Sozialreferat:Mit Ach und Krach

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Das Flüchtlingsthema rettet Brigitte Meier den Job

Von Andreas Glas, München

Noch im Herbst stand Brigitte Meier (SPD) unter Dauerbeschuss. CSU-Fraktionschef Hans Podiuk warf der Sozialreferentin vor, sie sei überfordert mit dem Flüchtlingsmanagement, aus ihrer eigenen Partei gab es die Kritik, sie schaue tatenlos zu, während in einem Haus in Kirchtrudering 60 Menschen zwischen Müll, Dreck und Schimmel hausen müssen. Innere Mission und Caritas hielten Meier sowieso für kaltherzig, seit sie sich kurz vor Weihnachten 2013 geweigert hatte, Decken an Obdachlose auszugeben. Vor allem die Kritik der Wohlfahrtsverbände, gibt Meier zu, "hat mich schon getroffen".

Jetzt, ein halbes Jahr später, steht fest: Brigitte Meier darf weitermachen. Gerade noch mal gut gegangen, heißt es aus der SPD-Fraktion, offenbar stand Meier ziemlich auf der Kippe. Laut sagen will das aber keiner aus der Partei, stattdessen lobt SPD-Chefin Claudia Tausend lieber "Durchsetzungsvermögen, Kreativität und politisches Gespür" der Sozialreferentin - und damit all das, was die Kritiker ihr vor Kurzem noch abgesprochen hatten. Dass Meier sich mit Ach und Krach im Amt halten konnte, dürfte vor allem zwei Gründe haben: ihre tiefen Parteiwurzeln und die angespannte Flüchtlingssituation.

Trotz aller Vorbehalte war es der SPD-Spitze wohl zu riskant, Meier gerade in der jetzigen Situation abzusägen. Bis zu 12 000 Flüchtlinge erwartet die Stadt bis Ende des Jahres, für 2000 von ihnen müssen noch Unterkünfte gefunden werden - und ein Ende der Zuwanderung ist nicht abzusehen. SPD-Chefin Tausend spricht deshalb von "immensen Herausforderungen". Es wäre fatal gewesen, der Referentin in einer so angespannten Situation die Qualifikation für ihr Amt abzusprechen und gleichzeitig zu rechtfertigen, dass Meier eben dieses Amt bis Mitte 2016 weiter ausübt. Ein Nachfolger hätte sich erst mal in ein Thema einarbeiten müssen, das so dringend ist, dass fürs Einarbeiten eigentlich gar keine Zeit ist.

Nicht zuletzt aber hat Brigitte Meier ihre Verwurzelung in der SPD gerettet. Bevor sie Referentin wurde, war sie 14 Jahre Stadträtin, war sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und hat sich in dieser Zeit einen Kredit erarbeitet, von dem sie nun profitiert. Hätte sie diese Wurzeln nicht, ihre Parteigenossen hätten sich viel leichter getan, sie fallen zu lassen. Meier will ihrer Partei das Vertrauen danken und verspricht im Namen ihres Referats, "an unseren Schwächen zu arbeiten".

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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