1860 München II:Gehemmte Helden

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Spielte vor dem 0:2 einen feinen Pass auf den Torschützen Kevin Nsimba: Timo Spennesberger. (Foto: Bernd Feil/imago images/MIS)

Die Elf des neuen Trainers Frank Schmöller rettet bei Türkspor Augsburg nach einer 3:0-Führung einen knappen 3:2-Sieg ins Ziel.

Von Gerhard Fischer, Augsburg/München

Kevin Nsimba drang in der 40. Minute mit der Entschlossenheit eines Kinohelden in den Augsburger Strafraum ein, er schüttelte seinen Gegenspieler ab, raste bis zur Torauslinie und legte zurück auf den Kameraden Antonio Trograncic. Trograncic schoss, Tormann Thomas Reichlmayr wehrte mit dem Fuß ab, Trograncic schoss noch einmal, diesmal flach ins Tor hinein. 1860 München II führte 3:0 beim SV Türkspor Augsburg, eine souveräne Leistung hatte sich auch numerisch niedergeschlagen. 1860-Trainer Frank Schmöller sagte über die Darbietung seiner Spieler bis zur 44. Minute: "Das war sehr gut. Wir haben kompakt gestanden und gut umgeschaltet." Er habe sehr schöne Konter gesehen.

Was passierte dann in der 44. Minute? Türkspor verkürzte auf 1:3, was die sogenannte Statik des Spiels komplett veränderte. Nach der Pause dominierte Augsburg, und München zitterte sich zu einem 3:2-Erfolg. "Wir haben in der zweiten Halbzeit nur versucht, den Vorsprung zu halten", sagte Schmöller, "wir waren viel zu passiv." Er sagte auch noch, seine Spieler seien "nicht mehr mutig" gewesen. Vielleicht waren sie verunsichert und nicht abgezockt genug, was verständlich wäre angesichts eines Altersdurchschnitts von 19,6 Jahren. Da half es auch nicht, dass es die erfahrenen Trainer Schmöller, 52, und Xhevat Muriqi (Schmöllers Co), 45, auf einen Schnitt von 48,5 Jahren bringen. Auf der Bank der Gastgeber saß übrigens Trainer Manfred Bender, Ex-Profi, 53 Jahre alt.

1860 schaltete nicht mehr von defensiv auf offensiv um, eher von souverän auf nachlässig

Als die Bayernliga-Spieler des TSV 1860 II am Samstagnachmittag das Spielfeld betraten, erinnerten sie an ihre Drittliga-Brüder. Sie trugen das gleiche Trikot wie die Fußballer des TSV 1860 I, jenes mit dem vertikalen blauen Balken auf dem weißen Shirt. Daniel Bierofkas Löwen legten gegen Preußen Münster eine katastrophale erste Halbzeit hin, Schmöllers Löwen führten schon nach 14 Minuten mit 1:0. Die Augsburger Abwehr brachte den Ball nicht weg, Kazuki Date zog von links nach innen, lief parallel zur Strafraumlinie und zog mit dem rechten Fuß aus 17 Metern ab. Der Ball war nicht scharf geschossen, doch Keeper Reichlmayr, Zugang vom FC Pipinsried, ließ den Flachschuss passieren. Acht Minuten später passte Timo Spennesberger aus dem Mittelkreis auf den lossprintenden Kevin Nsimba, die Augsburger reklamierten Abseits, die Schiedsrichter blieben passiv, Nsimba tauchte alleine vor Reichlmayr auf und schoss mit links ins rechte Eck. Und dann bereitete er auch noch das 3:0 vor (siehe oben).

Danach schaltete Sechzig nicht mehr von defensiv auf offensiv um (Schmöller lobte ja die Konter), sondern von souverän auf nachlässig. Eine Minute vor der Pause flog eine Rechtsflanke in den Strafraum, keiner kümmerte sich um Dusan Jevtic, der erst köpfelte und an Keeper Tom Kretzschmar scheiterte; der anschließend schoss und ins Tor traf. Das war ungünstig für die Löwen, so kurz vor der Pause. "Wären wir mit einem 3:0 in die Halbzeit gegangen, wären die Augsburger bei diesen hohen Temperaturen wohl nicht mehr zurück gekommen", meinte Schmöller.

1860 spielte nach der Pause wie ausgewechselt, aus Entschlossenheit wurde Hemmung. Türkspor hatte Chancen, aber selten dicke, Türkspor war überlegen, manchmal so gravierend, dass Torwart Reichlmayr 30 Meter vor seinem Tor stand und dirigierte; das hatte er auch schon in Pipinsried gemacht. Es dauerte bis zur 85. Minute, ehe die Gastgeber verkürzen konnten. Nach einer Ecke köpfelte Connor Guilherme den Ball ins Löwen-Tor. Kretzschmar musste noch einen letzten Freistoß abfangen, dann war Schluss. Die Sechzger jubelten nicht, es sah eher nach Erleichterung aus.

© SZ vom 22.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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