit so manchem bayerischen Klischee, setzte Kommentator Wolff-Christoph Fuss auf einen alten, rostigen Traktor und stattete seine Moderatoren und Experten mit Lederhosen aus. In die Lächerlichkeit driftete die Veranstaltung aber nie ab.

Im Gegenteil: Der Bezahlsender ging das "Spiel des Lebens", zweifellos Teil einer Marketing-Strategie, mit gebotener Seriosität an. Das Interesse an den Menschen wirkte jedenfalls ehrlich. Reichersbeuerns Vorstand Sebastian Bartsch konnte diesen Eindruck nur bestätigen. Mit Kommentator Wolff-Christoph Fuss habe er bereits im Vorfeld des Spiels mehrere Male telefoniert. "Alle Beteiligten haben das hier sehr ernst genommen", fand er. Auch Fuss betonte, dass er sich auf das "Spiel des Lebens" nicht anders vorbereitet habe, als auf ein Champions-League-Finale: "Der Amateurfußball hat diese Aufmerksamkeit verdient, denn hier wird noch echter Fußball mit echtem Herzblut gespielt." In dasselbe Horn blies auch Rainer Koch, der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes, der sich das Spiel mit 1600 Zuschauern von einer zur Stehplatztribüne umfunktionierten Kuhweide ansah: "Das war Werbung für den Amateurfußball. Dass Sky für ein A-Klassen-Spiel einen derartigen Aufwand betreibt, zeigt deren Wertschätzung für den kleinen Fußball", lobte der Verbandspräsident. Ohne die seriöse Präsentation wäre eine derartige Veranstaltung wohl auch nicht zustande gekommen. Wie Koch berichtete, habe der Verband dem Sender zuvor die Bedingungen einer ernsthaften Berichterstattung über den Amateurfußball definiert: "Wir haben Sky schon klar gemacht, dass sie bei der Übertragung auf Bierbauchromantik verzichten sollten."

Die sportliche Geschichte des Spiels ist übrigens schnell erzählt: Nach zwei Aluminiumtreffern hätte der Gastgeber den Sieg verdient gehabt. Ob der fehlenden Kaltschnäuzigkeit stand am Ende aber ein 0:0 auf der Anzeigetafel. "Ein höchst ungewöhnliches Ergebnis für die A-Klasse", befand Kommentator Fuss nach dem Spiel. Das untypische Resultat passte damit bestens zum außergewöhnlichen Rahmen des Spiels.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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