Sozialpreis des SZ-Adventskalenders:Digital und grenzenlos

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Giulio Salvati und Viktor Schenkel werden für ihre sozial inspirierten Kulturprojekte ausgezeichnet.

Es ist schöne Tradition des Tassilo-Preises, dass auch Kulturschaffende ausgezeichnet werden, deren Arbeit von einer besonderen sozialen Komponente geprägt ist. Gestiftet wird der Preis vom Adventskalender, dem Hilfswerk der Leserinnen und Leser der Süddeutschen Zeitung. Weil die Jury in diesem Jahr von zwei Menschen und deren sozialen Engagement besonders gefangen waren, wurde der Preis geteilt. SZ-Adventskalender-Geschäftsführerin Anita Niedermeier überreichte die Auszeichnung gemeinsam mit Patin Sophie Pacini an den Historiker Giulio Salvati aus Erding und Theatermacher Viktor Schenkel aus München.

Mehr als 8000 Menschen schufteten während der Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis Erding als Zwangsarbeiter. Kein Thema, das heute noch viele Menschen interessiert. Doch der 32-jährige Erdinger Historiker Giulio Salvati, der gerade an der New York University promoviert, hat dazu umfassend geforscht. Er schuf eine öffentlich zugängliche Datenbank über diese Zwangsarbeiter, hat ihnen ein digitales Denkmal gesetzt. Das ist ein bayernweit einmaliges Projekt.

Giulio Salvati, der eine Datenbank für NS-Zwangsarbeiter schuf, und Patin Sophie Pacini. (Foto: Stephan Rumpf)

Die digitalen Möglichkeiten nutzt Salvati, um andere an seiner Forschung teilhaben zu lassen. Diese partizipative Methode, mit interessierten Laien im Team zu arbeiten, hält die Jury für einen wegweisenden Ansatz, der unbedingt mit dem Tassilo-Kultur-Sozialpreis gewürdigt werden muss.

Der zweite Sozialpreisträger ist Viktor Schenkel aus München. "Irgendwann hält Viktor Schenkel die Bilder von gekenterten, im Meer treibenden Schlauchbooten nicht mehr aus. Die von Schmerz gezeichneten Gesichter der Menschen, die ihre Heimat und ihre Familien verlassen mussten", heißt es in der Laudatio zu seinem Schaffen.

Der Schauspieler, Regisseur, Grafiker und Clown gründet in Freimann das "Theater Grenzenlos". Spricht junge Geflüchtete im Viertel an, holt sie in die Mohr-Villa. Er redet mit ihnen - wegen der Sprachbarriere oft pantomimisch. So lange, bis das Vertrauen wächst und die jungen Geflüchteten unter seiner Regie zu spielen beginnen. Mittlerweile sind die Stücke, die Schenkel schreibt, über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, das Theater Grenzenlos ist eine Institution. "Für seine geduldige, stets dem Menschen zugewandte Arbeit und die Fähigkeit, das Theater in einen kreativen, lebendigen Schutzraum zu verwandeln, gebührt Viktor Schenkel ganz unbedingt ein Tassilo-Kultursozialpreis", darin ist sich die Jury einig.

Viktor Schenkel, der in seinem Jugend-Theater Grenzenlos mit jungen Geflüchteten arbeitet. (Foto: Stephan Rumpf)

Am 21. Juli feiert das aktuelle Stück des Theaters Grenzenlos Premiere: Bayrisch Bhaklava heißt es - und stellte Schenkel wie immer vor allerlei menschliche Herausforderungen, wie etwa Hauptdarsteller, die kurz vor der Aufführung kneifen und ähnliches. Aber Regisseur im Jugendtheaterbereich sei nun einmal ein Abenteuer des 21. Jahrhunderts.

© SZ vom 03.07.2021 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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