Sonderisolierstation am Klinikum Schwabing:Ebola-Patient aus Plastik

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Bisher nur ein Patient aus Plastik: die Isolierstation im Klinikum Schwabing (Foto: Stephan Rumpf)

Schutzanzüge, Funkgeräte und "Proflow": Mit moderner Technik ist die Isolierstation im Klinikum Schwabing für mögliche Ebola-Patienten gerüstet. Man hat sich einiges einfallen lassen, damit kein Keim die Station verlassen kann.

Von Karoline Meta Beisel

Infektionskrankheiten und die Formel 1: Zwei Dinge, bei denen man eher keinen Zusammenhang vermuten würde. Dass es doch einen gibt, liegt an der Bayerischen Staatsregierung. Wenn Ärzte und Pfleger auf der Sonderisolierstation am Klinikum Schwabing im Einsatz sind, können sie sich nur über Funkgeräte verständigen. Ihre riesigen gelben Ganzkörper-Schutzanzüge sind so dicht, dass sie auch den Schall verschlucken. Ohne Technik könnten die Mediziner nicht miteinander reden. Die Staatsregierung sorgte sich, dass Journalisten oder andere diese Gespräche mithören und so vertrauliche Informationen über den Patienten herausfinden könnten. Ihr Wunsch: Der Funkverkehr soll abhörsicher sein. Darum nutzen Chefarzt Clemens Wendtner und sein Team die gleiche Technik, die auch bei der Formel 1 zum Einsatz kommt. Sicher ist sicher.

Überhaupt könnte das das Motto für die Intensivstation 10d des Klinikums Schwabing sein, wie die Sonderisolierstation im Klinikjargon heißt. Denn zum einen wird die Station ständig vorgehalten, obwohl in den vergangenen zehn Jahren erst ein einziges Mal ein Patient mit der hochansteckenden Krankheit SARS hier behandelt wurde. Alle anderen Verdachtsfälle, die vorsorglich hierher gebracht wurden, konnten im Labor ausgeräumt werden. Zum anderen hat man sich in Schwabing tatsächlich einiges einfallen lassen, damit kein Keim die Station verlassen kann.

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Wie eine Apartmentanlage aus den Siebzigern

Das kann man sogar von außen sehen. Die Sonderisolierstation ist im Haus 10, ganz am Rand des Klinikgeländes untergebracht. Auch auf anderen Stationen im Haus werden ansteckende Krankheiten behandelt. Aktuell zum Beispiel Tuberkulose- oder Masernpatienten aus der Bayernkaserne. Von außen sieht das Haus aber eher aus wie eine Apartmentanlage aus den Siebzigern: Durchlaufende Balkone auf allen Etagen, daran Blumenkästen, aus denen Geranien quellen. Die Blumen hängen einfach bloß da, weil's hübsch ausschaut. Aber die langen Balkone haben einen Zweck: So ist jedes Patientenzimmer von außen zugänglich. Wer ansteckend ist, soll nicht auch noch auf andere treffen.

Auf der Sonderisolierstation sind die Vorsichtsmaßnahmen natürlich noch schärfer. An der Wand des Umkleidezimmers hängt die "Anleitung zum Anziehen" für die Schutzkleidung. 22 Schritte müssen befolgt werden, von "Schutzanzug auf Defekte kontrollieren" über "2 Gebläsefilter an Proflow anbringen" bis zu "Ärmelbündchen des Schutzanzugs oberhalb des Handgelenks mit Chemtape an den Handschuhen verkleben". Proflow heißt das Gerät, mit dem man in dem Anzug atmen kann. Das Geräusch des Motors, der Luft in den Anzug bläst, erinnert entfernt an einen Staubsauger.

Klinikleiter Götz Brodermann steigt für die Journalisten in den Anzug, freiwillig. "Ich wollte den immer schon mal anprobieren." Und, wie ist er so? "Erstaunlich laut und warm. Außerdem kann man durch die doppelten Handschuhe nicht mehr richtig fühlen, was man anfasst. Und man kann wegen des Helms nicht runter zu den eigenen Füßen sehen."

Unter der "Deko-Dusche" (Foto: Stephan Rumpf)

Zwölf Minuten unter die "Deko-Dusche"

Wer einen Patienten behandelt hat, muss danach zwölf Minuten unter die "Deko-Dusche", die Dekontaminierungsdusche. Alles Material, das gebraucht wurde, kommt später in die Müllverbrennungsanlage. Das Zimmer, in dem zwei oder drei Patienten behandelt werden können, kann mit Formaldehyd begast und so desinfiziert werden. Und ein schlaues System aus Unter- und Überdruck sorgt dafür, dass verseuchte Luft nie aus dem Isolierbereich hinaus- oder in einen defekten Schutzanzug hineinströmen kann.

Demgegenüber ist dann aber doch erstaunlich, was passieren würde, wenn ein Patient mit Ebola-Verdacht tatsächlich nach München gebracht würde: Ein paar Tropfen seines Blutes würden mit Polizeischutz nämlich gleich wieder weggefahren, und zwar ins Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr nach Milbertshofen. Dort wird mit dem Virus geforscht. So könnte man schnell feststellen, ob sich der Patient wirklich angesteckt hat.

Sehr wahrscheinlich ist so eine Fahrt allerdings nicht, jedenfalls was Ebola angeht. Alle Fälle, die bis jetzt in die USA oder nach Europa geflogen wurden, waren schon in Afrika bestätigt worden. Es ist allein schon wegen des großen Aufwands, den der Transport bedeutet, unwahrscheinlich, dass ein bloßer Ebola-Verdachtsfall nach München gebracht würde. In Schwabing halten es die Mediziner überhaupt für unwahrscheinlich, dass Ebola-Fälle in Deutschland auftreten. "Wenn jemand mit solchen Symptomen untersucht wird, dann ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass er Malaria hat", sagt Chefarzt Wendtner.

© SZ vom 29.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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