Sozialreferent:Schwere Vorwürfe gegen Graffe

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"Nicht nur schlampig, sondern rechtswidrig": Sozialreferent Graffe hat eine für die Stadt hochriskante Erbschaft angenommen, Ude ist empört.

Jan Bielicki

Sozialreferent Friedrich Graffe (SPD) steht wegen der Annahme einer für die Stadt hochriskanten Erbschaft weiter unter Druck. Das Sozialreferat habe "nicht nur schlampig, sondern rechtswidrig gehandelt", als es im Februar 2008 das Erbe eine Münchnerin annahm, ohne es ausreichend geprüft und den Stadtrat informiert zu haben, erklärte OB Christian Ude (SPD) vor den Räten.

Unter Druck: Sozialreferenz Friedrich Graffe. (Foto: Foto: Haas)

Zuvor hatte das Revisionsamt in einem Bericht Graffes Referat schwerste Versäumnisse in der Behandlung der Erbschaft vorgeworfen, welche die Stadt schlimmstenfalls 16 Millionen Euro kosten könnten.

Die Stiftungsverwaltung hatte das Erbe der 2007 gestorbenen Münchnerin angenommen, ohne die sechswöchige Prüfungsfrist überhaupt auszuschöpfen. Dabei gehörte zum Erbe die Teilhabe an einer Immobilien OHG in Brandenburg, die unter skandalösen Umständen Pleite gegangen war.

Die Beteiligung an einer solchen OHG ist der Stadt jedoch wegen des unkalkulierbaren Haftungsrisikos untersagt. Nun befürchtet man bei der Stadt, für die 16 Millionen Euro als haftender Teilhaber voll aufkommen zu müssen. Vor Gericht versucht die Stadt deshalb, das Erbe doch noch im Nachhinein auszuschlagen.

Das geschah jedoch erst, nachdem die CSU-Stadträtinnen Evelyne Menges und Mechthild Wittmann als erste die "unvertretbar großen Risiken" (Ude) der Erbschaft erkannt hatten, als sich der Stadtrat im Dezember erstmals mit dem Fall befasste - viel zu spät. Denn laut Geschäftsordnung hätte das Sozialreferat die Stadträte mit derart hohen Erbschaften befassen müssen, was es jedoch wie in weiteren sechs Fällen nicht tat.

Nun entsteht der Stadt womöglich ein Schaden, dessen Höhe "dem Bau von fünf Kitas entspricht", kritisierte Menges das "Organisationsverschulden des Referenten". Sie forderte, dass sich künftig die Kämmerei um die der Stadt zufallenden Erbschaften kümmern sollte.

Ude bedankte sich ausdrücklich bei den CSU-Frauen Menges und Wittmann. Er verteidigte seinen Sozialreferenten aber gegen Rücktrittsforderungen, die der FDP-Fraktionschef Michael Mattar gestellt hatte: "Herr Graffe, Sie müssen gehen!"

Graffe habe den Stadtrat nie über das Ausmaß des möglichen Schadens täuschen wollen, stellte sich Ude mit einer wenig schmeichelhaften Begründung hinter den Angegriffenen: "Täuschen kann nur einer, der sich selber auskennt." Er könne sich nur "hierfür entschuldigen", räumte Graffe ein: "Ich verstehe und akzeptiere die Kritik."

© SZ vom 22.05.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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