Alpenvolleys Tirol-Haching:Hugo, der Haudrauf

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Der Brasilianer führt den neuen Spitzenreiter auch wegen seiner gewaltigen Aufschläge zum 3:0-Heimerfolg gegen Bühl.

Von Sebastian Winter, Innsbruck/Unterhaching

Hugo de Leon Guimarães da Silva fehlte etwas. Der 28-jährige Volleyball-Profi in Diensten der Hypo Tirol Alpenvolleys Haching sollte in der Innsbrucker Olympiaworld gerade eigentlich mit seiner MVP-Medaille für die Fotografen posieren, auch die Funktionäre und der beste Spieler der Bisons aus Bühl hatten sich aufgereiht. Doch da bekam der Brasilianer, den sie alle nur Hugo nennen, Sehnsucht nach seinem dreijährigen Sohn, den er auf dem Weg zum Fototermin noch seinem Landsmann, Mitspieler und Kurzzeit-Babysitter Pedro Frances übergeben hatte. Hugo rannte also aus dem Bild, kehrte Sekunden später zurück - und strahlte mit dem kleinen Samuel auf dem Arm.

Hugos gute Laune war nachvollziehbar: Die Alpenvolleys hatten ihr erstes Österreich-Heimspiel mit 3:0 (26:24, 25:18, 25:22) gegen die Bisons aus Baden gewonnen, mit einer guten, konzentrierten Leistung. Hugo war mit seinen 14 Punkten, der soliden Annahme und vor allem sechs Assen der wichtigste Akteur seiner Mannschaft, die nach dem vierten Spieltag zum ersten Mal überhaupt in ihrer freilich auch erst gut einjährigen Bundesliga-Geschichte Tabellenführer ist, einen Punkt vor Friedrichshafen. Und das nach der enttäuschenden 0:3-Niederlage vom Sonntag im Pokal-Achtelfinale in Düren, als auch Hugo überhaupt nicht ins Spiel fand und prompt einen Rüffel bekam. "Wir wissen, dass seine große Stärke im Service liegt, sein Aufschlag ist der Hammer. In Düren hat das eben gefehlt", sagt Alpenvolleys-Trainer Stefan Chrtiansky, der den Außenangreifer Hugo als "kompletten Spieler" beschreibt. Und als etwas zu ruhigen Zeitgenossen: "Vielleicht fehlt ihm noch, dass er stärker zeigt, der Chef auf dem Feld zu sein", sagt Chrtiansky, der Hugo schon vor drei Jahren verpflichten wollte.

Damals spielten die Alpenvolleys noch als Abonnementmeister Innsbruck in der wenig attraktiven ersten österreichischen Liga, der Deal klappte nicht, Hugo wechselte innerhalb der griechischen Profiliga von Lamia zu Panathinaikos Athen. Engagements bei Santa Croce in Italien und dem polnischen Klub Warta Zawercie folgten, bis sich Chrtiansky wieder bei Hugos Berater meldete - und alles passte. Dass in Frances, Kapitän Douglas Duarte Da Silva und Zuspieler Danilo Gelinski drei weitere Brasilianer bei den Alpenvolleys spielen, machte den Klub und die neue Stadt für Hugo und seine Familie nur noch attraktiver. Bis auf den Kapitän wohnen alle Brasilianer im Umkreis von einem Kilometer, sie haben es also nicht weit, um etwas zusammen zu unternehmen.

Hugo füllt mit dem gegen die durchaus abwehrstarken, anfangs bissigen Bühler ebenfalls starken zweiten Außenangreifer Pawel Halaba zurzeit auch die Punktesammler-Lücke der weiterhin nicht überzeugenden Diagonalspieler Kirill Klets und Thomas Hodges. Über kurz oder lang müssen aber auch sie zu ihrer Form finden, "denn unsere Gegner werden schnell merken, dass wir gerade nicht so viel über diagonal spielen", sagt Manager Hannes Kronthaler. Die Tabellenführung bezeichnet er als "schönen Nebeneffekt, den wir aber nicht überbewerten, die starken Mannschaften kommen ja alle noch".

Die Partie in Giesen am 17. November nach der nun folgenden zehntägigen Pause wird schwer genug, am 29. November ist in Unterhaching das erste Spiel auf internationalem Parkett im CEV-Pokal - voraussichtlich gegen Novi Sad. Am 2. Dezember kommt es zum Aufeinandertreffen mit Meister Berlin. Manager Kronthaler hofft dann auf wesentlich mehr Zuschauer in Innsbruck als die schlappen 700, die am Mittwoch in der Olympiaworld waren. Die Volleyball-Bundesliga sprach gar nur von 500 Fans. Trotz vieler Aktionen, die sich die Alpenvolleys hatten einfallen lassen. Kronthaler fand die Stimmung sehr gut, aber er hatte mit 1000 gerechnet und sagte enttäuscht: "Ich weiß nicht, was ich noch alles tun soll. Aber wir geben nicht auf." Das würde einem Tabellenführer auch nicht wirklich gut zu Gesicht stehen.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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